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AKTUELLE WISSENSCHAFT FÜR DEN SPITZENFUSSBALL
Übertraining ist Ausdruck einer längerfristigen
Untererholung. Demnach ist der Körper in der
Lage, hohe Belastungen bis zu einem bestimmten
Level durch entsprechende Erholungsmaßnahmen
zu kompensieren. Trainer und Spieler müssen sich
daher mit dem Thema Erholung aktiv auseinander-
setzen. Als besonders effektiv haben sich hierbei
Fragebögen und Verlaufsprotokolle erwiesen.
Diese psychologischen Verfahren bilden die tat-
sächliche Beanspruchung sehr gut nach, ver-
anschaulichen individuelle Unterschiede und kön-
nen so Überlastungszustände erfassen.
Psychologisches Monitoring von
Beanspruchung und Erholung
Prof. Dr. phil. Michael Kellmann
BLOCK
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Aktive Erholung: Philipp Lahm bei einer Partie Tischtennis im Mann-
schaftsquartier der deutschen Nationalmannschaft.
Was ist Erholung?
Erholung ist ein Prozess und abhängig von der Art und
Dauer der Beanspruchung. Ich kann mich zum Beispiel
dadurch erholen, dass ich eine Belastung verringere,
eine Pause mache, oder einen Belastungswechsel durch-
führe. Erholung ist zudem sehr individuell. Jeder von uns
hat seine eigene Lieblingsstrategie, die allerdings nicht
immer funktioniert. Die Spieler benötigen eine Toolbox
mit Erholungsstrategien, aus der sie sich zielorientiert
bedienen können. Ich kann mich zum Beispiel dadurch
erholen, dass ich etwas passiv mache, also in die Sauna
gehe oder mich massieren lasse. Ich kann aber auch ak-
tiv auslaufen. Entscheidend ist, dass sich eine Person
darüber im Klaren ist, was sie als Erholungsmaßnahme
braucht, und entsprechend aktiv wird. Ein Beispiel: Wenn
ich feststelle, dass für mich als Person die Interaktion
mit Menschen wichtig ist, ich mich aber länger nicht un-
terhalten habe, wäre es pro-aktiv, sich mit einem Freund
zu verabreden.
Erholung ist darüber hinaus eng an Rahmenbedingun-
gen gebunden. Wenn mein Partner oder der Spieler, der
mit mir das Hotelzimmer teilt, schnarcht oder irgend-
etwas nicht so funktioniert, wie es sein sollte, wird auto-
matisch der Erholungsvorgang des Schlafes beeinflusst.
Das ist dann wichtig, wenn sich die Trainer in den Nach-
wuchsbereich hineindenken. Da sagt keiner „mein Bett
ist durchgelegen“ oder „ich habe eine Baustelle vor dem
Haus, ich kann nicht schlafen.“ Hier ist das Feingefühl
der Trainer gefragt. Die zentrale Botschaft lautet daher:
Sprechen Sie mit Ihren Athleten, um herauszufinden, wie
es ihnen geht.
Wechselbeziehung von Beanspruchung und Erholung
Erholung und Beanspruchung sind unabhängige Kompo-
nenten, die im Gleichgewicht stehen müssen. Je nach
Art und Dauer der Beanspruchung ergibt sich eine be-
stimmte Erholungsanforderung (siehe Abbildung 1). Wird
diese erfüllt, reduziert sich der Beanspruchungszustand.
Wird sie nicht erfüllt, steigt der Beanspruchungszustand.
Burnout oder Übertraining sind Ausdruck einer länger-
TRAININGSMONITORING, DIAGNOSTIK UND TESTUNG