2.
DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
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Betrachtungen von Wahrscheinlichkeiten für den Einzelfall
Die diagonale Linie in Abbildung 4 stellt die Verteilung
der Prozentränge in der U12-Diagnostik dar, wenn ihre
Prognosevalidität gleich Null wäre: Wenn der Test nichts
über die zukünftige Qualität der Spieler aussagen würde,
dann läge eine Gleichverteilung über alle Prozentränge
vor.
Die tatsächliche Verteilung der Leistungswerte der U12-
Stützpunktspieler, die Jahre später zu den 504 LV-Aus-
wahlspielern gehörten, liegt aber deutlich oberhalb die-
ser Diagonalen. So hat die Hälfte der Spieler einen PR
von mindestens 76,4 (roter Punkt in Abb. 4). Damit ist
der Median deutlich höher als der theoretisch zu erwar-
tende PR 50.
Im Sinne einer Grenzwertsetzung lassen sich fiktiv Cut-
off-Werte einsetzen, um ggf. Selektionen vorzunehmen.
Angenommen, im Rahmen der U12-Testung würden alle
Spieler mit einer Leistung von PR < 30 als Spieler einge-
stuft, die keine Spitzensportzukunft haben (und Spieler
mit PR
≥
30
als Talente mit einer solchen Zukunftschan-
ce), würde dies Folgendes bedeuten: Auf der Ebene aller
Stützpunktspieler würden 70% der Spieler weiter geför-
dert und 30% aus dem Förderprogramm ausselektiert.
Hinsichtlich der empirischen Verteilung der zukünftigen
LV-Auswahlspieler hätte dies zur Konsequenz, dass 446
(88,5%)
dieser Spieler in der Förderung bleiben würden.
Es wären aber auch 58 (11,5%) Spieler aus der Förde-
rung herausgenommen worden und damit in etwa jedes
neunte Talent für die Landesverbände und den DFB
„
verloren“ gegangen!
U12-Stützpunktspielern betrachtet, die (mindestens)
drei Jahre später für ein Leistungszentrum, eine Lan-
desverbandsauswahl oder eine DFB-Juniorennational-
mannschaft berufen wurden (differenziert nach den
Jahrgängen 1994-97). Diese Leistungen wurden vergli-
chen mit U12-Testwerten von Stützpunktspielern, die in
späteren Altersabschnitten nicht für weitere Förderstu-
fen gesichtet wurden. Neben dem Anstieg des Leis-
tungsniveaus über die Jahrgänge zeigt sich jahrgangs-
übergreifend, dass Spieler, die drei Jahre später für
höhere Förderstufen selektiert wurden, deutlich bessere
U12-Testleistungen zeigten als die anderen Stützpunkt-
spieler. Zukünftige DFB-Juniorennationalspieler wiesen
in der U12 am Stützpunkt die höchsten Werte auf.
In Abbildung 3 sind rechts die über die Jahre hinweg
durchschnittlichen Mittelwerte dargestellt. Die mittleren
bis großen statistischen Effektmaße d für die jeweiligen
Leistungsvorteile gegenüber den später nicht weiter ge-
sichteten Stützpunktspielern korrespondieren in ihrer
Höhe mit den Leistungsstufen der Praxis (DFB>LV>LZ).
Auf Basis dieser gruppenbezogenen Betrachtung weist
die technomotorische Leistungsdiagnostik in der U12 der
DFB-Stützpunkte statistisch signifikante und relevante
Kennziffern auf, die für ihre prognostische Validität spre-
chen. Diese Aussage gilt nur für einen eingeschränkten
Prognosezeitraum, da bisher nur der Erfolg im späteren
Jugendalter als Kriterium herangezogen werden konnte
(
in wenigen Jahren kann die hier dargestellte Analyse um
eine angemessene Anzahl von Spielern ergänzt werden,
die den Übergang in den Profifußball geschafft haben).
Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus der mittel-
wertsbezogenen Betrachtung. Die Bedeutung der Ergeb-
nisse für den Einzelfall wird im nächsten Abschnitt an-
hand der U12-Testergebnisse von 504 Stützpunktspie-
lern erörtert, die später als Landesverbandsauswahlspie-
ler an einem DFB-Sichtungsturnier teilnahmen.
ABB. 4
TESTERGEBNISSE (U12-1) SPÄTERER
LV-AUSWAHLSPIELER (N=504)
Sind Talente mit guten Testleistungen auch zukünftig die besseren
Spieler?
100
90
80
70
60
70%
der
STP-Spieler
30%
der
STP-Spieler
446
LV-Spieler
58
LV-Spieler
50
40
30
20
10
0
Score U12-1 (PR)
PR U12-1 = 30 (Fiktiver „Cut-off“-Wert)
1, 4, 8...
...500, 504