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HAUPTBEITRAG I
Der FC Barcelona beklagt weniger Kontaktverletzungen, weil der Ball
schon gespielt wurde, bevor es zum Kontakt kommt.
Traditionellerweise spielen im Sport die Spielerfaktoren
in der Verletzungsprophylaxe die größte Rolle, d.h., die
Athleten bekommen ein entsprechendes Trainingspro-
gramm verordnet, Krafttraining usw. Hier gibt es bereits
auf Amateurebene sehr effektive Programme, erst
Recht natürlich auf FIFA-Ebene (vgl. den Beitrag von Ka-
thrin Steffen in dieser Dokumentation). Aber auf dem
Eliteniveau reicht das nicht aus, zumal man dort die
Grenze eines optimalen Krafttrainings erreicht hat. Des-
halb sind auf diesem Niveau andere Faktoren mitunter
viel wichtiger.
Wir haben in einer Studie in Norwegen die Einflussfakto-
ren für ein Verletzungsrisiko näher analysiert. Die Spie-
lerfaktoren wurden in der Saisonvorbereitung unter-
sucht und später auf ihren Zusammenhang mit Verlet-
zungen während der Saison hin überprüft. Nur zwei Va-
riablen wiesen einen solchen positiven Zusammenhang
auf: vorherige Verletzungen und Alter. Und diese hän-
gen ihrerseits zusammen, denn je älter man ist, desto
mehr alte Verletzungen sind wahrscheinlich.
Eine größere Rolle spielt die Belastung, verbunden mit
den Fragen nach der Intensität und des Inhalts des Trai-
nings, nach der Anzahl der Spiele, nach der Balance
zwischen Belastungspausen und Regeneration und der
Gestaltung der Regeneration. Das wird normalerweise
vom Trainingspersonal entschieden. Das medizinische
Personal sollte auf diese sehr wichtigen Faktoren auch
einen Einfluss haben. Zurzeit können wir zu einzelnen
Belastungsfaktoren hinsichtlich des Verletzungszusam-
menhangs im Detail noch keine stichhaltigen Aussagen
machen.
Bezüglich der Vereinsfaktoren haben wir z.B. in den
Clubs Zusammenhänge mit Spieltaktiken ins Auge
gefasst, etwa beim FC Barcelona, der bekanntlich über
Spieler mit ausgeprägten taktischen und technischen
Fähigkeiten verfügt, die ein schnelles Passspiel pflegen.
Das Team beklagt weniger Kontaktverletzungen, weil
der Ball schon gespielt wurde, bevor es zum Kontakt
kommt.
Die Zusammensetzung eines Teams ist ein weiterer Fak-
tor. Es gibt Beispiele, dass die Verletzungsrate steigt,
wenn das Trainingspersonal oder das medizinische Per-
sonal ausgetauscht wird. Das ist darauf zurückzuführen,
dass ein neuer Trainer dazu neigt, bisherige Arbeitswei-
sen und Strukturen abzulehnen und neue Methoden ein-
zuführen sowie ein eigenes Assistenzteam mitzubrin-
gen. Der menschliche Körper stellt sich normalerweise
nicht so schnell auf Belastungsveränderungen ein.