AUF DEN SPUREN DER NATIONALMANNSCHAFT • 2010
Boxen als legale und legitime Form der Körperverletzung: Wladimir
Klitschko gegen Eddie Chambers
Ein solches Verhalten wird häufig als Doping bezeichnet.
Richtiger sollte es als Medikamentengebrauch oder
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missbrauch bezeichnet werden, der inhaltlich Schnitt-
mengen mit Doping haben kann, sofern die Mittel verbo-
ten sind und im Wettbewerbssport eingesetzt werden.
Doping ist ein im Sportsystem anzutreffendes, körperbe-
zogenes abweichendes Verhalten, das nach den Regeln
des Sports oder des Strafgesetzbuches zu einem gege-
benen Zeitpunkt als illegal definiert oder nach ethisch-
moralischen Auffassungen als illegitim angesehen wird.
Wir mischen dabei innere und äußere Gehorsamkeitsver-
pflichtungen, also rechtliche Regelungen mit den Fair
Play-Erwartungen bzw. sittlichen Normen des früheren
Gentleman-Sportlers bzw. Amateurs.
Wie kann man Dopingverbote begründen?
Alle bisherigen Doping-Definitionen sind extensional, be-
nennen insofern die zu einem gegebenen Zeitpunkt ver-
botenen Substanzgruppen und Methoden und müssen
deshalb beständig angepasst werden. Dazu kommt, dass
unterschiedliche Sportorganisationen teilweise unter-
schiedliche Verbotslisten haben. Jeder Versuch einer in-
tentionalen Definition ist bisher gescheitert. Häufig wer-
den zumeist zwei zentrale Argumente gegen Doping ge-
braucht, die durchaus problematisch sind, nämlich das
Gesundheits- und das Natürlichkeitsargument.
Zum Gesundheits-Argument:
Doping ist verboten, weil die
Dopingwirkstoffe der Gesundheit des Sportlers Schaden
zufügen können.
Problem 1:
Es gibt auch Verhaltensweisen im Sport, die er-
laubt sind und der Gesundheit des Sportlers Schaden zu-
fügen können. Denken Sie zum Beispiel an das Boxen als
legale und legitime Form der Körperverletzung.
Problem 2:
Auf der Verbotsliste stehen bzw. standen auch
Mittel, bei denen der Nachweis einer Gesundheitsschädi-
gung wahrscheinlich scheitert, wie das früher verbotene
Koffein zum Beispiel.
Problem 3:
Es gibt auch Formen des Dopings, die auf
präventive Leistungen wie zum Beispiel die Verkürzung
der Regenerationszeit oder die Vermeidung von Über-
training abzielen, möglicherweise also die Gesundheit
erhalten oder verbessern.
Zum Natürlichkeitsargument:
Die Faszination des Sports er-
wächst aus der Authentizität der sportlichen Leistung.
Diese sollte allein mit den natürlichen gegebenen Mög-
lichkeiten des Menschen (Anlage und Training) erreicht
werden. Doping stellt insofern eine künstliche Manipula-
tion des sportlichen Leistungsvermögens dar und wird
als Betrug am Gegner und an den Regeln angesehen.
Problem 1:
Die Grenzen zwischen „natürlichen“ und
künstlichen“ Manipulationen des Körpers sind fließend.
Ab wann sprechen wir zum Beispiel im Fall von Eigen-
blut-Doping oder der Einnahme von Kreatinphosphat
von einer künstlichen Leistungsmanipulation?
Problem 2:
Nicht jede künstliche Manipulation wird als
Doping angesehen. Wir haben naturbedingt natürliches
Höhentraining in Kenia und erlauben das Training in Un-
terdruckkammern, verbieten aber EPO als möglichen
Nachteilsausgleich für Flachländer oder finanzschwache
Nationen, verletzen also die Chancengerechtigkeit und
gleichheit außerhalb des Wettkampfes. Was fehlt, ist al-
so ein klares analytisches Unterscheidungskriterium.
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