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HAUPTVORTRAG IV
Knorpel) reduzieren, insbesondere eine Reduzierung
der Quote von Zweit- und Mehrfachverletzungen bzw.
von Verletzungen höheren Schweregrades ist nachge-
wiesen.
Forschungsdefizit Compliance
Dennoch befinden wir uns im Sport insgesamt gerade
hinsichtlich der Übertragung medizinischen Wissens in
die praktische Umsetzung auf relativ unbekanntem Ter-
rain. Außer in einzelnen Bereichen ist wenig über die
Compliance, das kooperative Verhalten, die angemesse-
ne Realisierung von indizierten Handlungsmaßgaben
durch den Sportler bekannt. Bei allen vorbeugenden
Maßnahmen und Präventionsprogrammen hängt der Er-
folg schlussendlich aber davon ab, ob und wie die Athle-
ten und die Trainer davon Gebrauch machen, ob und wie
das Ganze in der täglichen Praxis überhaupt umsetzbar
ist. Diesbezüglich gibt es sicherlich noch große Defizite,
konzeptionelle Ideen der Durchführung und Kontrolle
auf breiter Basis zu verwirklichen.
Forschungsdefizit Individualität
Ein zweiter problematischer Punkt ist, dass wir uns in
der Wissenschaft nicht ausschließlich auf die Beschäfti-
gung mit Mittelwerten beschränken können. Es ist nicht
zwingend angemessen, mit Blick auf eine Kohorte und
entsprechende Mittelwerte, z.B. bezüglich der Reduktion
der Verletzungsinzidenz, eine Allgemeingültigkeit von
Methoden abzuleiten (vgl. auch die Beiträge von Tim
Meyer, Jan Ekstrand und Markus Waldén in dieser Doku-
mentation). Entsprechend relevant ist das Thema der In-
dividualität, das heute auch in vielen Bereichen der Me-
dizin diskutiert wird. Es wird folgerichtig versucht, dies
stärker in Analysen einzubeziehen. Denn jeder Athlet
reagiert anders auf unterschiedliche Interventionen.
Überlastungsbeschwerden – u.a. im Vergleich zur Er-
kenntnissen aus dem Männerfußball (siehe den Beitrag
von Holger Schmitt in dieser Dokumentation)
ischiocrurale Verletzungen
Gehirnerschütterungen im Nachwuchsleistungssport
nicht verletzungsbedingte Trainings- und Wettkampf-
ausfälle
Einflussfaktoren, die den einzelnen Pathologien zugrunde
liegen, z.B.
Ernährung
psychosoziale Faktoren
Training
medizinische Strukturen
Methoden
Verläufe
Dokumentation
Trainings- und Wettkampfausfall im Kontext
von Pathologien
Knieverletzungen – Fakten und Forschungsdefizite
Im Bereich der Knieverletzungen ist die Datenlage am
besten. Man weiß in der Sportmedizin, dass die vorderen
Kreuzbandverletzungen tatsächlich ein Problem im
Frauenfußball sind, nachgewiesenermaßen bei Nach-
wuchsathletinnen. Ca. 40% der schweren Knieverlet-
zungen in dieser Gruppe betreffen das Kniegelenk, vor-
wiegend das vordere Kreuzband (ACL).
Evident und überraschend ist, dass laut Forschungser-
gebnissen bei den Frauen 25% aller Knieverletzungen
operiert werden. Das ist zwei- bis viermal so häufig wie
bei Männern. Eine Erklärung hierfür ließ sich in der Lite-
ratur nicht finden.
Was ist über die Prävention dieser Kreuzbandverletzun-
gen bekannt?
Es handelt sich meistens um Non-Contact-Verletzungen
(
ca. 70%) und diese ergeben sich vorwiegend bei
Lastwechseln (Stopp, Richtungswechsel, Landungen).
Die Beinachse (v.a. Knievalgus/Rotation) und die
dynamische Gelenkstabilität spielen dabei eine Rolle.
Geltende Erkenntnis ist, dass diesen mit einem ent-
sprechenden Aufwärmprogramm präventiv begegnet
werden kann. Hervorragende Daten liefert diesbezüglich
u.a. Kathrin Steffen (siehe den Beitrag von Kathrin
Steffen in dieser Dokumentation). Komponenten eines
solchen Programms sollten Laufen, kontrollierter
Gegnerkontakt, Kraft, Balance/Sprünge, Sprints, Spezi-
fik und Richtungswechsel sein. Die Zahl der Knieverlet-
zungen lässt sich um ca. 30% (MCL, ACL, Meniskus,
ABB. 1
KNIEVERLETZUNG
Willson 2006, Zazulak 2007 a/b, Myer 2008 (Erhöhtes Verletzungsrisiko
untere Extremität bei reduzierter Rumpfstabilität)
APR error (degrees)
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
Knee
Uninjured Females Injured Females Uninjured Males
Injured Males
Ligament/Meniscal
ACL