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gen muss. Und somit sollte auch der Verein die Spielerverpflich-

tungen gemeinsam mit dem Trainer vornehmen. Natürlich darf

kein Spieler gegen den Willen eines Trainers verpflichtet werden,

aber auch der Verein – etwa in Person des sportlichen Leiters und

der Scoutingabteilung – sollte dieses Vetorecht ausüben können.

Eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit ist eine wich-

tige Basis für eine positive, längerfristige Entwicklung. Bilden

Manager, engerer Trainerstab und Scoutingabteilung ein Entschei-

dungsgremium, so sehe ich darin eine sehr gute Lösung und

gesunde Vereinsstrukturen, die auch langfristig bestehen können.

Aber darüber hinaus bestehen noch sehr viele weitere Einflüsse,

die ich hier nicht vollständig aufzählen kann und möchte. Doch

auch Vereinsgremien, Gönner und Sponsoren, Investoren, Spieler-

berater etc. nehmen oft mehr oder minder starken Einfluss.

Soviel vorerst zur Theorie. Der Trainer nimmt jetzt seine Arbeit auf

dem Platz auf. Wie setzt er nun seine Spielidee um?

Zunächst einmal ist das Herausarbeiten und ständige Optimieren

einer Spielidee ein nie endender Prozess und in der täglichen

Arbeit in Training und Spiel von entscheidender Bedeutung. Diese

Arbeit wird auch beeinflusst durch äußere und innere Faktoren wie

etwa die Besetzung des Trainerstabes, die Trainingsbedingungen

und vor allem die Trainingshäufigkeit. Der Faktor Zeit ist extrem

bedeutend. Im Profibereich ist er meist kein Problem, im Amateur-

bereich ein entscheidendes

(siehe Einwurf!)

. Bei den Profis, wo die

Zeit keine Rolle spielt und die Spieler immer zur Verfügung stehen,

lassen sich natürlich Abläufe und Verhaltensweisen sehr viel leich-

ter trainieren und es kann viel detaillierter gearbeitet werden.

Machen Sie das doch bitte mal an Ihrer Spielidee fest!

Da finden sich schon Gemeinsamkeiten mit Pep Guardiola (lacht).

Aber wir erfinden den Fußball ja auch nicht neu. Um es zunächst

etwas komplexer zu beschreiben: Wichtig ist mir, zu agieren und

weniger zu reagieren. Kontrolliert mit schnellem Zweikontaktspiel

aufzubauen, Kombinationen durch ein variables Positionsspiel zu

ermöglichen. Alle sind ständig eingebunden: Alle verteidigen, alle

greifen an. Blitzschnelles Umschalten in beide Richtungen. Hohes

bis sehr hohes Verteidigen und den Gegner permanent beschäfti-

gen, Rückräume frühzeitig zustellen und so die Voraussetzungen

schaffen, den Ball nach Ballverlust sofort jagen zu können, Stich-

wort Gegenpressing. Das alles verbunden mit einer hohen Hand-

lungsschnelligkeit, Lauffreude und Einsatzbereitschaft.

Das war komplex. Präzisieren Sie es bitte an einem Beispiel?

Ich möchte gern, dass von hinten über das Mittelfeld nach vorne

kombiniert wird. Klar: Wenn ich einen kopfballstarken Mittelstür-

mer habe, der das lange Zuspiel festmachen oder zum zweiten

Ball ablegen kann, ist das ebenfalls ein gutes Mittel. Aber ich

bevorzuge eben möglichst das Kombinationsspiel mit flachen Päs-

sen und einem hohen Ballbesitzanteil.

Dafür muss ich eine optimale Verteilung auf dem Platz haben – ein

gutes Positionsspiel. Dazu gehören die zuletzt immer häufiger zu

beobachtenden hohen Außenverteidiger. Das hat sich auch in mei-

ner Spielidee immer mehr entwickelt, schon bei St. Pauli haben

wir so agiert. Die Innenverteidiger machen das Spiel sehr breit, der

Flaches Kombinationsspiel als ein zentrales Element der Spielidee.

Einwurf:

Das Problem mit den 2 Kontakten im Training

Spielformen mit zwei Kontakten sollen das Spiel schnell machen.

Oft aber sieht man dann, dass dem Spieler der Ball beim ersten

Kontakt ans Knie springt, er den zweiten dazu nutzt, ihn zu kon-

trollieren oder an- und mitzunehmen. Und dann sperrt er ihn, da-

mit der Gegner ihn nicht erobern kann. Das Ziel des schnellen

Spielens wird so sicherlich nicht erreicht.

Daher sollten die zwei Kontakte nur als Orientierung gelten. Wenn

das Spiel dadurch schneller bzw. präziser wird, kann durchaus

auch mal ein Kontakt mehr erlaubt sein! Oder ich setze statt des

Kontaktlimits ein Zeitlimit für Annahme bis Abspiel von zwei bis

drei Sekunden. Es ist ja ärgerlich, wenn die Spitze unbedingt mit

dem zweiten Kontakt abschließen muss, das aber in der betref-

fenden Situation unsinnig und nicht wettkampfgemäß ist, weil

sie sich z. B. frei, aber 25 Meter vor dem Tor befindet.

fussballtraining 6+7/2014

Interview

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