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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 2 / 2 0 1 4
Titelthema
Auszeichnung für FIFA-Schiedsrichter
Kinhöfer und Meyer
international
ausgeschieden
Sie repräsentieren das deutsche Schiedsrichter-Wesen in
diesem Jahr international. Von rechts: die FIFA-Schiedsrich-
ter Deniz Aytekin, Felix Zwayer, Manuel Gräfe, Marco Fritz,
Bastian Dankert, Felix Brych, Christian Dingert, Wolfgang
Stark, Tobias Welz, Tobias Stieler und Bibiana Steinhaus mit
Herbert Fandel.
Am letzten Abend des Winter-
trainingslagers auf Mallorca
gab es noch einmal Anlass zur
Freude: Kommissions-Chef Her-
bert Fandel zeichnete die inter-
nationalen Schiedsrichter mit
Medaillen für die geleiteten
A-Länderspiele aus. Außerdem
wurden mit Bastian Dankert
(
Rostock) und Tobias Stieler
(
Hamburg) zwei neue Schieds-
richter offiziell in den Kreis der
FIFA-Schiedsrichter aufgenom-
men.
Die Übergabe der Wappen in
feierlichem Rahmen bot gleich-
zeitig Gelegenheit, zwei sehr
erfahrene Kollegen aus diesem
Kreis zu verabschieden: Thors-
ten Kinhöfer vom SC Constan-
tin und Florian Meyer vom RSV
Braunschweig schieden aus
Altersgründen aus. Für Florian
Meyer, der über zehn Jahre auf
der FIFA-Liste gestanden hatte,
ein besonderer Moment. Her-
bert Fandel bedankte sich mit
sehr persönlichen Worten, die
versammelten Schiedsrichter
zollten dem 45-Jährigen mit
minutenlangem Beifall Respekt.
Ebenfalls großen Beifall gab es
für Wolfgang Stark, der sich bei
der Nominierung für die Weltmeis-
terschaft in Brasilien Felix Brych
geschlagen geben musste. Her-
bert Fandel: „Jeder, der Wolf-
gang hier im Trainingslager
erlebt hat, konnte erkennen,
wie er diese für ihn sicherlich
enttäuschende Entscheidung
als absolut fairer Sportsmann
akzeptiert hat. Damit ist er ein
Vorbild für uns alle.“
erwartet“ und eine willkommene
Abwechslung im dicht getakteten
Lehrgangsplan.
***
Bei aller sportlichen Aktivität soll
die Analyse der Hinrunde aber
auch nicht zu kurz kommen. Zu
diesem Zweck versammeln sich die
Schiedsrichter und Assistenten
jeden Abend im Raum Gaspar de
Villalonga.
Anhand der schwierigsten Szenen
der Hinrunde, die in kurzen Video-
sequenzen eingespielt werden,
muss jeder noch einmal für sich
selbst entscheiden: Weiterspielen,
Freistoß, Strafstoß? Keine Karte,
Gelbe Karte, Rote Karte? Hätte der
Assistent helfen können oder viel-
leicht sogar müssen?
Die Szenen werden nur kurz
gezeigt, 20 Sekunden ungefähr,
dann muss jeder Einzelne aus der
Gruppe eine Entscheidung treffen
und ein Kreuzchen machen. Blitz-
schnell – wie auf dem Platz eben
auch. Die nächste Szene folgt auf
dem Fuß.
Nachdem der Test beendet ist,
werden die Bögen eingesammelt
und von der Lehrgangsleitung kor-
rigiert. „Bisher ist die Quote an
richtigen Antworten eigentlich
sehr zufriedenstellend“, erläutert
Rainer Werthmann, fachlicher
Berater der Elite-Kommission.
„
Viele Szenen sind auf den ersten
Blick schwierig zu beurteilen,
trotzdem erwarten wir natürlich
von unseren Spitzen-Schiedsrich-
tern, dass sie schnell und richtig
entscheiden.“
Und selbst, wenn einer mal nach
unten ausreißt, muss er keine
unmittelbaren Konsequenzen vom
Chef fürchten. Herbert Fandel
erklärt: „Es geht dabei in erster
Linie um Nachhaltigkeit. Bei der
Bewertung der Szenen sollen die
Kriterien zur Zweikampf-Beurtei-
lung angewendet werden, die wir
in diesem Trainingslager noch
schärfer fassen wollten.“
Ein Beispiel? „Bei der Frage, ob bei
einem Foulspiel ‚Gelb’ oder ‚Rot’
angemessen ist, können wir die
rotwürdige ‚offene Sohle‘ jetzt
konkret vom gelbwürdigen, soge-
nannten ‚Nachziehbein‘ abgrenzen.
Damit ist gemeint, dass ein Spieler,
der mit dem einen Bein voran-
grätscht, das hintere Bein nach-
zieht, um seinen Gegenspieler
bewusst zu Fall zu bringen.“ Der
Begriff ist neu, aber treffend. Es ist
spürbar, dass es den Schiedsrich-
tern hilft, bestimmte wiederkeh-
rende Abläufe anhand eines festen
Kriterien-Katalogs zu beurteilen.
Nach dem Tagestest steht das
Abendessen auf dem Programm,
anschließend gibt es noch einen
lockeren Austausch, aber den
Schiedsrichtern ist die Müdigkeit
anzumerken. Die meisten gehen
früh ins Bett, zwei anstrengende
Tage stehen noch bevor.
***
Samstag. Der letzte Lehrgangstag.
Der Yoyo-Test ist zu allseitiger
Zufriedenheit absolviert, die Grup-
penarbeiten sind abgeschlossen.
Für den letzten Videotest hat die
Kommission die Anzahl der Szenen
noch einmal verdoppelt und
außerdem unbekanntere Sequen-
zen aus dem internationalen Fuß-
ball ausgewählt. Nachdem die Sze-
nen durchgelaufen und die Testbö-
gen eingesammelt sind, geht
sofort die Diskussion im Saal los.
Nach der üblichen Sportpause bit-
tet Hellmut Krug dann zur Bespre-
chung. Szene für Szene wird
durchgegangen. „Denkt an den
Unterschied: Werden die Füße vor-
gestreckt oder ausgestreckt? Das
haben wir mehrfach im Lehrgang
thematisiert!“ Nächste Szene.
„
Seid vorsichtig, wenn ihr ‚nur Kör-
perkontakt‘ vermutet. Das reicht
Das Trainingslager der Schieds-
richter lockte sogar Medien-
vertreter nach Mallorca.