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DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
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Der FC Porto ist in Bezug auf Präventionsmaßnahmen erfolgreicher als
andere, d.h., er hat weniger Verletzungen zu beklagen.
Manchmal gibt es auch Spannungen zwischen dem Trai-
nerteam und der medizinischen Abteilung, so dass eben
auch das medizinische Personal ausgetauscht wird.
Auch in diesem Fall liegen uns Beispiele vor, dass dann
die Verletzungsrate gestiegen ist. Die personelle Zusam-
mensetzung im Verein spielt also eine Rolle bei Verlet-
zungen.
Das Präsidium ist ebenso nicht unbedeutend, denn die-
ses wählt das Personal ja aus, entscheidet, wer Trainer
wird.
Ferner haben wir Trainerkarrieren verfolgt und Statisti-
ken angelegt, anhand derer wir ablesen können, welche
Verletzungen unter der Leitung eines Trainers typisch
sind. Das ist sehr heikel und wird natürlich niemals ver-
öffentlicht.
Die Frage ist am Ende auch, wer diese Faktoren kontrol-
liert. Die Spielerfaktoren werden stark vom medizini-
schen Team kontrolliert, dieses vergibt spezielle Trai-
ningsprogramme.
Die größte Rolle für die Verletzungssituation im Verein
spielt aber die Belastung und die wird in erster Linie vom
Trainerteam sowie vom Management und Präsidium
bestimmt. Mit Blick auf die häufigsten Verletzungen, die
Muskelverletzungen, müssen wir dabei feststellen, dass
Präventionseffekte nicht erkennbar sind. Genaue
Erkenntnisse darüber, wie gerade Verletzungen der hin-
teren Oberschenkelmuskulatur verhindert werden kön-
nen, liegen nicht vor. Vielleicht liegt es auch daran, dass
Vereine bestimmte Präventionsmaßnahmen nicht ange-
messen realisieren. Wir haben jedenfalls über die Jahre
Clubs wie den FC Porto beobachtet, die in dieser Hinsicht
erfolgreicher als andere sind, d.h. weniger Verletzungen
zu beklagen hatten. Sie selbst haben das auf eine sehr
gute interne Kommunikation zurückgeführt, tägliche
Treffen des Trainerteams, der Geschäftsführung usw. Im
Fall des FC Porto wurde diese Kultur durch eine über-
schaubarere Organisationsstruktur im Vergleich zu
größeren Clubs begünstigt. Es gibt nämlich durchaus
Vereine, in denen das Funktionsteam um die Mannschaft
herum zu groß ist, um eine optimale interne Kommuni-
kation zu pflegen. Mit einem Stab von 30 Personen ist
dies schwierig.
Kostenfaktor Verletzungen
Wir pflegen mit den Ärzten der Champions-League-Teil-
nehmer ein jährliches Treffen drei Tage nach dem Fina-
le. Im letzten Jahr waren wir in Donezk. Dort gab es eine
interessante Präsentation vom Geschäftsführer von
Schachtjor Donezk, Sergej Palkin. Er verwies am Beispiel
eines brasilianischen Spielers, der unter Vertrag genom-
men werden soll, auf die Kostenkalkulation in Bezug auf
eine Verletzung.
Will man einen solchen Spieler verpflichten, muss man
z.B. 20 Millionen Euro Ablöse zahlen. Hinzu kommen das
Spielergehalt, Lebenshaltungskosten, Versicherungen
usw. von zusammen 3 Millionen Euro im Jahr für eine
fünfjährige Vertragslaufzeit. Die Investition beträgt da-
mit 35 Millionen Euro für 60 Monate. Eine einmonatige
Verletzung kostet den Club in diesem Fall also 583.000
Euro. Für diese Summe bekommt man eine Menge Phy-
siotherapeuten oder Ärzte. Das sind also praktische Zah-
len über die Kosten einer Verletzung, die das strategi-
sche Denken in den Clubs, was die medizinische Betreu-
ung betrifft, die Prävention oder Rehabilitation und ggf.
notwendige Investitionen betrifft, anregen sollten.