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S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 1 / 2 0 1 7

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Wo wir gerade bei diesem Thema

sind: War es besonders großzügig

von Schiedsrichter Felix Zwayer, als

er im Spiel

Hamburger SV gegen

Bayern München (5. Spieltag)

Franck Ribéry „Gelb“ zeigte und

nicht „Rot“?

Das war passiert: Nach einer Frei-

stoß-Entscheidung für die Münch-

ner und noch vor der Spielfort-

setzung ging der Bayern-Stürmer

an seinem Kontrahenten Nicolai

Müller vorbei und kniff ihn kurz in

die Wange (

Foto 2a

). Der Schieds-

richter schaute genau auf die

Szene (

Foto 2b

) und beließ es bei

der Gelben Karte. Das sorgte bei

den Hamburgern, aber auch bei

vielen anderen Fußball-Interessier-

ten für Empörung. Sie wollten, dass

der Franzose für diese Tat vom

Platz gestellt werden sollte.

Aber auch wenn Ribéry in den

Wochen davor wieder einmal in

seinen Spielen disziplinarisch

auffällig geworden war, gilt für

ihn, was für jeden Fußballer in

jeder Spielklasse gilt: Mit dem

Beginn einer Begegnung steht sein

Sünden-Konto auf Null. Innerhalb

ein und desselben Spiels können

Sanktionen (Ermahnung, Verwar-

nung, Feldverweis) aufeinander

aufbauen, spiel-übergreifend darf

das auf keinen Fall sein.

Bei der geschilderten Szene han-

delte es sich um eine Unsportlich-

keit Ribérys, die Felix Zwayer mit

„Gelb“ ausreichend bestraft hat.

***

Nicht mehr als Unsportlichkeit

einzustufen ist das Verhalten des

Hamburgers Bobby Wood, der im

Spiel

1. FC Köln gegen den HSV

(9. Spieltag)

zu Recht die Rote

Karte sah. Am Teilkreis vor dem

Kölner Strafraum kommt es zu

einem kurzen Gerangel zwischen

Dominique Heintz und Wood. In

dessen Verlauf stößt der HSV-Stür-

mer seinem Gegner seinen linken

Ellenbogen in die Magengegend

(

Foto 3a

). Daraufhin geht der

Kölner Verteidiger zu Boden. Die

Szene ereignet sich fernab vom

Spielgeschehen.

Aber Assistent Christian Leicher

hat eine Eskalation dieses Duells

vorausgeahnt, das Geschehen im

Auge behalten und Schiedsrichter

Benjamin Brand über das Head-

set zu einer Spielunterbrechung

veranlasst. Damit die schwerwie-

gendste Sanktion, die es während

eines Spiels geben kann, auf ganz

sicheren Füßen steht, sprechen die

beiden Unparteiischen auch noch

kurz direkt miteinander (

Foto 3b

).

Wenn der Schiedsrichter das Spiel

wegen des Vorfalls unterbrochen

hat, muss es mit einem direkten

Freistoß am „Tatort“ fortgesetzt

werden. Auf den headset-freien

Ebenen des Liga-Fußballs müsste

der Assistent sich sofort per

Funkfahne oder mit einem klaren

Fahnenzeichen melden, das gege-

benenfalls vom Assistenten auf der

anderen Spielfeldseite übernom-

men wird.

***

Natürlich kann man nicht in den

Kopf eines Spielers schauen, was

allein schon die Feststellung, ob

ein Handspiel absichtlich geschieht

oder nicht, besonders schwierig

macht. Das Regelwerk gibt deshalb

Beurteilungskriterien vor: Bewegt

sich die Hand zum Ball? Aus

welcher Entfernung fliegt der Ball

gegen die Hand? Wo befindet sich

die Hand im Treffmoment? Wobei

mit dem Begriff „Hand“ immer

auch der ganze Arm gemeint ist.

Das ist die Theorie, aus der der

Schiedsrichter sein praktisches

Handeln – wohlgemerkt immer im

Sekundentempo – ableiten muss.

Wie schwierig das oft sein kann,

zeigt eine Situation aus der Begeg-

nung

TSG 1899 Hoffenheim gegen

Schalke 04 (5. Spieltag)

.

Nach einem Schalker Eckstoß durch

Max Meyer spielt Kerem Demirbay

den Ball im eigenen Strafraum

eindeutig mit dem Arm – aber

auch absichtlich? Die Analyse

der TV-Bilder lässt da durchaus

unterschiedliche Sichtweisen zu.

Demirbay hält den Arm nah am

Körper und versucht offensicht-

lich auch, ihn im letzten Moment

wegzuziehen (

Foto 4a

).

Im Vorbeigehen kneift Franck Ribéry dem Hamburger Nicolai

Müller in die Wange.

Schiedsrichter Felix Zwayer kann aus seiner Position die

Situation sehr gut bewerten.

Weitab vom Spielgeschehen, aber vom Assistenten beob-

achtet: Bobby Wood schlägt seinem Gegenspieler den linken

Ellenbogen in den Magen.

Foto 2a

Foto 2b

Foto 3a

Im direkten Gespräch: Benjamin Brand und sein Assistent

Christian Leicher stimmen sich über das Geschehen und die

Folgen ab.

Foto 3b