Verletzungscharakteristika
Achillessehnenbeschwerden, Achillotendinopathien sind
neben Bandrupturen die häufigsten Gründe für Verlet-
zungspausen oder sogar das Ende einer Spielerkarriere.
Das geht aus den Statistiken hervor. Im Verletzungsfall
ist eine detaillierte Diagnostik hinsichtlich einer ziel-
führenden Therapie unbedingt notwendig, denn eine
Achillessehnenproblematik ist kein einheitliches Phäno-
men. Die häufigsten Erscheinungsformen lassen sich in
Insertionstendopathien und Mid-Portion-Tendinopathi-
en unterteilen. Im ersten Fall treten die Beschwerden am
Übergang vom Calcaneus zur Achillessehne auf, im zwei-
ten Fall finden sich die Beschwerden am Verlauf der Seh-
ne, 2 bis 6 cm zwischen dem Calcaneus und den Muskel-
bäuchen der Wade. Die Mid-Portion-Tendinopathien tre-
ten dabei doppelt so häufig auf wie die Insertionstendo-
pathien. Hierbei handelt es sich um keine echten Entzün-
dungsreaktionen, wie die Forschung seit 2004 ausweist.
Das heißt konkret, dass sich die Therapien von jenen bei
Entzündungsreaktionen unterscheiden müssen. Die Seh-
nen sind punktuell verdickt, schmerzhaft und die Funkti-
on ist gestört. Zu beobachten ist eine Neovaskularisie-
rung, also eine verstärkte Bildung kapillarer Blutgefäße
verbunden mit einer Neubildung von kollagenem Materi-
al, das vermutlich weniger belastbar und weniger bela-
stungsresistent ist. Gleichzeitig ist das Problem, dass es
mit dieser Neovaskularisierung zu einer Einsprossung
freier Nervenendungen kommt, die ein Schmerzsignal
weiterleiten. Bei fehlgeschlagenem Heilungsprozess
kann das Voranschreiten der histologischen Verände-
rungen und das Setzen inadäquater Belastungen usw. zu
weiteren Mikrotraumata führen. Falls durch therapeuti-
sche Maßnahmen keine Normalisierung gelingt, droht ei-
ne Ruptur der Sehne.
Ursachen/Verletzungszusammenhang
Vermutlicher Auslöser ist eine „Überbelastung“, begün-
stigt durch genetische Voraussetzungen, Stoffwechsel-
prozesse, hormonelle Veränderungen und Negativ-Fak-
toren im neuromuskulären System. Es gilt also, ein mul-
tifaktorielles Geschehen zu erfassen. Dazu dient eine
Analyse der Reizcharakteristik, d.h., Beobachtungen und
Resultate zu Reizintensität, -umfang, -dauer, und -dichte
ermöglichen eine diagnostische Eingrenzung
Betroffen sind vorwiegend Athleten in Lauf- und
Sprungsportarten, unabhängig davon, ob es sich um
Schnellkraft- oder Ausdauerdisziplinen handelt. Be-
trachtet man die Reizintensität, fällt auf, dass hohe Be-
lastungen allein nicht entscheidend sein können. Bei-
spielsweise kommen Tendinopathien im Gewichtheben
nicht vor. Auch die Reizdauer spielt offensichtlich eine
untergeordnete Rolle. Sportarten wie Rudern oder Rad-
sport sind kaum betroffen. Auslöser für Überlastungen
müssen vielmehr kurze, hohe und repetitive Kraftspit-
zen (Impact Forces) sein, wie sie z.B. beim Aufprall des
Fußes auf dem Untergrund beim Laufen und Springen
entstehen. Und die natürliche Verwringung der Seh-
nenanteile kann bei negativen Faktoren im Bereich des
Fußes oder der Kette ungleiche Lastverteilungen begün-
stigen. Nachteilig wirken sich zusätzlich weitere Fakto-
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REHABILITATION
Exzentrisches Training bei Achillotendinopathien ist differenziert zu betrachten und in seiner Wirkung bei
Leistungssportlern zumindest fraglich. Für eine zielführende Therapie erscheint unter Berücksichtigung
exzentrischer und konzentrischer Komponenten ein progressives Training im Kontext aufeinander auf-
bauender Trainingsphasen geeignet. Die Erarbeitung einer Basistoleranz für Krafttraining und der Weg
zurück ins Leistungstraining erfordern „Basisarbeit“, sensible Belastungssteigerungen und das Trainieren
der intramuskulären Koordination. Wichtig: Mindestens 6 Monate bis zur Wettkampftauglichkeit sind zu
veranschlagen, wenn man ein erhöhtes Rezidivrisiko vermeiden will.
Tendopathien
Bernd Herbeck, Sportomed Reha GmbH
Prof. Dr. Dr. h. c. Dietmar Schmidtbleicher, Universität Frankfurt a. M.