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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 5 / 2 0 1 3
rer einer Krankenkasse ging in den
wohlverdienten Ruhestand.“
Soweit Marco Haase über Gerhard
Schulenburg. Dass der sein Bundes-
liga-Premieren-Spiel FC Schalke 04
gegen den VfB Stuttgart souverän
leitete, ist bei dieser Schiedsrichter-
Vita kein Wunder. Aber auch „Schu-
le“ wird wie die anderen sieben
Unparteiischen an diesem
24.
August 1963 ein wenig Lampen-
fieber gehabt haben. Schließlich
begann auch für die DFB-Schieds-
richter an diesem Tag eine neue
Ära.
***
Und so wird es auch
Helmut Fritz
gegangen sein, als er mit seinen
Linienrichtern Josef Hager und Hel-
muth Conrad das Spielfeld im Sta-
dion an der Grünwalder Straße in
München betrat. Dort trug der TSV
München 1860 sein erstes Bundes-
liga-Heimspiel gegen Eintracht
Braunschweig aus – und nicht etwa
der FC Bayern. Der brauchte noch
zwei Jahre, um überhaupt den Auf-
stieg in die Bundesliga zu schaffen.
Das kann man sich 50 Jahre und 22
Meistertitel der Bayern später kaum
noch vorstellen.
Als Mitglied des FSV Oggersheim
trug Helmut Fritz den Namen seines
Geburtsortes in die Welt hinaus,
lange bevor ein langjähriger Bundes-
kanzler dies tat. In 18 Ländern leitete
Fritz Spiele, er brachte es auf 34
internationale Begegnungen. Seine
wichtigste Aufgabe war sicher das
WM-Qualifikationsspiel zwischen
der UdSSR und Wales. 86.015
Zuschauer waren im Lenin-Stadion
dabei, als Helmut Fritz im Mai 1965
das Spiel anpfiff. Die Sowjetunion
siegte mühsam 2:1 gegen die
damals sehr starken Waliser.
Das FIFA-Abzeichen für Helmut Fritz
schickte der Weltverband im März
1966
an den DFB. Er hatte die 1963
von der Schiedsrichter-Kommission
des Weltverbandes neu festgeleg-
ten Kriterien erfüllt: mindestens
zwei Jahre auf der FIFA-Liste zu
sein und mindestens zwei A-Länder-
spiele geleitet zu haben.
Dass die Mühlen damals langsamer
mahlten – was ja nicht unbedingt
schlecht gewesen sein muss – sieht
man auch daran, dass der DFB sich
zwei Monate Zeit ließ, bis er Helmut
Fritz darüber informierte. Allerdings
wurde das „Badge“ nicht einfach
zugesandt, sondern der „Kamerad
Dinger ist vom Schiedsrichter-Aus-
schuss beauftragt worden, Ihnen
das FIFA-Schiedsrichter-Abzeichen
bei nächster Gelegenheit zu über-
reichen“. Eugen Dinger war damals
der südwestdeutsche Obmann.
Heute erhalten alle Schiedsrichter,
die auf der internationalen Liste ste-
hen, ihr Abzeichen „bedingungslos“
zu Beginn des Kalenderjahres, ver-
sehen mit der jeweiligen Jahreszahl.
Helmut Fritz war Teil einer Schieds-
richter-Familie. Vater Karl hatte
bereits Spiele geleitet und war spä-
ter ein begnadeter Referent, dessen
Vorträge auf Lehrgängen der Spit-
zen-Schiedsrichter immer zu den
Höhepunkten gehörten. Der andert-
halb Jahre jüngere Bruder Oswald
brachte es zwischen 1963 und 1970
auf 36 Bundesligaspiele.
Das stets souveräne Auftreten von
Helmut Fritz hatte immer etwas
Vornehmes an sich. „Helmut war
ein Gentleman-Typ“, beschreibt ihn
heute Kurt Tschenscher, auch einer
der „ersten Acht“. Fritz, Abiturient
des Jahrgangs 1942, wusste sich
stets gut auszudrücken. Als er sich
im Herbst 1969 für eine Weile vom
Pfeifen abmelden musste, tat er das
in einem Brief an den DFB-Schieds-
richter-Ausschuss folgendermaßen:
Sehr geehrte Herren, nehmen Sie
bitte zur Kenntnis, daß der Fußball
für mich in den kommenden
Wochen tabu sein wird. Soeben
habe ich die Einberufung zu der
Herrn Schmidt schon avisierten Kur
erhalten. Am Bildschirm im Saale-
Sanatorium Bad Kissingen werde
ich mich auf dem Laufenden halten.
Ab 8. Januar 1970 stehe ich Ihnen
wieder gerne zur Verfügung, Ihr
Helmut Fritz.“
Mit 16 Jahren war er 1939 Schieds-
richter geworden, wurde mit 19 zur
Wehrmacht eingezogen und geriet
am Ende des Weltkriegs für drei
Jahre in französische Gefangen-
schaft. Zurückgekehrt in die Heimat
Oggersheim, pfiff er Ostern 1948
zum ersten Mal wieder ein Spiel.
Seitdem hab ich mehr als 700
Spiele in allen Klassen geleitet“,
notierte Helmut Fritz 1963 in einem
Fragebogen des DFB.
Als er am 11. Juli 1970 zum letzten
Mal ein Spiel abpfiff – das Finale um
die Deutsche Amateur-Meister-
schaft zwischen dem SC Jülich 10
und Eintracht Braunschweig (3:0)
war sein 1.067. Pflichtspiel-Einsatz –
schrieb der Sport-Informations-
WALTER ZIMMERMANN
Karlsruher SC –
Meidericher SV 1:4
Linienrichter:
Erwin Sturm (Hannover),
Walter Horstmann (Hildesheim)
Geboren: 13. 11. 1920
Gestorben:
Datum nicht zu ermitteln
Beruf:
Kaufmännischer Angestellter
Heimatort: Wolfsburg
Verein: VfL Wolfsburg
DM-Endrundenspiele: 6
Bundesligaspiele:
14 (1963 – 1965)
JOHANNES MALKA
Eintracht Frankfurt –
1.
FC Kaiserslautern 1:1
Linienrichter:
Wilfried Hilker (Ahlen),
Hans Voß (Münster)
Geboren: 16. 7. 1922
Beruf: Stadtkämmerer
Heimatort: Herten
Verein: Spvgg. Herten 07/12
DM-Endrundenspiele: 8
Bundesligaspiele:
51 (1963 - 1969)
Pokalfinale: 1964
(
TSV München 1860 –
Eintracht Frankfurt 2:0)
FIFA: 1959 - 1966
Gratulation nach dem Ab-
schiedsspiel: Bundestrainer
Helmut Schön (links) und
Helmut Fritz 1970.
Mai 1964: Walter Zimmermann beobachtet eine Abwehraktion
des Stuttgarters Klaus Sieloff.