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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 3 / 2 0 1 4
Porträt
Im Wandel der Zeit
Dietmar Neubert ist seit 32 Jahren als Schiedsrichter-Ansetzer tätig. Über die Herausforderungen
und Veränderungen, denen er sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte stellen musste, berichtet
SRZ-Mitarbeiter Lars Albert.
E
s war Sommer 1981, als der
Vorsitzende der Kreis-Schieds-
richter-Kommission den damals
32-
jährigen Dietmar Neubert fragte,
ob er bereit wäre, die Jung-
Schiedsrichter von Karl-Marx-Stadt
einzuteilen.
Neubert, der im heutigen Chemnitz
zehn Jahre zuvor seine Schieds-
richter-Prüfung abgelegt hatte,
musste nicht lange überlegen.
Schließlich war er seinem Fußball-
kreis verbunden, soeben als
Schiedsrichter in die dritthöchste
DDR-Spielklasse aufgestiegen.
Auch kannte er das ungeschriebene
Gesetz, dass sich höherklassige
Schiedsrichter im Kreisverband
engagierten.
Damals war das Schiedsrichter-
Wesen allerdings noch weit von
seiner heutigen Professionalität
entfernt. Dietmar Neubert erinnert
sich an modische Extrem-Situatio-
nen: „Schiedsrichter-Kleidung war
in der DDR absolute Mangelware.
Wenn man keine Westverwandt-
schaft hatte, musste man erfinde-
risch sein und improvisieren. Mal
hat die Großmutter die Stutzen
gestrickt, mal wurde ein schwarzes
Oberhemd geändert.“ Glücklicher-
weise blieben Schreckens-Szena-
rien aus. „Funktioniert hat es
trotzdem immer irgendwie. Zumin-
dest musste ich nie im Kartoffel-
sack pfeifen.“
Bei aller Kleidungs-Knappheit:
Schiedsrichter genossen in der
DDR eine hohe Wertschätzung. Für
Spiele und Lehrgänge, die an Werk-
tagen stattfanden, konnte sich der
berufstätige Sportfreund bei der
Betriebs- oder Schulleitung frei-
stellen lassen.
Doch trotz dieser Wertschätzung
gab es auch in Dietmar Neuberts
Karriere Erfahrungen, die ihm
damals sehr zu denken gaben: „Im
Winter 1974 verlor Oederan gegen
Penig zu Hause mit 0:1. Wegen eini-
ger unpopulärer Entscheidungen
musste ich hinterher durch das
Fenster über den Hinterausgang
und über den Zaun aus der Kabine
flüchten.“
Und auch im Erzgebirge ging es
mitunter heiß her: „Als Stützen-
grün gegen Weischlitz spielte, gab
ich kurz vor Schluss einen Straf-
stoß für die Gäste zum 1:1-End-
stand. Beim Gang in die Kabine
wurden wir dann von mehreren
aufgebrachten Rentnern mit
Regenschirmen attackiert. Meine
Frau war mit unseren beiden Söh-
nen unter den Zuschauern und
musste inkognito das Sportgelände
verlassen.“
Erst nach über einer Stunde konnte
sie ihn mit dem Auto bei Dunkel-
heit abholen, erinnert sich Neubert
Seit 32 Jahren Schiedsrichter-Ansetzer: Dietmar Neubert aus Chemnitz hat den technischen
Wandel miterlebt.
Wurde damals noch jede Ansetzungskarte per Hand ausgefüllt,...