

verband und jeder Fußballkreis
oder –bezirk aufgefordert, Vollgas
zu geben.
Ein wichtiges Anliegen von Ihnen ist
auch, das Image der Schiedsrichter
in der Öffentlichkeit zu verbessern.
Wie kann das gelingen?
Zimmermann
: Das fängt schon
damit an, sich positiver darzu-
stellen. Der Schiedsrichter sollte
sich nicht nur als derjenige
definieren, der Spieler mit Gelben
und Roten Karten sanktioniert
und sich so auf Plakaten präsen-
tiert. Der Zahnarzt wirbt ja auch
nicht damit, welche dicken
Löcher er in die Zähne seiner
Patienten bohrt. Auf der Zahn-
arzt-Werbung finden Sie immer
den lächelnden Zahnarzt, die
lächelnde Arzthelferin oder den
strahlenden Patienten. Bilder mit
ausgestrecktem Arm, an dessen
Ende eine Rote Karte in den
blauen Himmel gestreckt wird,
halte ich deshalb für absolut
kontra-produktiv.
Zimmermann
: Auch wenn manch-
mal über schlimme Vorfälle von
Gewalt bei einzelnen Spielen
berichtet wird, ist das Bild falsch,
das hier medial gespiegelt wird.
Seit mehreren Jahren untersuchen
die Landesverbände und auch
der DFB das Geschehen im Ama-
teur-Bereich.
Natürlich ist jeder einzelne
Zwischenfall dort einer zu viel –
aber dennoch ist die Gesamt-
situation keinesfalls alarmierend.
Der Amateur-Fußball ist ein
Massen-Event mit 80.000 Spielen
am Wochenende. Die Wahrschein-
lichkeit, dass bei einer Begegnung
irgendwo in Deutschland irgend-
was passiert, ist genauso groß
wie die Wahrscheinlichkeit, dass
es rund um ein Stadt- oder Volks-
fest zu einer Auseinandersetzung
zwischen einzelnen Personen
kommt.
Und auch wenn man oft und
zu Recht mangelnden Respekt
gegenüber Schiedsrichtern be-
klagt, findet sich dieses Phänomen
genauso in anderen Bereichen:
Polizisten klagen über fehlenden
Respekt, Mitarbeiter in Sozial-
ämtern werden beleidigt, vor
Gericht werden sogar Richter
angepöbelt. Der Fußball ist
nicht die heile Welt, sondern
spiegelt alle Facetten unserer
Gesellschaft wider. An Einzel-
fällen, die deshalb immer
wieder vorkommen, arbeiten
wir. In der Summe brauchen wir
uns aber nicht zu verstecken.
Wo sehen Sie aktuell Handlungs-
felder im Amateur-Bereich der
Schiedsrichter?
Zimmermann
: Wir werden
überlegen müssen, wie wir
mit gesellschaftlichen Verän-
derungen umgehen. Die meisten
Neu-Einsteiger sind im Alter
zwischen 14 und 17 Jahren.
Deshalb müssen wir schauen,
wie diese Altersschicht tickt.
Die wenigsten von ihnen lesen
noch Zeitung, sie orientieren sich
online über soziale Netzwerke.
Aus diesem Grund müssen wir
die jungen Leute online abholen.
S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 1 / 2 0 1 7
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Auch in der Unterrichts-Methodik
müssen wir ein Stück weit weg
vom klassischen Frontalunterricht,
denn diesen gibt es in den Schulen
heute kaum noch.
Wie bewerten Sie die Situation bei
den Schiedsrichterinnen?
Zimmermann
: Dort ist sicherlich
noch einiges möglich. Erst vor
kurzem habe ich die magere
Zahl von drei Prozent weiblicher
Unparteiischer gelesen. In einer
Gesellschaft, die zu etwas mehr
als der Hälfte aus Frauen besteht,
ist das ein Armutszeugnis, da
muss man nicht lange rumreden.
Deshalb müssen wir dringend
daran arbeiten, den weiblichen
Anteil unter den Schiedsrichtern
zu erhöhen. In den vergangenen
Jahren haben wir den Frauen-
und Mädchen-Fußball gewaltig
angeschoben, jetzt brauchen
wir auch bei den Schiedsrichte-
rinnen einen vergleichbaren
Schub. Hier sind jeder Landes-
So gibt es auch im Schiedsrich-
terwesen viele Möglichkeiten,
den Schiedsrichter positiv
darzustellen, zum Beispiel, wie
er dem am Boden liegenden
Spieler wieder auf die Beine hilft
und ihm die Hand reicht. Die
Unparteiischen müssen sich viel
mehr als integralen und sympathi-
schen Teil des Spiels präsentieren.
Das wird ihrer tatsächlichen Rolle
auch deutlich mehr gerecht.
Abschließende Frage: Warum sehen
Sie das Schiedsrichterwesen in
Deutschland auch für die Zukunft
gut aufgestellt?
Zimmermann
: Zunächst einmal,
weil die Ausgangslage heraus-
ragend ist und weltweit ihres-
gleichen sucht. Zum anderen, weil
wir erkannt haben, dass wir diese
Stellung nur halten können, wenn
wir intensiv arbeiten und uns
weiterentwickeln. Dazu sehe ich
überall eine hohe Bereitschaft, sei
es in den Kommissionen oder bei
den aktiven Schiedsrichtern.
Ronny Zimmermann
Der 55-Jährige ist seit Oktober
2013 Mitglied des DFB-Präsidi-
ums und dort als Vizepräsident
verantwortlich für die Bereiche
Schiedsrichter und Qualifizie-
rung. Bereits seit 2011 hat er
ebenso das Amt des Vizeprä-
sidenten im Süddeutschen
Fußball-Verband (SFV) inne und
ist seit 2004 Präsident des Badi-
schen Fußballverbandes (bfv).
Dort engagierte er sich in der
Vergangenheit vor allem für
Fußballspiele ohne Gewalt.
Mit der Initiierung des Projekts
„Fair Play, Respekt und Toleranz
im Fußball“ im Verbandsgebiet
des bfv setzte Ronny Zimmer-
mann ein Ausrufezeichen. Das
Projekt startete mit etlichen
Informations- und Diskussions-
Veranstaltungen in allen Kreisen
des Verbandes. Zahlreiche
Vereinsfunktionäre verpflich-
teten sich in einer Erklärung,
dieses Thema im eigenen Verein
umzusetzen und nachhaltig zu
verfolgen.
Im Rahmen der Frauen-Welt-
meisterschaft 2011 war Ronny
Zimmermann Vorsitzender der
Außenstelle Sinsheim. Dort
organisierte er mit seinem
Team die Vorbereitungen bis
hin zur Austragung von insgesamt
vier WM-Spielen.
Nach Ende der Frauen-WM initi-
ierte Ronny Zimmermann im bfv
das Programm „Nachhaltigkeit
im Mädchen- und Frauenfußball“,
um die Begeisterung und das
Interesse für den Mädchen- und
Frauenfußball zu erhalten und die
Sportart weiterzuentwickeln.
Er leitete federführend die
Kommission zur Einführung der
Fußball-Regionalliga Südwest, die
seit der Saison 2012/2013 existiert.
Steckbrief
Er ist zudem Vorsitzender der
Gesellschafterversammlung der
Regionalliga Südwest.
Von der UEFA wurde Ronny
Zimmermann im Jahr 2011
zum Spieldelegierten berufen.
In dieser Funktion ist er bei
Begegnungen der Europa
League und der Champions
League als höchster Repräsen-
tant der UEFA im Einsatz. Er hat
unter anderem Sorge dafür zu
tragen, dass die Wettbewerbs-
und Organisations-Regularien
eingehalten werden.