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FRAUENFUSSBALL
potenzials zu fördern. Andererseits erfordert dies auch
eine Flexibilität bezüglich der Ausbildungsunterstüt-
zung.
Unter dem Strich sind die „Produktionsbedingungen“
hinsichtlich der Leistungsentwicklung in vielen olympi-
schen Sportarten und damit die Planungsvoraussetzun-
gen für eine duale Karriere vergleichbar.
Duale Karriere – institutionelle Entwicklungen
und Empfehlungen
Wichtig ist, und das ist im Fußball einfacher als in Indivi-
dualsportarten zu regeln, dass sich Schwerpunktstand-
orte der Förderung benennen lassen. In der Leichtathle-
tik wird oft das Argument vorgetragen, dies sei an allen
Standorten möglich.
Im Fußball haben sich mit Blick auf die erfolgreichsten
Vereine deutlichere Konzentrationsprozesse hinsicht-
lich bestimmter Standorte im Kontext gewachsener
finanzieller, wissenschaftlicher und infrastruktureller
Rahmenbedingungen herauskristallisiert. So blicken wir
heute auf die Standorte Wolfsburg, Potsdam, Frankfurt
am Main, Freiburg und München.
Dies gewährleistet eine gewisse Stabilität der Förde-
rung, was gerade im Frauenfußball angesichts der finan-
ziellen Schwierigkeiten einiger Vereine wichtig ist. Ein
durch Investitionen und höhere Gehälter erzielter kurz-
fristiger Erfolg bedeutet noch keine nachhaltige Refi-
nanzierung und strukturelle Entwicklung eines Vereins.
In vielen nicht ausgewiesen publikumswirksamen Sport-
arten ist in diesem Zusammenhang typisch, dass viele
Vereine auf dem höchsten Level existenzielle Probleme
bekommen.
Die wenigen stabilen Standorte im Frauenfußball können
den Olympiastützpunkten (OSP) zugeordnet werden.
Wir haben in Deutschland ein relativ flächendeckendes
System mit zurzeit 19 solcher Stützpunkte. Ziel ist u.a.,
die Athleten und ihr tägliches Training besser zu betreu-
en. Dies wird in vier großen Servicebereichen realisiert:
Sportmedizin Physiotherapie, Trainingswissenschaft
und Laufbahnberatung bzw. -planung. An den Stütz-
punkten sind im Moment 35 sogenannte Laufbahnbera-
ter, d.h. hauptberufliche Karriereberater tätig, die ein
regionales Netzwerk (Partner-Schulen, Eliteschulen, In-
ternate, Partner-Hochschulen, Partner-Unternehmen)
aufgebaut haben, um sich mit Fragen und Problemen der
dualen Karriere zielorientiert auseinanderzusetzen. Eine
entsprechende Betreuung kann durch Kaderathleten,
Mitglieder der Nationalmannschaften und Sportler der
Bundesligen mit dem DOSB abgestimmt werden.
Zwecks optimaler Nutzung der Netzwerke erfolgt die
Zuordnung der einzelnen Sportlerin gemäß Verbands-
bis 1.200 Zuschauer im Schnitt. Bei den Spitzenspielen
sind es 8.000 bis 10.000 Zuschauer, insbesondere dann,
wenn noch Entscheidungen um die Meisterschaft offen
sind. Eine größere Zuschauerzahl besucht auch das nun
jährlich in Köln stattfindende Pokalendspiel, wodurch
man ein Stück ‚eigene Identität‘ gesucht und hoffentlich
nun auch gefunden hat.
Manche selbst gesteckten Ziele waren vielleicht unter
dem Strich zu ambitioniert, weil zu sehr am Männerfuß-
ball orientiert. Wenn wir heute konstatieren, dass bei
den Männern die Bundesliga zwei Mrd. Euro umsetzt und
Bayern München fast 370 Millionen im Jahr, sind dies
ökonomische Voraussetzungen, die sich für den Frauen-
fußball und vielen andere olympischen Sportarten nicht
im Entferntesten bieten. Diese Dimensionen sind mit
dem „normalen“ olympischen Sport nicht vergleichbar.
Insofern ist es schon fortschrittlich, dass sich die
Gehaltssituation der Fußballerinnen verbessert hat.
Wenn die mir vorliegenden Informationen richtig sind,
verdienen die Spielerinnen 2.000 bis 10.000 Euro im Mo-
nat. Es scheint zumindest so, dass sich Frauenfußball in
dieser Hinsicht entwickelt hat, dass die Top-Spielerinnen
faktisch gut von ihrem Sport leben können. Klar ist aber
auch, dass diese Einnahmen nicht reichen können, um
die Existenz nach der Sportkarriere zu sichern. Damit ist
die Notwendigkeit einer dualen Karriere gerade im Frau-
enfußball verdeutlicht, die Nutzung disponibler Zeiten
im Rahmen der Sportkarriere zugunsten der schulischen
und beruflichen Ausbildung und damit zur Vorbereitung
des Lebens nach dem Spitzensport indiziert.
Die disponiblen Zeiten im Rahmen der Fußballkarriere
hängen wesentlich von der Trainingshäufigkeit ab. Es
können 7 bis 8 Trainingseinheiten und ein Umfang von 11
bis 12 Stunden wöchentlichen Trainings verzeichnet wer-
den. Hinzuaddiert werden müssen Wegezeiten und Zei-
ten für begleitende therapeutische Maßnahmen oder
trainingswissenschaftliche und sportmedizinische Un-
tersuchungen. Es ist ungefähr eine Wochenbelastung
von 20 Stunden anzulegen, was mit anderen Sportarten
vergleichbar ist.
Ein wichtiger Planungsaspekt für die duale Karriere ist
die Tatsache, dass es sich einerseits im Nachwuchsbe-
reich um altershomogene Zielgruppen handelt, während
andererseits das kalendarische Alter der erwachsenen
Athletinnen im absoluten Hochleistungsbereich um
mehr als zehn Jahre differiert.
Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Genera-
tionen, Abstimmungs- und Integrationsprozesse zu steu-
ern, ggf. Rollenwechsel vorzunehmen, ist einerseits eine
wiederkehrende Herausforderung für die sportliche Lei-
tung, um die optimale Ausschöpfung des Leistungs-