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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 1 / 2 0 1 4
um eine „Ablenkung“ des Torwarts
handelt es sich bei dem Einsatz
von Idrissou allemal. Aber in der
zweiten Szene sehen wir noch
deutlicher, dass die neue Formulie-
rung Sinn macht, auch weil sie das
Angriffsspiel fördert.
***
Im Spiel
Hertha BSC gegen Borus-
sia Mönchengladbach (9. Spiel-
tag)
passt der Berliner Peter Nie-
meyer den Ball aus zentraler Posi-
tion nach halbrechts in den Straf-
raum der Gladbacher
(
Foto 2a).
Während sein Mitspieler Skjelbred
sich dort im Abseits befindet,
läuft Hertha-Angreifer Allagui auf
Rechtsaußen aus einer Nicht-
Abseitsstellung Richtung Ball.
Skjelbred bewegt sich während-
dessen aus einer Abseitsstellung
langsam in Richtung Strafraum-
grenze. Dort will der Gladbacher
Arango an den Ball kommen. Er
schafft das auch, kann ihn aber
nur etwas ablenken
(
Foto 2b).
Die
entscheidende Frage in diesem
Moment: Ist Skjelbreds Abseitsstel-
lung strafbar? Die Antwort: Nein,
denn er befindet sich rund zwei
Meter von Arango entfernt und
macht keinerlei Anstalten, den
Gladbacher anzugreifen. Nach dem
alten Regel-Text hätte der eine
oder andere Schiedsrichter bezie-
hungsweise sein Assistent viel-
leicht eine „Ablenkung“ Arangos
durch Skjelbred diagnostiziert und
deshalb das Spiel unterbrochen.
Eine im normalen Spieltempo
sicher schwierig zu bewertende
Situation, die aber eine gute
Abgrenzung dafür vermittelt, wann
es sich noch nicht um eine Zwei-
kampf-Situation handelt. Dass das
daraus entstandene Tor nicht
anerkannt wurde, zeigt, dass auch
Schiedsrichter auf höchster Ebene
sich mit theoretischen Neuerun-
gen in der Praxis erst anfreunden
müssen. Oder anders ausgedrückt:
Die Praxis ist der beste Lehrmeis-
ter.
***
Knifflig war auch eine Situation am
11.
Spieltag
in der Begegnung
Borussia Dortmund gegen den
VfB Stuttgart:
Der Stuttgarter
Timo Werner läuft mit dem Ball am
Fuß in halblinker Angriffsposition
in den Dortmunder Strafraum.
Kevin Großkreutz bedrängt diesen
Spieler von hinten
(
Foto 3a),
setzt
dabei auch Körper und Arme ein.
Dabei gibt es einen leichten Schub-
ser mit dem rechten Arm in den
Rücken von Werner
(
Foto 3b).
Ein
Fuß- oder Beinkontakt ist in den
TV-Bildern nicht erkennbar.
Der Schiedsrichter entscheidet auf
Strafstoß, seine Hand zeigt schon
zum Elfmeterpunkt. Dann
bekommt er über das Headset Hin-
weise von seinen Assistenten, dass
aus ihrer Sicht ein Strafstoß nicht
berechtigt sei. Der Schiedsrichter
korrigiert seine Entscheidung und
setzt das Spiel mit einem Schieds-
richter-Ball fort. Das ist regelkon-
form, denn nach einem Irrtum des
Schiedsrichters kann es keine
andere Spielfortsetzung geben.
Nach dem Spiel erklärt er, in dieser
Situation zu schnell gepfiffen zu
haben.
Einerseits ehrt es den Schiedsrich-
ter, wenn er einen Irrtum einräumt
und ihn sogar auf dem Spielfeld
noch korrigieren kann. Wenn er
allerdings diese Korrektur auf Hin-
weise seiner Assistenten vor-
nimmt, darf es sich nur um einen
klar erkennbaren und unauslegba-
ren Irrtum des Schiedsrichters
handeln. Das war bei diesem Zwei-
kampf aber nicht der Fall, wozu
auch noch kam, dass der Schieds-
richter der fraglichen Situation,
die sich im linken Teil des Straf-
raums abspielte, deutlich näher
war als seine Team-Mitglieder. Der
Eindruck, dass die Assistenten per
Headset das Spiel leiten, darf nicht
entstehen.
***
Es gibt Fotos, da tut allein das
Anschauen schon weh. So mag es
dem Betrachter bei einem Blick auf
das
Foto 4
aus dem Spiel
Eintracht
Frankfurt gegen den VfL Wolfs-
burg (11.Spieltag)
gehen.
Da stoßen die beiden Wolfsburger
Naldo und Luiz Gustavo mit ihren
Niemeyer spielt den Ball in den Strafraum, Skjelbred steht im
Abseits. Allagui (ganz oben) nicht.
Arango fälscht den Ball auf der Strafraumlinie ab, wird aber
nicht von Skjelbred angegriffen.
Links im Strafraum kommt es zum Zweikampf zwischen Werner
und Großkreutz,…
…
der ein wenig mit dem rechten Ellenbogen schubst – elfme-
terreif?
Die Wolfsburger
Naldo (rechts)
und Luiz Gustavo
stoßen zusam-
men.
Foto 2a
Foto 2b
Foto 3a
Foto 3b
Foto 4