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S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 1 / 2 0 1 7

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nach unpopulären Entscheidun-

gen ihre Linie durchzogen.

Hans Scheuerer ergänzt, dass

zu einer starken Persönlichkeit

zudem die notwendige Sozial-

kompetenz und ein grundsätz-

liches Einfühlungsvermögen in

die unterschiedlichen Charak-

tere der Spieler gehören: „Bei

einigen Aktiven reicht es aus,

sie mit einem guten Wort in die

Schranken zu weisen. Sie haben

einen natürlichen Respekt vor

den Schiedsrichtern. Bei anderen

hilft nur Strenge.“

Mit der Persönlichkeit eines

Schiedsrichters befasst sich

der DFB-Lehrbrief Nr. 70. Die

Verfasser weisen darauf hin,

dass ein starkes, sicheres Auf-

treten mit dem entsprechenden

Durchsetzungsvermögen zu den

Eckpunkten der Leistung auf

dem Spielfeld gehört. Jeder

Unparteiische, gleich in welcher

Sportart, könne nur dann gut

sein, wenn er als Person von

den Aktiven und Funktionären

respektiert werde.

Ein Schiedsrichter, der sich in

seinem Auftreten, in seiner

Körpersprache und in seiner

Rhetorik als schwach erweisen

würde, hätte es schwer, seine

Entscheidungen im Spiel zu

„verkaufen“. Er müsse sich

Wochenende für Wochenende

seine Akzeptanz mit hohem,

persönlichem Einsatz erarbei-

ten und hätte dann wohl kaum

Freude an seiner Tätigkeit.

Doch nicht nur diese genannten

Faktoren zählen nach Aussage

der Verfasser zur Persönlichkeit

eines Unparteiischen, der mehr

sein sollte als ausschließlich der

„Wächter über die Einhaltung

der Spielregeln“.

Siegfried Kirschen, ehemaliger

WM-Schiedsrichter und in seinem

Der Schiedsrichter vergewisserte

sich noch einmal bei Marcel:

„Abseits?“ Jetzt fühlte sich der

junge Mann an der Linie sicher

und stark. Er ließ sich nicht

beirren und antwortete laut und

deutlich: „Nein, niemals!“ Die

Abwehrspieler vom VfL Stade

riefen: „Unmöglich, keine

Ahnung! So junge Assistenten

gehören nicht in die Bezirksliga!“

Doch mit wenigen Handbewe-

gungen machte der Schiedsrich-

ter den Spielern klar, dass er

seinem Assistenten voll ver-

trauen würde.

Szenen wie diese gehören für

jeden Schiedsrichter und jeden

Mann an der Linie zum Tages-

geschäft. Gerade junge, noch

unerfahrene Unparteiische müs-

sen sich in solchen Situationen

bewähren. Sie müssen zeigen,

dass sie auf der Grundlage einer

soliden Kenntnis der Spielregeln

und der notwendigen körperli-

chen Fitness ihre Spiele sicher

über die Bühne bringen.

„Als Schiedsrichter lernst du,

mit Kritik umzugehen, und gehst

gestärkt aus solchen Spielen

heraus. In der Konsequenz sind

das Erfolgserlebnisse, die dein

Selbstbewusstsein fördern“,

erklärt Rolf Görlitz, der Vater

von Marcel und zugleich Schieds-

richter-Lehrwart in Cuxhaven.

Die ehemaligen DFB-Schieds-

richter Hans Scheuerer und

Hans-Joachim Osmers betonen

im Gespräch mit der Schieds-

richter-Zeitung, dass auch

sie lernen mussten, mit Kritik

umzugehen. Jedoch habe es zu

ihren Zeiten in den Spielen noch

eine gewisse Amts-Autorität des

Schiedsrichters gegeben. Der

Unparteiische sei mehr akzep-

tiert worden, obwohl auch da-

mals schon Schiedsrichter

gefordert waren, die sich durch-

setzen konnten, und die selbst

Zivilberuf Psychologe, stellt

klar, dass ein guter Schiedsrich-

ter zugleich die Rolle eines

Spiel-Managers einnimmt, der

zunächst kraft seiner Persön-

lichkeit das Regelwerk umsetzt.

Ein solcher Referee würde erst

dann zu Gelben und Roten Karten

greifen, wenn ihm die Spieler

keine andere Wahl ließen.

Auch Helmut Geyer, Vorsitzender

der DFB-Schiedsrichterkommission

Amateure, macht deutlich, dass

sich gerade beim Aussprechen

der Persönlichen Strafen der

als Persönlichkeit

Der Schiedsrichter (hier Robert Schröder) soll zunächst kraft

seiner Persönlichkeit die Spielregeln umsetzen.