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S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 1 / 2 0 1 7
zu Schaden kommt. Strafrah-
men: bis zu fünf Jahre Haft oder
Geldstrafe.
Finale mit
„Collinas Erben“
Den Schlusspunkt unter die
Veranstaltung setzte dann Alex
Feuerherdt, der sich – als einziger
Nichtjurist unter den Vortragenden –
intensiv mit drei zentralen Ände-
rungen im Regelwerk auseinander-
setzte. Zunächst befasste er sich
mit dem Eingriff von Auswechsel-
spielern oder Team-Offiziellen ins
Spiel, dann mit der vermeintlichen
Abschaffung der sogenannten
Dreifachbestrafung und schließ-
lich mit der Neuregelung der
Vorteil-Bestimmung. In diesem
dritten Part der Veranstaltung
war zu spüren, wie sich vor allem
die Schiedsrichter im Plenum –
zuvor zwar durchaus interessiert,
durch die vielen Fachtermini und
Paragrafen aber womöglich auch
etwas eingeschüchtert – in ihren
Stühlen aufrichteten und fachkun-
dig mitdiskutierten.
Doch auch für die Jura-Studenten
(zumindest für diejenigen, die
sich für Fußball interessieren)
war dieser Teil spannend, denn
Feuerherdt schaffte es, allgemein-
verständlich mit einigen Missver-
ständnissen aufzuräumen.
Insgesamt war das Schiedsrich-
ter-Special der Sportrechts-Vorle-
sung an der Universität Köln damit
eine Veranstaltung, die für jeden
im Publikum neue Erkenntnisse
bereithielt. Für die Schiedsrichter
erwuchsen diese Erkenntnisse aus
der intensiven Beschäftigung mit
der Rechtslage, für die Juristen
durch den Austausch mit den
Schiedsrichtern und das bessere
Verständnis der modifizierten
Fußball-Regeln.
Und auch wenn Orth, Stegemann
und Feuerherdt insgesamt um eine
Dreiviertelstunde überzogen – das
alte Gesetz von der Nachspielzeit
als „Tod des Schiedsrichters“ war
zumindest an diesem Abend im
besten juristischen Sinn unwirk-
sam.
Interview
„Man wird häufiger fragen, ob der
Schiedsrichter die Regeln eingehalten hat“
Dr. Jan F. Orth (Jahrgang 1974)
war viele Jahre selbst Schieds-
richter. Nach langjähriger
ehrenamtlicher Tätigkeit im
Fußball-Verband Mittelrhein
wurde er 2010 Beisitzer im
DFB-Bundesgericht. Seit 2015
ist er zudem Beisitzer im
Schiedsgericht der Deutschen
Eishockey Liga. Er gilt als einer
der profiliertesten deutschen
Sportrechtler.
Herr Orth, was hat Sie bewogen,
sich juristisch mit dem Schieds-
richter auseinanderzusetzen?
Jan F. Orth
: Früher stand die
Schiedsrichterei im absoluten
Zentrum meines Interesses.
Nachdem sich der Fokus zu
Jura verschoben hat, habe ich
festgestellt, dass bezogen auf
den Schiedsrichter und seine
Tätigkeit viele Fragen noch
nicht ausreichend besprochen
worden sind. Die Antworten auf
diese Fragen sind von prakti-
scher Relevanz und juristisch
zum Teil sehr anspruchsvoll. Ich
finde, das ist eine faszinierende
Kombination.
Wie sieht diese praktische
Relevanz aus? Inwiefern können
Schiedsrichter davon profitie-
ren, wenn sie sich mit den in der
Vorlesung diskutierten Fragen
auseinandersetzen?
Orth
: Die meines Erachtens
gesicherte Feststellung, dass
keinem Schiedsrichter – egal in
welcher Klasse – aufgrund einer
unbewussten Fehlentscheidung
Schadenersatzansprüche
drohen, ist ausgesprochen
beruhigend und stützt die
Position der Kollegen auf
dem Platz. Man kann deutlich
entspannter auftreten, wenn
klar ist, dass das Hobby nicht
zu einem Griff ins eigene
Sehen Sie es auch in der Verant-
wortung der Verbände, Schieds-
richter über diese Dinge aufzu-
klären? Oder sollten sich die Un-
parteiischen selbst informieren?
Orth
: Ich denke, dass es rechtli-
che Handlungspflichten gibt, die
über den unmittelbaren Anfor-
derungen der Verbände stehen
können. Ich stelle außerdem
fest, dass viele aus dem jüngsten
Schiedsrichter-Nachwuchs sehr
ambitioniert sind und aufgrund
des Wunsches, möglichst schnell
und weit nach oben zu kommen,
möglicherweise zu häufig allzu
bereitwillig verbandliche Wün-
sche erfüllen. Das ist nicht der
autonome und selbstbewusste
Nachwuchs-Schiedsrichter,
Jan F. Orth kennt sich sowohl bei den Schiedsrichtern als
auch im Sportrecht bestens aus.
Anforderungen an die Betei-
ligten, was Compliance, also
das Befolgen von Regeln, an-
geht, gestiegen sind. Man
wird viel häufiger fragen, ob
auch der Schiedsrichter alle
Bestimmungen eingehalten
hat, die sein Amt und seine
Aufgaben definieren. Dies wird
das Hobby nicht einfacher
machen, aber nicht zwangs-
läufig dazu führen, dass
Schiedsrichter-Kollegen nun
häufiger vor Gericht stehen:
Für eine strafrechtliche
Haftung müsste es - auch das
haben wir gezeigt - schon
wirklich „dicke kommen“ und
der amtierende Schiedsrichter
ganz elementare Pflichten
vernachlässigen.
Portemonnaie führen kann.
Neben der Unangreifbarkeit von
Tatsachen-Entscheidungen ist
dies ein wesentliches Element der
schiedsrichterlichen Macht, Unab-
hängigkeit und Unparteilichkeit.
Im Übrigen trägt abgesichertes
theoretisches Wissen über alle
Bereiche des Hobbys immer dazu
bei, dass man noch selbstsicherer
agieren kann.
wie ich ihn mir wünsche. Das
kann sogar gefährlich werden.
Heißt das, dass es in Zukunft
häufiger Fälle geben wird, in
denen Schiedsrichter vor Gericht
stehen?
Orth
: Ich glaube, dass in allen
Lebensbereichen und ins-
besondere auch im Sport die