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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 3
Porträt
Bei ihren Bundesliga-Einsätzen werden die Schiedsrichter seit einem Jahr von Physiotherapeuten begleite
nalisierung des DFB-Schiedsrichter-Wesens. Dass es dabei um mehr als die bloße Massage vor dem Spiel g
Sabine Rohleder vor, die regelmäßig im Gladbacher Borussia-Park als Schiedsrichter-Physiotherapeutin im
Die starke Hand der Sc
B
ei Menschen, die einen körper-
lich fordernden Beruf ausüben,
hat der neutrale Beobachter
zumeist gewisse Erwartungen.
Sabine Rohleder schaut man
zuerst auf die Hände. Denn was für
den Spieler der Fuß und für den
Schiedsrichter die Pfeife ist, ist für
die Physiotherapeutin die Hand.
Ihr Arbeitswerkzeug. Damit löst sie
Verhärtungen, behandelt Verspan-
nungen und prüft, wo ein Schmerz
seinen Ursprung hat.
Die Hände von Sabine Rohleder
sind erfahren und verraten schon
beim bloßen Anblick, dass sie wis-
sen, was sie tun. Seit 2001 ist die
studierte Sportwissenschaftlerin
Physiotherapeutin, seit 2011 leitet
sie ihre eigene Praxis in Köln.
Krankengymnastik, manuelle The-
rapie, Massage – was im Alltag
eben so anfällt, wenn ein Patient
vom Orthopäden eine Therapie
verschrieben bekommt.
Doch Sabine Rohleder ist seit lan-
gem auch im Leistungssport zu
Hause: Ihrer Tätigkeit am Olympia-
stützpunkt Rheinland folgte ein
Engagement bei den Handball-
Damen von Bayer Leverkusen, seit
2008
unterstützt sie die Frauen-
fußball-Nationalmannschaft, seit
2010
begleitet sie DFB-Lehrgänge.
Im vergangenen Sommer kam
dann noch eine weitere Aufgabe
dazu, in der es Pionierarbeit zu leis-
ten galt: Sabine Rohleder betreut
die Schiedsrichter der Bundesliga.
Ihr Einsatzort ist eine der traditions-
reichsten Spielstätten des Oberhau-
ses. Borussia Mönchengladbach,
Hennes-Weisweiler-Allee 1. An einem
Freitagabend im Mai ist hier mäch-
tig Betrieb. Der FC Schalke 04 ist
zu Gast, es geht für beide Mann-
schaften noch um den Einzug ins
internationale Geschäft. Ausver-
kauftes Haus, Flutlichtspiel. Emotio-
nen und Kampf scheinen vorpro-
grammiert.
Als die Teams kurz vor 20.30 Uhr
den Rasen betreten, als die Zu-
schauer sich von ihren Sitzen erhe-
ben, als die Vorfreude weicht und
der allgemeine Adrenalinspiegel in
die Höhe schießt, hat Sabine Rohle-
der den größten Teil ihres Arbeits-
tages allerdings schon hinter sich.
Entspannt sitzt sie in einer der
ersten Reihen des Stadions und
freut sich auf das Spiel.
Zwei Stunden zuvor: Sabine Roh-
leder hat ihre Kölner Praxis hinter
sich gelassen und erreicht den
Borussia-Park. Als Kölnerin nach
Mönchengladbach, geht das über-
haupt? „Die Offiziellen und Ordner
kennen mich ja mittlerweile“, meint
die Physiotherapeutin schmun-
zelnd, „da gehören kleine Spitzen
und Späße natürlich dazu.“ Aber
auch auf der anderen Seite gibt es
Rivalität: Einige Patienten hätten
nach Bekanntwerden des Engage-
ments beim ungeliebten Nachbarn
sogar schon mal angedroht, der
Physiopraxis fernzubleiben. „So viel
Lokalpatriotismus hat dann letztlich
aber doch keiner an den Tag
gelegt.“
Schließlich geht es ja um die Sache,
außerdem behandelt Sabine Roh-
leder in Mönchengladbach Schieds-
richter aus ganz Deutschland.
Heute ist zum Beispiel ein Nieder-
sachse an der Reihe. Florian Meyer
(44),
einer der Erfahrensten und
Besten seiner Zunft, wird an diesem
Abend die Begegnung zwischen
Mönchengladbach und Schalke lei-
ten. Unterstützt wird er dabei von
seinen Assistenten Frank Willenborg
und Christoph Bornhorst, Vierter
Offizieller ist Christian Dingert.
In den Katakomben des Borussia-
Parks, geschmückt von gerahmten
Trikots ehemaliger Nachwuchsspie-
ler der Borussia, hat Sabine Rohle-
der ihr eigenes Reich. In der Mitte
des Raums steht eine Massagebank.
Handtücher und Eis werden bei
Bedarf vom Verein gestellt, die
Behandlungsutensilien packt sie
aus ihrem mitgebrachten Rucksack
aus.
Als die Schiedsrichter eintreffen,
wird sich herzlich begrüßt. „Am
Anfang musste man sich natürlich
ein bisschen aneinander gewöhnen –
es war ja zunächst einmal für alle
Beteiligten eine neue Situation“,
Wenn das Bundesliga-Spiel erstmal läuft, hat Physiotherapeutin Sabine Rohleder den größten Teil der