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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 5 / 2 0 1 3
Dienst (SID): „Er wurde in Siegen als
der 23. Mann kaum bemerkt – keine
Entscheidung wurde von den Spie-
lern oder Zuschauern moniert. Es
war ein gelungener Schlußstrich
unter eine großartige Karriere.“
Dass ihm Bundestrainer Helmut
Schön zu seiner Leistung gratulierte,
und er beim abendlichen Bankett
vom DFB-Präsidenten Dr. Hermann
Gösmann persönlich geehrt wurde,
unterstrich die Erfolge von Helmut
Fritz noch einmal.
***
Anfang August 1963 lud der DFB-
Schiedsrichter-Ausschuss die künf-
tigen Bundesliga-Schiedsrichter aus
dem Norden und dem Westen zu
einem regionalen Vorbereitungs-
Lehrgang nach Hannover ein. Mit
dabei:
Walter Zimmermann
aus
Wolfsburg und seine Linienrichter
Erwin Sturm aus Hannover und Wal-
ter Horstmann aus Hildesheim. Das
Trio bekam etwas später die Lei-
tung des Spiels Karlsruher SC
gegen den Meidericher SV (heute
MSV Duisburg) am ersten Bundes-
liga-Spieltag übertragen.
Linienrichter Walter Horstmann,
damals 27 Jahre alt, erlebte zum
ersten Mal die „hohen Herren vom
Ausschuss“ mit: „Man hatte vor dem
Chef Degenhard Wolf schon einen ge-
waltigen Respekt. Dass man ihn siezte,
war selbstverständlich.“ Das beruhte
allerdings auf Gegenseitigkeit.
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Unparteiische für die erste Saison
Basedow (Hamburg), Baumgärtel (Hagen), Bender (Ludwigshafen),
Betz (Regensburg), Bien (Ruppertsberg), Biwersi (Bliesransbach),
Buschorn (Wermelskirchen), Conrad (Saarbrücken), Deuschel (Lud-
wigshafen), Eisemann (Heidelberg), Epping (Castrop-Rauxel),
Fischer Augsburg), Freimuth (Bischofsheim), Fritz, Helmut (Oggers-
heim), Fritz, Oswald (Oggersheim), Fork (Massen), Gusenburger
(
Saarbrücken), Hager (Ludwigshafen), Handwerker (Ketsch), Hecke-
roth (Bad Homburg), Hennig (Duisburg), Hense (Oberhausen), Her-
den (Hamburg), Heumann (Ansbach), Hilker (Ahlen), Hoffmann
(
Rheinhausen), Horstmann (Hildesheim), Hubbuch (Forst), Jakobi
(
Sandhausen), Kandlbinder (Regensburg), Kolb (Ay/Iller), Kreitlein
(
Stuttgart), Leidag (Dortmund), Link (Kiel), Linn (Altendiez), Lutz
(
Bremen), Mailand (Bremen), Malka (Herten), Mathieu (Saar-
brücken), Maurus (München), Niemeyer (Bad Godesberg), Ohmsen
(
Hamburg), Ott (Rheinbrol), Picker (Hamburg), Pooch (Lübeck),
Radermacher (Siegburg), Regely (Berlin), Reil (Weiden), Riegg
(
Augsburg), Rodenhausen (Gießen), Schäfer (Buchholz), Schmid
(
Stuttgart), Schmidt (Hermesdorf), Schmitt (Kaiserslautern),
Schörnich (Düsseldorf), Schreiner (Wachenbuchen), Schulenburg
(
Hamburg), Seekamp (Bremen), Seiler (Schmiden), Senftleben
(
Berlin), Siebert (Mannheim) Siepe (Köln), Silva (Hagen), Sparing
(
Kassel), Spiewak (Hamburg), Spinnler (Mainz), Stippekohl (Berlin),
Sturm (Hannover), Thier (Gelsenkirchen), Treiber (Wurmlingen),
Treichel (Berlin), Tremel (Germersheim), Tschenscher (Mannheim),
Voß (Münster), Wagner (Welschbach), Wengenmayer (München),
Weyland (Oberhausen), Wieser (Köln), Zimmermann (Wolfsburg).
DFB-Liste 1963/1964
Historie
Apropos Linienrichter: 14 der 16
„
Assistenten“ des ersten Spieltags
leiteten später auch selbst Begeg-
nungen in der Bundesliga. Dazu
gehörte auch Walter Horstmann,
der zwischen 1965 und 1981 insge-
samt 143 Bundesligaspiele leitete
und auch mehrere Jahre auf der
FIFA-Liste stand.
Von Walter Zimmermanns Fähigkei-
ten auf dem Platz hat Horstmann
noch heute eine hohe Meinung: „Er
war ein wirklich erstklassiger
Schiedsrichter. Man hatte nie das
Gefühl, dass ihm ein Spiel aus der
Hand gleiten könnte.“ Das war auch
beim 4:1-Sieg der Meidericher in
Karlsruhe so, wobei sich der dama-
lige Linienrichter vor allem an den
Einmarsch ins Stadion erinnert:
„
Das war schon mit Gänsehaut ver-
bunden, in dieses volle Stadion hin-
einzukommen. Der legendäre Hel-
mut Rahn spielte ja auch mit.“ Der
Weltmeister von 1954 hatte sich
vom Meidericher SV unter Vertrag
nehmen lassen und war an diesem
Tag die Attraktion im Wildparksta-
dion, zumal er das Tor zum 3:0
schoss.
Walter Zimmermann, der das natür-
lich akribisch notierte, war seit 1947
Schiedsrichter – ausgestattet mit
einem großen Talent, das ihn schon
nach drei Jahren in die Oberliga
Nord führte und ihn bereits 1951 ein
Endrundenspiel um die Deutsche
Meisterschaft (Preußen Münster –
1.
FC Nürnberg 6:4) leiten ließ.
Ging der Aufstieg zu schnell? Hat er
den „frühen Ruhm“ nicht verkraf-
tet? Jedenfalls ist von heute aus
kein rechter Fortschritt in Zimmer-
manns Karriere zu erkennen. Im
Gegenteil: Zwischen 1955 und 1960
bekam er kein Endrundenspiel
mehr. Warum, werden wir kaum
noch erfahren. Fragen können wir
den inzwischen verstorbenen Wal-
ter Zimmermann ja nicht mehr.
Und auch seine Bundesliga-Zeit
stand unter keinem glücklichen
Stern: In der ersten Saison der
Bundesliga leitete der kaufmänni-
sche Angestellte des VW-Werks
zehn Spiele und gehörte damit zur
Spitzengruppe. Das setzte sich in
der nächsten Spielzeit zunächst
fort, als er an den ersten sechs
Spieltagen gleich viermal von
Degenhard Wolf für Bundesligaspiele
angesetzt wurde, was man durch-
aus als Auszeichnung verstehen
konnte.
Dann endete die Karriere des fast
44-
Jährigen abrupt, das 0:0 zwi-
schen Werder Bremen und dem HSV
am 26. September 1964 war sein
letztes Spiel. Die Folgen eines
Autounfalls setzten Zimmermann
für lange Zeit außer Gefecht. Walter
Horstmann nahm seinen Platz ein.
Wie aus einem Schreiben an den
DFB hervorgeht, versuchte Zimmer-
mann zwei Jahre später, seine Kar-
riere auf höchster Ebene fortzuset-
zen. Er wandte sich direkt an
Degenhard Wolf und teilte ihm mit,
dass er inzwischen soweit wieder
hergestellt wäre, dass er Spiele leiten
Johannes Malka zeigt dem Braunschweiger Walter Schmidt,
dass er sich vom Freistoßort zu entfernen hat.
Für einige Jahre war Walter
Zimmermann beim VfL
Wolfsburg als Schiedsrichter-
Betreuer tätig.