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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 1 / 2 0 1 4
Analyse
Köpfen beim Luftduell mit Alexan-
der Meier heftig zusammen. Beide
gehen zu Boden, Schiedsrichter
Marco Fritz unterbricht sofort das
Spiel. Das sollte man immer tun,
wenn erkennbar ist, dass sich
jemand am Kopf verletzt hat.
Die beiden Brasilianer werden auf
dem Platz vom Mannschaftsarzt
der Wolfsburger behandelt und
können zum Glück weiterspielen.
Sie müssen noch nicht einmal den
Platz bis zur Wiederaufnahme des
Spiels verlassen. Das wundert
manchen Zuschauer und auch den
TV-Reporter. Ihre Vermutung, dass
der Schiedsrichter hier etwas
falsch gemacht hat, ist allerdings
ein Irrtum.
In Verletzungsfällen muss im Hin-
blick auf das Verlassen des Spiel-
felds nämlich beachtet werden,
dass es drei Ausnahmen gibt: „bei
Verletzung eines Torhüters; wenn
ein Torhüter und ein Feldspieler
nach einem Zusammenprall sofor-
tige Betreuung benötigen; und
wenn Spieler desselben Teams
nach einem Zusammenprall sofor-
tige Betreuung benötigen“. Dann
dürfen die Spieler unmittelbar auf
dem Platz bleiben. So steht es in
Regel 5.
Ist ein Torwart beteiligt, leuchtet
das sofort ein. Sind zwei Spieler
desselben Teams betroffen, soll
ihnen und ihrer Mannschaft aus
ihrem Pech kein Nachteil entste-
hen – das ist nur fair.
***
Richtig unfair wurde es dagegen in
einer Szene des Spiels
FC Augs-
burg gegen 1899 Hoffenheim
(13.
Spieltag).
Nachdem der Hof-
fenheimer David Abraham den Ball
am eigenen Torraum Richtung
Strafraumgrenze abgewehrt hat,
springt Angreifer Tobias Werner
recht heftig in ihn hinein
(
Foto 5a).
Beide Spieler bleiben dabei auf
den Beinen. Während der Ball hoch
durch die Luft fliegt, dreht sich
der Hoffenheimer zu Werner um
und tritt mit Blick auf den Augs-
burger diesem mit dem rechten
Fuß in Kniehöhe gegen dessen
Bein
(
Foto 5b).
Erst als Werner, allerdings mit
einer kleinen Verzögerung, zu
Boden geht, pfeift der Schiedsrich-
ter
(
Foto 5c).
Letztlich setzt er das
Spiel mit einem Freistoß für Hof-
fenheim wegen des Sprungs von
Werner gegen Abraham fort. Das
ist regelgerecht – auch wenn der
Pfiff sehr spät kam – unterschlägt
aber die notwendige Bestrafung
des Hoffenheimer Abwehrspielers.
Denn auch wenn kein schwerwie-
gender Kontakt zum Gegenspieler
vorlag (er konnte offensichtlich
unverletzt weiterspielen), so han-
delt es sich bei der Aktion von
Abraham doch um ein klares Nach-
treten mit einer deutlichen Aushol-
bewegung, das mit einer Roten
Karte geahndet werden muss.
Der interessierte Beobachter fragt
sich an dieser Stelle natürlich,
warum sowohl dem Schiedsrichter
als auch seinen Assistenten, die
beide eigentlich freie Sicht auf die
Situation hatten, dieser Tätlichkeit
nicht die entsprechende Bewer-
tung folgen ließen. Sie taten das,
was auch die allermeisten
Zuschauer tun: Als Abraham den
Ball hoch wegköpfte, folgten sie
für einen Augenblick mit ihren
Augen dem Ball. Und da zwischen
dem Kopfball und dem Tritt nur
eine knappe Sekunde lag, entging
ihnen der genaue Ablauf.
Zu ahnen, dass es in Situationen
wie dem heftigen Sprung Werners
gegen Abraham eine überzogene
Reaktion des Hoffenheimers geben
könnte, gehört zum Gespür eines
Schiedsrichters und vor allem
auch seines Assistenten: „Mit den
Augen beim Zweikampf bleiben“,
heißt die Devise, zumal wenn der
Ball „ungefährlich“ durch die Luft
fliegt.
***
Borussia Mönchengladbach gegen
Borussia Dortmund (8. Spieltag):
Das ist immer ein brisantes Spiel,
unabhängig vom aktuellen Tabel-
lenstand. Das weiß natürlich auch
ein erfahrener Schiedsrichter wie
Manuel Gräfe. Er „begleitet“ das
Spiel und hält sich zurück, wo es
möglich ist. Dennoch muss er
Foto 5a
Werner (grünes Trikot) springt in seinen Gegenspieler hinein.
Der Moment, als das Spiel unterbrochen wird.
Hummels grätscht den Gladbacher Nordtveit um.
Der Blick auf die Szene ist für Schiedsrichter Gräfe frei.
Deutlich: Der Hoffenheimer Abraham tritt Werner gegen das Knie.
Foto 5b
Foto 5c
Foto 6a
Foto 6b