C
(0-30%)
B
(31-70%)
A
(71-100%)
5 8
NACHWUCHSFÖRDERUNG
durchzuführen, um im Rahmen einer dynamischen
Talentbetrachtung die Leistungsentwicklung als Talent-
merkmal in den Blick zu nehmen. Eine dritte Betrach-
tungsweise beinhaltet die Analyse der Potenzialaus-
schöpfung, also die Frage, inwiefern ein Spieler in der
Lage ist, im Spiel gute Leistungen zu bringen, ohne seine
eigenen technischen und konditionellen Möglichkeiten
bisher vollends auszuschöpfen.
Erfassung der Merkmale
Würde es gelingen, die prognoserelevanten Merkmale zu
identifizieren, gäbe es immer noch das Problem der Er-
fassung dieser Merkmale. Auch wenn z. B. Fähigkeiten
wie „Entscheidungskompetenz“ oder „Spielintelligenz“
als wichtige Merkmale eines Talents anzusehen sind,
bleibt deren genaue „Messung“ eine große Herausforde-
rung. Dies gilt auch hinsichtlich der Erfassung von Um-
weltfaktoren, wie zum Beispiel der Gleichaltrigengruppe,
der Familie sowie der Schule (vgl. auch den Beitrag von
Prof. Dr. Borggrefe in dieser Dokumentation).
Aus wissenschaftlicher Sicht bestehen weitere Proble-
me hinsichtlich der Erfassung der Merkmale in der Ein-
haltung wissenschaftlicher Gütekriterien (z. B. Reliabi-
lität und Validität) und der angemessenen Realisierung
der anzustrebenden Längsschnittbetrachtungen. Auch
das in der Nachwuchsförderung seit Jahrzehnten disku-
tierte Problem des relativen Alterseffekts (Mitspieler
innerhalb einer Altersklasse sind chronologisch und hin-
sichtlich ihres biologischen Entwicklungsstandes unter-
schiedlich alt), erschwert eine objektive Erfassung von
Talentmerkmalen. So sollten Leistungsdaten zweier
Jugendspieler des gleichen Jahrgangs, von denen der
eine ein im Dezember geborener „Spätentwickler“ und
der andere ein im Januar geborener „Frühentwickler“
ABB. 1
ERGEBNISRÜCKMELDUNG: LEISTUNGSPROFIL EINES U14-STÜTZPUNKTSPIELERS
unterdurchschnittlich
Schnelligkeit (20m)
52,64%
PR
Gewandtheit
40,60%
Dribbling
98,71%
Ballkontrolle
80,83%
Torschuss
61,69%
Score
82,41%
durchschnittlich
gut
sehr gut ausgezeichnet
3% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 97%
Max
Min
9,10
s 8,76 s 8,54 s 8,39 s 8,28 s 8,17 s 8,08 s 7,98 s 7,87 s 7,70 s 7,49 s
12,87
s 12,00 s 11,53 s 11,22 s 11,00 s 10,81 s 10,63 s 10,47 s 10,28 s 10,02 s 9,73 s
13,55
s 12,13 s 11,30 s 10,82 s 10,41 s 10,09 s 9,78 s 9,47 s 9,12 s 8,70 s 8,16 s
23,00
P 21,00 P 20,00 P 19,00 P 18,00 P 17,00 P 16,00 P 15,00 P 13,00 P 11,00 P 9,00 P
40,54
P 42,13 P 43,09 P 43,79 P 44,33 P 44,87 P 45,39 P 45,92 P 46,60 P 47,48 P 48,83 P
3,82
s 3,70 s 3,62 s 3,57 s 3,51 s 3,47 s 3,42 s 3,38 s 3,32 s 3,24 s 3,14 s
ist, nicht ohne eine „entwicklungsgemäße Bereinigung“
verglichen werden.
Stabilität personaler und situativer Faktoren
Ein weiteres Problem besteht in der Stabilität personaler
und situativer Faktoren. Die Talentprognose findet in
einem äußerst entwicklungsrelevanten Zeitabschnitt
statt. Sie geht häufig über die Pubertät hinaus. Damit
sind sehr große Veränderungen der Persönlichkeit mit-
zubetrachten, die sich bei den Individuen unterschiedlich
realisieren. Ein anderer Aspekt ist, dass der Fußball von
heute sicher nicht dem Fußball in zehn Jahren ent-
spricht. Das lässt sich exemplarisch an der 1992 einge-
führten Rückpassregel verdeutlichen, durch die sich das
Anforderungsprofil für einen Torhüter deutlich geändert
hat. Entsprechend haben sich auch die Talentmerkmale
bei Torhütern geändert.
Umgang mit Wahrscheinlichkeitsaussagen
Der Umgang mit Wahrscheinlichkeitsaussagen ist hin-
sichtlich der im Folgenden vorgestellten Datenauswer-
tungen besonders bedeutsam. Ein Problem besteht dar-
in, dass Tests eingesetzt werden, die zwar als diagno-
stisch (bezüglich aktueller Leistungsunterschiede) –
und im Idealfall auch prognostisch (bezüglich zukünfti-
ger Leistungsunterschiede) – valide einzustufen sind,
deren „Gültigkeit“ aber letztlich auf gruppenbezogenen
Mittelwertsunterschieden basiert („Bestehen signifi-
kante Unterschiede zwischen der Gruppe der Sportler,
die es später in den Spitzensport geschafft haben, und
der Gruppe an Sportlern, die es später nicht geschafft
haben?“). Dieses Kriterium wird in der Wissenschaft
häufig verwendet, um die Eignung eines Tests für die
Talentprognose zu überprüfen. Der Praktiker hat aber