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Im Folgenden sollen einige Studienergebnisse das Aus-
maß der Problematik noch verdeutlichen und im
Anschluss daran einige Diskussionsansätze hinsichtlich
einer nach meiner Auffassung notwendigen gesell-
schaftlichen Debatte skizziert werden.
Kooperationsstudie der Deutschen Schmerzgesellschaft
und der Deutschen Sporthochschule Köln
Das Thema „Sport und Schmerz“ haben in einer Studie
gemeinsam die Deutschen Sporthochschule Köln und die
Deutschen Schmerzgesellschaft untersucht – finanziell
unterstützt durch die FIFA (Tab. 1).
Procedere:
Die Einnahme der Medikamente wurde durch Selbstan-
gaben der Athleten und Laboruntersuchungen erfasst.
Die auf den Doping-Kontroll-Formularen angegebenen
Medikamente wurden in allen Fällen analysiert, NSAID
wurden speziell gesammelt. Angegebene Medikamente
wurden mit den Analyseergebnissen verglichen, um für
jeden Fall die NSAID zu objektivieren. Diese wurden
gaschromatografisch und massspectrometrisch unter-
sucht, was eine optimierte Methode für die Analyse die-
ser Mittel ist. Andere Methoden z.B. für ASS sind weni-
ger reproduzierbar, auch NSAID können nur in höheren
Konzentrationen entdeckt werden, Paracetamol gar
nicht.
Herkunft der Proben:
Die Urinproben im Fußball stammten von Tests bei Na-
tionalen Fußballverbänden und den NADA‘s von Austra-
Diclofenac oder Ibuprofen usw. versorgt wurde. Das Er-
schreckende ist, dass schon in dieser Altersklasse zwi-
schen 20 und 25% der Spieler diese nicht-steroidalen
Antiphlogistika oder Schmerzmittel genommen haben.
Bei den Weltmeisterschaften der Erwachsenen liegt all-
gemein eine erhöhte Quote von 30 bis 35% vor.
Im Rahmen der Auswertung der Teamärzteberichte der
Weltmeisterschaften 2002 und 2006 wurde deutlich,
dass mehr als 50% der Spieler mindestens einmal
während des WM-Turniers nicht-steroidale anti-inflam-
matorische Medikamente (NSAID) applizierten, mehr als
10%
der Spieler vor jedem Spiel.
Folgende Resultate zu sechs unterschiedlichen FIFA-
Turnieren zeigen im Überblick das gesamte Ausmaß der
Problematik:
6577
eingenommene Substanzen
0,63
Substanzen pro Spieler pro Spiel (U17 => 0,51,
U20 => 0,51, Frauen => 1,0!)
NSAID wurden am häufigsten verschrieben
(
U17 => 17,3%, U20 => 21,4%).
Bei den Frauen liegt signifikant häufiger die Einnahme
von NSAID vor, wofür wir keine Erklärung haben (30,7%).
Im Vergleich dazu haben relativ wenige Spieler/innen
Beta(2)-Agonisten zur Behandlung von Asthma einge-
nommen (U17 => 1,3 %, U20 => 1,3 %, Frauen => 4,3 %).
Der Missbrauch von Schmerzmitteln und nicht-stero-
idaler Antirheumatika ist ein umfassendes, aber offen-
sichtlich tabuisiertes Problem, dass bereits im Nach-
wuchsbereich existiert und sich im Erwachsenenalter
verschärft.
Diese Entwicklung gilt es besser zu erforschen, zu ver-
stehen und ggf. mit Richtlinien zu verknüpfen, um im
Rahmen der alltäglichen Sportpraxis und in Erziehungs-
programmen angemessen (präventiv) reagieren zu
können.
TAB. 1
ZAHL DER UNTERSUCHTEN SPORTLER
NACH SPORTART UND GESCHLECHT
Männlich Weiblich „Unspez.“ Total
Fußball
73,9 % 5,0 % 21,1 % 100 %
(
n=2114)
(
n=142)
(
n=604)
(
n=2860)
Handball
77,0 % 23,0 % 0 % 100 %
(
n=94)
(
n=28)
(
n=0)
(
n=122)
Feld-Hockey
62,1 % 34,5 % 3,4 % 100 %
(
n=54)
(
n=30)
(
n=3)
(
n=87)
TOTAL
73,7 % 6,5 % 19,8 % 100 %
(
n=2262) (n=200)
(
n=607)
(
n=3069)
ABB. 1
SCHMERZMITTELAPPLIKATION IM
WETTKAMPF UND TRAINING
rel. H
äufigkeit (%
)
Kraftsport
Fußball
Radsport
50
40
60
20
10
Wettkampf
Training
22,2
30,0
26,7
30
44,3
50,4
0
33,3