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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 3 / 2 0 1 4
Analyse – Der besondere Fall
Schiedsrichter-Ausbildung am heimischen Computer: Uwe und
Janin Meibom haben den Anwärter-Lehrgang online absolviert.
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Schiedsrichter-Ausweis
Beim E-Learning eignen sich Schiedsrichter-
Anwärter die nötigen Kenntnisse heutzutage am
heimischen Computer an. Das funktioniert mit
einem Online-Portal des Deutschen Fußball-Bun-
des. Über die Erfahrungen von zwei Lehrgangs-
teilnehmern berichtet Nicola Wehrbein.
E
rmüdende Lehrabende im Ver-
einsheim, Unterrichtsstunden
absitzen und Bleistiftkreuzchen
auf Übungsbögen setzen – das ist
Schnee von gestern. Die Schieds-
richter-Ausbildung dieser Tage
läuft über E-Learning, also in Form
von „elektronischem Lernen“.
„
Wir haben mit den Online-Lehr-
gängen sehr gute Erfahrungen
gemacht“, sagt Michael Nitsche,
Vorsitzender des Schiedsrichter-
Ausschusses im Kreis Hannover-
Land, der das Pilotprojekt 2010 als
Lehrwart organisiert hat.
Uwe Meibom und dessen Tochter
Janin zählen zu den 30 erfolgrei-
chen Absolventen des jüngsten
Schiedsrichter-Anwärter-Lehr-
gangs. Beide sind beim TSV Beren-
bostel aktiv: Uwe Meibom (43) als
Trainer der 1. Frauen-Mannschaft,
die 19-jährige Janin als Mittelfeld-
spielerin.
Ohne E-Learning wären sie gar nicht
zur „Schiedsrichterei“ gekommen,
verraten beide im Interview.
Sie wurden also Schiedsrichter am
Computer?
Uwe:
Nein, nicht ganz. Es gab ins-
gesamt drei Lehrabende, ganz tra-
ditionell im Klubhaus, das vierte
Treffen war dann schon die Prü-
fung. Aber so richtig die Regeln
gelernt und uns auf die Prüfung
vorbereitet, das haben wir hier zu
Hause im Zimmer meiner Tochter
am Computer.
Janin:
Am ersten Abend wurden
wir in das System eingewiesen. Am
folgenden Tag bekamen wir per
E-Mail die persönlichen Zugangs-
daten für das Online-Portal. Bei
den beiden weiteren Lehrabenden
im Klubhaus des TSV Krähenwin-
kel-Kaltenweide wurden die einzel-
nen Themen und Regeln ausführ-
lich durchgesprochen. Wir haben
auch vieles diskutiert und manche
Fragen im Detail auseinanderge-
pflückt. Aber ansonsten konnten wir
alles hier am Schreibtisch erledigen.
Wo liegt Ihrer Meinung nach der
Vorteil des E-Learnings?
Uwe:
Klare Sache: Ohne die Mög-
lichkeit des E-Learnings hätte ich
den Schiedsrichter-Schein gar
nicht gemacht. Ich arbeite im
Schichtdienst. Zehn oder mehr
verpflichtende Lehrabende im
Klubhaus lassen sich damit kaum
vereinbaren. Außerdem bin ich ja
auch noch als Trainer beim TSV
Berenbostel im Einsatz. Der Auf-
wand beim E-Learning ist weitaus
geringer als beim althergebrach-
ten Lehrgang. Zum einen ist keine
Anreise nötig. Zum anderen kann
man sich einfach je nach Zeit und
Laune den Laptop schnappen und
lernen. Zu Hause ist es zudem
gemütlicher als im Klubhaus.
Janin:
Ich stecke mitten in den
Abi-Vorbereitungen. Drei Lehr-
abende bekommt man noch hin,
mehr aber kaum. Einen anderen
als den Online-Lehrgang hätte ich
auch nicht mitgemacht.
Wie funktioniert das mit dem Portal?
Janin:
Mit den Zugangsdaten kann
man sich registrieren und einlog-
gen. Ich habe mir jedes einzelne
Regelwerk als pdf-Datei herunter-
geladen und dabei schon gelernt.
Dann bin ich die Regeln noch ein-
mal intensiv durchgegangen.
Danach habe ich die gesamten
Übungsfragen beantwortet. Die
meisten Antworten waren auf
Anhieb richtig. So schwer war das
wirklich nicht.
Uwe:
Offen gestanden: Ich habe
einfach sofort mit den Regelfragen
losgelegt. Mit 14 Jahren hatte ich
schon mal den Schiedsrichter-
Schein gemacht. Natürlich habe
ich auch von meinen langjährigen
Erfahrungen als Spieler und Trai-
ner profitiert. Außerdem wurden
uns die Regeln bei den Lehraben-
den nahegebracht. Das sind Multiple-
Choice-Fragen zu den verschiede-
nen Themen, etwa Strafstoß, Ein-
wurf, Abseits, Eckstoß und so wei-
ter, mit einer richtigen Antwort.
Unmittelbar nachdem man eine
Antwort angeklickt und abgeschickt
hat, bekommt man auch schon
angezeigt, ob die Antwort richtig
oder falsch ist.
Wie viele Stunden haben Sie denn
im Online-Portal des DFB verbracht?
Uwe:
Ich bin alle Fragen einmal
allein durchgegangen und vor der
Prüfung noch einmal gemeinsam
mit meiner Tochter. Mehr als fünf
Stunden waren es auf keinen Fall,
eher weniger.
Janin:
Ich würde sagen, mit sechs
bis allerhöchstens acht Stunden
konzentrierter Vorbereitung im
Online-Portal ist die Prüfung für
jeden gut zu schaffen.
Und wie lange hat die Prüfung
gedauert?
Uwe:
Ich habe nach zehn Minuten
abgegeben.
Janin:
Länger als eine Viertelstunde
brauchte ich auch nicht.
Starten Sie jetzt Ihre Schiedsrich-
ter-Karriere?
Uwe:
Dafür bin ich wohl zu alt.
Meine Motivation war eine andere:
Als Trainer der Frauen-Mannschaft
musste ich schon oft genug selbst
zur Pfeife greifen. Zu unseren
Spielen werden ja keine Schieds-
richter offiziell angesetzt. Ich
werde also sicherlich primär bei
uns im Verein pfeifen, Frauen und
Junioren. Vielleicht auch mal ver-
einzelt ein Spiel, für das ich eine
Ansetzung bekomme. Aber Beruf,
Familie, Trainer und Schiedsrichter –
das wird zu viel. Karriere sollen die
Jung-Schiedsrichter machen –
oder meine Tochter.
Janin:
Da ich bis jetzt noch kein
Spiel gepfiffen habe, fühle ich
mich natürlich noch unsicher und
habe ein bisschen Bammel. Keine
Ahnung, ob ich dafür wirklich
geeignet bin. Am liebsten würde
ich zunächst mal an der Seitenlinie
Erfahrungen sammeln oder ein
Juniorenspiel bei uns im Verein
pfeifen. Vielleicht liegt es mir ja,
dann könnte ich mir auch vorstel-
len, als Schiedsrichterin aufzustei-
gen. Wichtig sind neben der Regel-
kenntnis sicherlich ein souveränes
Auftreten, Selbstbewusstsein und
Durchsetzungsvermögen.
Gespräch