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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 6 / 2 0 1 4
Fünf Tipps für die Praxis
1.
Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance!
Schon der erste Händedruck am Platz ist entscheidend. Als
Schiedsrichter sollte man bei der Ankunft am Platz selbstbe-
wusst, aber nicht arrogant wirken. Ein freundliches, verbindli-
ches Auftreten, ein angenehmer Händedruck, guter Augenkon-
takt und deutliche Sprache sind hier der Schlüssel für einen
guten Start.
2.
Reflexion des eigenen Auftretens!
Wenn Schiedsrichter zum ersten Mal bei einer Spielleitung
gefilmt werden, sind sie meist selbst überrascht, wie gewisse
Gesten wirken. Das eigene Auftreten gespiegelt zu bekommen,
ist aber äußerst wichtig. Daher, wenn die Möglichkeit besteht:
ein eigenes Spiel filmen und an der Körpersprache arbeiten.
3.
Dynamisch in Situationen gehen!
Weniger entscheidend als die Körpergröße eines Schiedsrich-
ters ist die Entschlossenheit, mit der er gewillt ist, Situationen
zu lösen. Aber Vorsicht! Nicht jeder Schiedsrichter kann etwa
mit dem gleichen körperlichen Einsatz eine „Rudel-Bildung“
auflösen. Manchmal ist es auch besser, außen vor zu bleiben
und zu beobachten, bevor man selbst zum Teil des „Rudels“
wird.
4.
Kritische Situationen schnell beenden!
Eine knappe Geste ist manchmal vielsagender als ausschweifende
Diskussionen. Der Schiedsrichter macht somit deutlich: bis hier-
hin und nicht weiter. Christoph Dostert: „Je länger ein Konflikt
dauert, desto schwerer wird es, ihn zu lösen.“
5.
Status wahren!
Spieler versuchen oft, den Schiedsrichter in den Tiefstatus zu
drängen. Dies gilt es aber zu verhindern. Dabei hilft die richtige
Körpersprache. Eine gerade Haltung ist wichtig, auch muss der
Schiedsrichter seine Intimsphäre schützen, indem er Distanz zu
den Spielern wahrt. Mit einem ausgestreckten Arm kann man
sich eine Zone schaffen, in die kein Spieler eindringen darf. Ver-
letzt ein Spieler diese Zone, indem er zum Beispiel gegen den
Arm läuft, gibt es „Gelb“.
Die richtige Körpersprache
mich, obwohl ich körperlich nicht
der Größte bin, anders darstellen
kann.“
Für die richtige Dynamik hat Chris-
toph Dostert übrigens noch einen
Tipp: „Viele Schiedsrichter verges-
sen in Stress-Situationen ihr wich-
tigstes Instrument: die Pfeife.
Wenn ich bedrängt werde, ener-
gisch pfeife und zwei, drei Schritte
zurückgehe, dort eine feste Posi-
tion finde und den Spielern klar-
machen kann: Wer jetzt noch in
meinen Bereich eindringt,
bekommt die Konsequenzen zu
spüren, dann habe ich schon eine
Menge gewonnen. Je länger ein
Konflikt dauert, desto schwerer
wird es, ihn zu lösen.“
Beim Lehrgang im Saarländischen
Fußballverband stehen genau sol-
che Übungen auf der Tagesord-
nung. Die Teilnehmer holen
Opfer“ aus einer Bedrohungs-
Situation, lösen „Rudel“ auf und
gehen zielsicher durch eine Men-
schenmenge aggressiver Perso-
nen. „Damit simulieren wir den
Weg vom Platz in die Kabine“,
erläutert der Experte Dostert.
Die anderen Schiedsrichter haben
vorher die Anweisung bekommen,
die Person in der Gasse verbal
anzugehen und auch zu versu-
chen, sie festzuhalten und so am
Fortkommen zu hindern. Dabei war
es natürlich wichtig, auf der einen
Seite zwar zielstrebig weiterzuge-
hen, auf der anderen Seite aber
nicht auch noch zu einer Eskala-
tion der Situation beizutragen.“
Ein Ziel:
situatives Verständnis
Für die Schiedsrichter ist diese
Übung eine zwar ungewohnte,
aber willkommene Simulation. Im
Vergleich zu den mitunter etwas
theorielastigen Regelschulungen
gibt Christoph Dostert praktisches
Handwerks- und Rüstzeug für Kon-
flikt-Situationen an die Hand. Den-
Hier wird ein wichtiger Aspekt der Körpersprache verletzt: die
Intimzone. Christoph Dostert: „Zu große Nähe kann in aufge-
heizter Atmosphäre neue Aggressionen hervorrufen.“
noch weiß auch er: „Es gibt kein
Allheilmittel. Jeder Spieler ist
anders und benötigt je nachdem
auch eine andere Ansprache.“
Trotzdem ist die Reflexion und
Weiterentwicklung der eigenen
Körpersprache aus seiner Sicht für
Gewaltprävention auf dem Fußball-
platz ein zentrales Thema: „Neben
den praktischen Übungen wollen
wir natürlich auch ein Bewusstsein
für die Rolle schaffen, die man als
Schiedsrichter eigentlich hat, wol-
len von den Teilnehmern wissen,
was eigentlich einen guten
Schiedsrichter ausmacht, wollen
die Unparteiischen aber auch für
Konzepte wie die ‚Statuswippe‘
sensibilisieren.“
Mit diesem Begriff ist gemeint, wie
Schiedsrichter und Spieler in Kon-
flikt-Situationen ihren Status tau-
schen. Denn plötzlich wird der
Schiedsrichter durch den Spieler in
die passivere Rolle gedrängt, den
sogenannten Tiefstatus. „So etwas