2.
DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
1 9 1
aber wie andere Mannschaftssportarten auch, normale
olympische Sportart und z.T. sogar vergleichbar mit ei-
nigen Individualsportarten.
Nicht jeder weiß, dass Frauenfußball 1955 verboten und
erst 1970 wieder erlaubt wurde, dass es aber in dieser
Zeit trotzdem mehr als 70 sogenannte inoffizielle Län-
derspiele gab, dass es 1982 gegen die Schweiz, dies
scheint wohl eine Tradition zu sein, das erste offizielle
Länderspiel gab und dass damals mit Gero Bisanz auch
der erste Bundestrainer installiert wurde. Es ist auch
nicht jedem klar, dass sich in den letzten 30 Jahren eine
rasante Entwicklung vollzogen hat, dass sieben EM-Titel
und zwei WM-Titel erspielt wurden, dass also eine beein-
druckende Kontinuität des Erfolges zu erkennen ist, die
es nicht in allen Mannschaftssportarten gibt. Somit sind
wir die einzige Nation, die im Männer- und Frauenbe-
reich Fußballwelt- und -europameister wurde. Seit dem
ersten übertragenen Länderspiel 1989 ist Frauenfußball
in einem stetig und steigenden Maße auch medial und
vermarktbar geworden.
Nicht zuletzt in diesem Zusammenhang kann dem DFB
und den Verantwortlichen bescheinigt werden, die
Heim-WM 2011 perfekt ausgerichtet zu haben. Viel-
leicht gerade das hat womöglich dazu geführt, dass wir
den Titel nicht errungen haben. Denn es ist, auch mit-
tels der Medien, vermutlich ein leistungseinschrän-
kender Druck für die Spielerinnen entstanden, denn sie
sind in einer für sie doch ungewohnten Art und Weise
auch persönlich vermarktet worden. Nach meiner Fest-
stellung gibt es diesbezüglich Parallelen zu anderen
Sportarten.
Anzunehmen ist auf jeden Fall, dass der erhoffte Boom im
Frauenfußball vermutlich auch nicht eingetreten wäre,
wenn man ein oder zwei Spiele weitergekommen wäre.
Das Interesse an Nationalmannschaft und Bundesliga ist
laut einer Studie im Grunde konstant geblieben und ver-
gleichbar mit dem Interesse an anderen olympischen
Sportarten.
Konstatiert werden muss zudem, dass sich die Mitglieds-
zahlen im Frauenfußball wenig verändert haben, sich die
Zahl der Mannschaften sogar etwas verringert hat.
Auch die Zuschauerzahlen haben sich in Deutschland im
Frauenfußball wenig geändert, wir haben etwa 1.100
Rahmenbedingungen für die Abstimmung von
Sportkarriere und Ausbildung
Im Bereich Sport ist unstrittig, dass der Trainingsauf-
wand und die Trainingsmethodik, also die Inhalte, am
Weltstand orientiert sein müssen. D.h. der zu betreiben-
de Aufwand, um in die Weltspitze zu gelangen, ist durch
die Weltspitze selbst bestimmt. Und das betrifft nicht
nur den Hochleistungsbereich, sondern auch die einzel-
nen Etappen im langfristigen Leistungsaufbau. Wenn
z.B. chinesische Sportler in der Altersklasse 10 schon 35
Stunden trainieren, werden wir in Deutschland mit z.B.
15
Stunden eben nicht wettbewerbsfähig sein können.
D.h. sofern dieses gesellschaftlich sicher diskutable Ziel
der Wettbewerbsfähigkeit besteht und das überhaupt
machbar und umsetzbar ist, müssen wir uns in all diesen
Bereichen am Aufwand der Weltspitze orientieren und
unsere Rahmenbedingungen entsprechend anpassen.
Ein diskussionswürdiges Thema ist in diesem Zusam-
menhang das Wettkampfsystem und dessen Entwick-
lung. Wir haben mittlerweile eine Fülle von internationa-
len Wettkämpfen, die bis weit in den Nachwuchsbereich
hineinreichen, d.h. schon dort eine sehr große Dichte
von Wettbewerben. Vielleicht müsste man den Mut auf-
bringen, das Programm an der einen oder anderen Stel-
le zu reduzieren. Es gilt u.U. auch, die Vermarktungs-
strategien der Verbände mit den Gesundheitsaspekten
und den Belastungen im Training über einen langen Zeit-
raum neu abzustimmen und in Einklang zu bringen.
Wichtig ist, und das ist der ganz entscheidende Ansatz-
punkt, dass wir die Karriere im Bereich Bildung und Be-
ruf flexibel gestalten müssen, d.h., wir müssen die dispo-
niblen Zeiträume, die disponiblen Phasen, die sich im
Rahmen der Sportkarriere bieten, so effektiv und wir-
kungsvoll wie möglich mit Ausbildungsinhalten belegen.
Schließlich, und auch in Mannschaftssportarten ist das
unumgänglich, muss es eine individuelle Planung geben.
Wir haben etwa 4.000 A-B-C-Bundeskader in den olym-
pischen Verbänden, Fußballerinnen inklusive, und jeder
bzw. jede ist mit der eigenen Karriere ein Einzelfall.
Entwicklung des Frauenfußballs und
Stellenwert als (olympische) Sportart
Frauenfußball ist für uns beim DOSB eine zwar junge,