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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 3
Titelthema
Am 24. August 1963 pfiffen acht Unparteiische die ersten Spiele einer neuen bundesweiten Liga an, die
Zum Jubiläum hat sich Lutz Lüttig 50 Jahre später auf Spurensuche begeben: Wer waren diese „ersten
Bundesliga-Schiedsrichter nennen durften?
Auftakt für eine neue S
Der Start am 24. August 1963: Preußen Münster gegen den Hamburger SV. Schiedsrichter Kurt Tschenscher mit seinen Linien-
richtern Rudolf Eisemann (links) und Heinz Siebert. Ganz links: Dieter Seeler (HSV), ganz rechts: Helmut Tybussek.
Kurt Tschenscher ist ein tem-
peramentvoller Erzähler mit
einem glänzenden Gedächtnis.
D
ie Hunde müssen hier aber
weg“, sagte Heinz Siebert zu
Kurt Tschenscher.
Der Linienrichter
hatte seinen Chef zu sich gewun-
ken, als der gerade das Bundesliga-
Spiel Preußen Münster gegen den
Hamburger SV anpfeifen wollte.
Siebert war gar nicht wohl in sei-
ner Haut. Die Zuschauer im aus-
verkauften Preußen-Stadion stan-
den bis einen Meter an den Spiel-
feldrand, zwischen ihnen Ordner
mit Schäferhunden. „Was meinst
du, was die Hunde machen, wenn
ich hier losrenne?“, habe Siebert
ihn damals gefragt, erzählt Kurt
Tschenscher.
Der FIFA-Schiedsrichter sorgte
dafür, dass die Hunde zurückgezo-
gen wurden und das Spiel begin-
nen konnte. „Die Zuschauer waren
bei aller Begeisterung für ihre
Mannschaft dennoch sehr diszipli-
niert“, erinnert sich Tschenscher
und lächelt: „Heute wäre das völlig
unvorstellbar.“
In der Vereinschronik des SC Preu-
ßen Münster heißt es über diesen
24.
August 1963: „Mit großer Begeis-
terung fieberte die ganze Region
auf den Start des neuen Profifuß-
balls hin. Und als am ersten Spiel-
tag der Hamburger SV mit Uwe
Seeler seine Visitenkarte abgab,
platzte das Stadion schon aus
allen Nähten. Exakte Zuschauer-
zahlen existieren nicht, sie gehen
von 30.000 bis 40.000 munter
durcheinander. Genau hätte
damals ohnehin niemand zählen
können: Zuschauer drängten sich
auf der Laufbahn, kletterten auf
Bäume und Zäune!“
Die Bundesliga hatte begonnen…
***
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Monate zuvor, am 28. Juli 1962,
beschloss der DFB-Bundestag im
Goldsaal der Dortmunder Westfa-
lenhalle mit 103 zu 26 Stimmen die
Einführung dieser neuen Spielklasse.
Endlich hatte auch die Bundesre-
publik eine landesweite Liga, wie
sie in anderen europäischen Län-
dern längst üblich war. Einer der
wichtigsten Befürworter war
Bundestrainer Sepp Herberger, der
sich von der Konzentration der 16
besten Mannschaften eine Hebung
des Spielniveaus und damit eine
Stärkung der Nationalmannschaft
erhoffte.
Kicker“-Chefredakteur Dr. Friede-
bert Becker schrieb damals: „Wir
glauben also an neue mächtige
Impulse, die nicht nur auf den