Jahr
Tests
%
positiv
2003
151.210
169.187
183.337
198.143
1,62
1,72
2,13
1,96
2004
2005
2006
gedopter
Sportler
JA
JA
JA
NEIN
nicht gedopter
Sportler
p: antworten Sie „ja”
1-
p: antworten Sie ehrlich
p: antworten Sie „ja”
1-
p: antworten Sie ehrlich
5 6
ANTI-DOPING
BLOCK
3
AKTUELLE WISSENSCHAFT FÜR DEN SPITZENFUSSBALL
Die zentrale Gegenfrage lautet:
Wieso ist die aktuelle Form
der Dopingkontrolle erlaubt, obwohl zentrale Rechts-
güter in ihrer Verfügbarkeit für Sportler eingeschränkt
werden?
Sportler müssen täglich zu einer frei zu wählenden Zeit
an einem bestimmten Ort auffindbar sein, ihren Aufent-
haltsort der nationalen Anti-Doping-Behörde melden
und zwischen 6 und 22 Uhr für Doping-Kontrollen zur
Verfügung stehen (Einschränkung der Freizügigkeit).
Urinproben werden unter Aufsicht eines Dopingkon-
trolleurs bzw. einer Dopingkontrolleurin genommen
(
Wahrung der Intimsphäre).
Urinproben werden ohne vorherige Hinweise auf Do-
pingvergehen genommen (Generalverdacht).
Insofern sind hier sorgfältig rechtliche Güterabwägun-
gen zwischen Grundrechten und ihrer Einschränkung
durch Dopingkontrollen vorzunehmen.
Wie kann man die Verbreitung von Doping messen?
Über die Verbreitung von Doping wird viel spekuliert. Ei-
nen Anhaltspunkt bietet die Statistik der WADA (Abbil-
dung 1). So wurden bei etwa 200.000 Kontrollen im Jahr
2006
knapp 2% oder ungefähr 4.000 Sportler positiv
getestet. Das Problem hierbei ist die Entdeckungswahr-
scheinlichkeit. Geht man zum Beispiel von einer tatsäch-
lichen Verbreitung von 30% aus, hätten 60.000 Sport-
ler positiv getestet werden müssen.
Es ist zwecks Ermittlung der Prävalenz nicht zielführend,
Sportler direkt zu fragen, ob sie dopen. Sie antworten
dann so, wie sie es im sozialen Sinn für wünschenswert
halten. Zuverlässigere Aussagen erhält man durch die
sogenannte Randomized-Response-Technik. Dafür ein
Beispiel:
Frage:
Haben Sie in der laufenden Saison Dopingsubstan-
zen genommen?
Zusatzinstruktion:
Wenn Ihre Mutter in den Monaten Janu-
ar, Februar, März oder April geboren wurde, antworten
Sie bitte mit „JA“, wenn Sie in einem anderen Monat ge-
boren wurde, geben Sie bitte eine ehrliche Antwort!“
In jeder Stichprobe haben wir gedopte und nicht-gedop-
te Sportler. Beide Gruppen erhalten mit einer bestimm-
ten Wahrscheinlichkeit die Anweisungen „Antworten Sie
mit Ja“ bzw. „Antworten Sie ehrlich“. Wir wissen aber
nicht, ob von den Befragten Ja-Antworten gegeben wer-
den, weil der Befragte tatsächlich gedopt hat oder weil
er die Zusatzinstruktion bekommen hat. Mit Hilfe der
Verteilung durch die Zusatzinstruktion lässt sich heraus-
rechnen, wie viele Sportler mit „JA“ geantwortet haben,
weil sie tatsächlich dopen (Abbildung 2). Dazu kommen
Cheater (Antwortverweigerer), die von der Anonymisie-
rung des Verfahrens nicht überzeugt sind, jene, die ge-
nerell mit „NEIN“ antworten, und diejenigen, die mit
JA“ antworten, auch wenn Sie nicht gedopt haben, um
etwa das Problem als größer darzustellen und etwa im
Sinne ihrer Chancengleichheit intensivere Kontrollen
auszulösen. Derzeit wird daran gearbeitet, Teilgruppie-
rungen der Cheater nachträglich teilweise mit Hilfe von
Simulationsrechnungen zu identifizieren.
Untersuchungsergebnisse
5.409
deutsche Kaderathleten aus unterschiedlichen
Sportarten wurden per Post bzw. online befragt. Die
Rücklaufquote der postalischen Befragung lag mit 863
Antworten bei 28%. Die Auswertung der Ergebnisse
(
Abbildung 3) ergab im Bereich der CGS-Sportarten (all
jene, in denen man Zentimeter, Kilogramm und Sekun-
den messen kann) 12,9% ehrliche Doper, 29,9% Cheater
(
von denen wir, nach der bisherigen Auswertung nicht
wissen, ob sie gedopt haben, die Antwort aus anderen
Gründen verweigern oder nicht gedopt haben) und
57,2%
ehrliche Nicht-Doper. In den Spielsportarten ha-
ben wir keinen ehrlichen Doper, aber 18,7% Cheater.
ABB. 1
WADA-STATISTIK: WIE KANN MAN DIE VERBREITUNG VON DOPING MESSEN?
ABB. 2
RANDOMIZED-RESPONSE-TECHNIK
FRAGE:
HABEN SIE IN DER LAUFENDEN SAISON
VERBOTENE DOPINGSUBSTANZEN EINGENOMMEN?