Table of Contents Table of Contents
Previous Page  29 / 36 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 29 / 36 Next Page
Page Background

S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 1 / 2 0 1 7

29

Leistungsklassen. Von der Kreis-

liga über die Regionalliga bis zur

2. Frauen-Bundesliga: Das Inter-

esse war groß. Auch Vertreter der

Sportgerichte des Fußballkreises

Köln und der Kreisvorsitzende

höchstpersönlich hatten sich ins

Plenum gemischt. Sie wollten

ebenfalls wissen, wie der Schieds-

richter mit dem „normalen“ Recht

in Kontakt kommen kann – und

in welchen Fällen ihm sogar eine

Verurteilung drohen könnte.

Der Mann, der sich vorgenommen

hatte, diese Fragen zwar nicht ein

für alle Mal zu klären (wie das

bei juristischen Überlegungen

nur allzu oft in der Natur der

Sache liegt), ihnen aber zumindest

deutlich näher zu kommen, ist

sowohl in der Rechtswissenschaft

als auch im Fußball zu Hause:

Dr. Jan F. Orth hat den Vorsitz

einer Großen Strafkammer am

Landgericht in Köln und sitzt

außerdem im DFB-Bundesgericht.

In seinen Sportrechts-Vorlesungen

an der Kölner Uni waren bereits

die Eisschnellläuferin Claudia

Pechstein und DFB-Vizepräsident

Dr. Rainer Koch zu Gast.

Zivilrecht,

Strafrecht,

Regeländerungen

Beim „Schiedsrichter-Special“

hatte Orth nun Sascha Stegemann

und Alex Feuerherdt zu Gast.

Stegemann, seit 2014 Bundes-

liga-Referee und selbst studier-

ter Jurist, übernahm den Part

der strafrechtlichen Haftung

des Schiedsrichters, während

sich Feuerherdt, Mitglied des

einzigen deutschen Schiedsrich-

ter-Podcasts „Collinas Erben“

(siehe SRZ Nr. 6/2014), einigen

der zentralen Änderungen im

neuen Regelwerk annahm. Zu-

nächst jedoch sollte es in

der Vorlesung um die Frage

gehen, ob ein Schiedsrichter

Im bunt gemischten Plenum saßen Schiedsrichter, Funktionäre, Juristen und Fußball-Interessierte.

zivilrechtlich belangt werden

kann. Hierbei stellte sich so

manch einer im Hörsaal – mit-

unter vermutlich ein bisschen

beschämt und daher nur inner-

lich – die Frage: Was ist eigent-

lich Zivilrecht?

Dr. Drees muss

nicht zahlen

So war es denn ein Gutes, dass

der Sportrechtler Orth auch

an die Nicht-Juristen im Saal

dachte und vor seinem

Vortrag zunächst einmal

den Unterschied zwischen

Strafrecht und Zivilrecht

erklärte: „Zivilrecht regelt –

stark vereinfacht gesagt – alle

Streitigkeiten unter Privat-

personen, Gesellschaften

und Vereinen. In diesem Zweig

der Rechtswissenschaft geht

es nicht um Gefängnisstrafen,

sondern zum Beispiel um

Schadenersatz.“

Fall 1: Die Causa Drees

Der Fall: Am 34. Bundesliga-

Spieltag entschied Dr. Jochen

Drees nach Rücksprache mit

seinem Assistenten Benjamin

Brand, ein Tor von Borussia

Dortmund zurückzunehmen.

Dadurch rettete sich Hoffen-

heim 2013 in die Relegation

und Fortuna Düsseldorf stieg

ab. Die Entscheidung war rich-

tig. Doch was wäre, wenn sie

es nicht gewesen wäre?

Hätte Fortuna Düsseldorf von

Jochen Drees Schadenersatz

verlangen können?

NEIN!

Denn:

In den Fußball-Regeln ist ein

sogenannter Haftungsausschluss

festgelegt. Dieser stellt unter an-

derem fest, dass ein Schiedsrich-

ter nicht für Schäden von Vereinen

haftet, die aus einer „normalen“

Spielleitung entstehen können.

Wichtig:

Das gilt nur für soge-

nannte unbewusste Fehlentschei-

dungen. Wer absichtlich eine

Fehlentscheidung trifft, kann

natürlich durchaus zur Kasse

gebeten werden.

Auch wenn ihre Entscheidung damals falsch gewesen wäre,

hätten Dr. Jochen Drees und sein Assistent Benjamin

Brand nicht persönlich haften müssen.