

S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 1 / 2 0 1 7
10
Panorama
Gleiche Chancen auch
für Flüchtlinge
Dass auch Flüchtlinge die gleiche
Chance auf Einsätze in höheren
Spielklassen haben wie alle ande-
ren Schiedsrichter in Deutschland,
betonte DFB-Schiedsrichter-Chef
Lutz Michael Fröhlich zuletzt
anlässlich einer Anfrage des
Sport-Informations-Dienstes (SID).
„Im gesamten Fußball, also auch
im Schiedsrichterwesen, ist es
wichtig, viele Flüchtlinge mög-
lichst unbürokratisch und schnell
zu integrieren", sagte Lutz Michael
Fröhlich: „Ist dies gelungen, gelten
für diese Unparteiischen aber
die gleichen Regeln wie für ihre
Kollegen.“ Zum Saisonende erfolge
eine Bewertung. Die besten, talen-
tiertesten und aussichtsreichsten
Kandidaten rückten in die nächste
Leistungsstufe auf.
Hintergrund der Presse-Anfrage
war der Fall des syrischen
Flüchtlings Ammar Sahar, der
in seinem Heimatland in der
ersten Liga Spiele leitete, bevor
er im vergangenen Jahr aus dem
Krisengebiet nach Berlin flüchtete.
Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung
hatte in der Ausgabe Nr. 6/2016
über Ammar Sahars Geschichte
berichtet.
„Profi-Schiedsrichter“
schauen anders
Dass Schiedsrichter eine an-
spruchsvolle Aufgabe haben, ist
nichts Neues: sehen, bewerten,
entscheiden – und das in Sekun-
denbruchteilen. Forscher der bel-
gischen Universität Leuven haben
in einer Studie nun untersucht,
welche Eigenschaften einen guten
Unparteiischen auszeichnen – und
dabei zwischen Amateur- und
Profibereich verglichen. Laut der
Studie sind Elite-Schiedsrichter
dazu in der Lage, den Ort eines
Fouls in einem gewissen Maße
vorherzusagen. Amateur-Schieds-
richter ließen sich dagegen
leichter von anderen Dingen auf
dem Platz ablenken.
Der Studie zufolge fokussieren
Elite-Schiedsrichter bei ihrer
Wahrnehmung den Blick eher
auf die Zonen der Spieler, in
denen es tatsächlich zu einem
Körperkontakt kommt. Zudem
profitieren sie bei der Einord-
nung des Gesehenen von einem
größeren Erfahrungsschatz, auf
den sie zurückgreifen könnten,
schreibt das Team um Autor
Werner Helsen im Fachmagazin
„Cognitive Research“.
„Über die Jahre hinweg entwi-
ckeln die Schiedsrichter so viel
Erfahrung, dass sie gewisse
Handlungen bereits im Voraus
erahnen können. Sie richten
ihre Aufmerksamkeit dann auf
diesen Teil des Spiels und blen-
den andere unwichtige Dinge
Mexiko: Schiedsrichter
stirbt nach Kopfstoß
Tragischer Fall in Mexiko: Bei einem
Amateur-Spiel attackierte ein Spie-
ler den Schiedsrichter – mit tödli-
chem Ausgang. Nachdem der Unpar-
teiische einem Spieler die Rote Karte
gezeigt hatte, eskalierte die Situation.
Laut mexikanischer Medien soll der
Spieler den Schiedsrichter nach dem
Foul beleidigt und sich geweigert
haben, den Platz zu verlassen. Der
Spieler streckte anschließend den
Unparteiischen mit einem Kopfstoß
nieder, und der Schiedsrichter blieb
regungslos am Boden liegen. Die
herbeigerufenen Rettungssanitäter
konnten nur noch seinen Tod fest-
stellen. Der Spieler flüchtete.
HOPE-Award für
Urs Meier
Der 8. HOPE-Award ging Mitte
November im Rahmen der
11. HOPE-Gala in Dresden
an den ehemaligen FIFA-
Schiedsrichter Urs Meier,
der sich als Botschafter der
Kindernothilfe auf vielfältige
Weise gegen Kinderarmut und
Gewalt sowie Probleme wie
Aids einsetzt.
Der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Urs Meier wurde für sein Engagement als Botschafter für die
Kindernothilfe ausgezeichnet.
aus“, erklärte Helsen den Unter-
schied. An der Studie nahmen
insgesamt 39 Schiedsrichter
teil: 20 von ihnen waren im
Profi-Bereich tätig, die anderen
19 ausschließlich in den Ama-
teur-Spielklassen.
Bei den Tests anhand von Video-
szenen erfassten die Forscher
mittels eines Eye-Trackers,
welche Teile der Szenen die
Teilnehmer fokussierten.
„Die Aufmerksamkeit zur richti-
gen Zeit auf die wichtigen Infor-
mationen zu richten und diese
Informationen mit dem eigenen
Wissen abzugleichen, ist eine
Schlüsselfähigkeit von Schieds-
richtern“, schreiben die Forscher.
Meier besuchte in der Vergan-
genheit entsprechende Projekte
in Südafrika. Der 57-Jährige pfiff
ehrenamtlich zahlreiche Bene-
fiz-Fußballspiele, organisierte
selbst Turniere und sammelte
mit Kindern und Jugendlichen in
Deutschland Geld für das Pro-
jekt „Action!Kidz – Kinder gegen
Kinderarbeit“.
In seiner Laudatio würdigte Johan-
nes B. Kerner den ehemaligen Re-
feree als einen Menschen, dessen
Leben vom Streben nach Gerech-
tigkeit und Respekt gleichermaßen
bestimmt werde.
Urs Meier erklärte in seiner
Dankesrede, dass er den Preis
stellvertretend für alle Menschen
entgegennähme, die mit Leiden-
schaft für eine gute Sache kämpf-
ten, den Blick über den Tellerrand
wagten und die nach den Regeln
des Fair Play agierten. Der Preis sei
für ihn Auszeichnung und Ansporn
zugleich.