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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 3
Analyse
Regeln einheitlich auslegen
Die ersten beiden Szenen, die Lutz Michael Fröhlich und Lutz Lüttig bei ihrer Analyse des Bundes-
liga-Geschehens unter die Lupe nehmen, sind sich sehr ähnlich. Dass sie von den Schiedsrichtern
unterschiedlich bewertet wurden, warf Fragen auf.
S
chaut man sich einmal die Pro-
gramme der Fortbildungs-Lehr-
gänge für Schiedsrichter an, die
die 21 Landesverbände des DFB
Jahr für Jahr durchführen, steht
ein Thema fast immer obenan: Wie
schaffen wir es, dass die 17 Fuß-
ball-Regeln von allen Schiedsrich-
tern gleich ausgelegt und ange-
wendet werden?
Seien wir ehrlich und antworten
mit einer bekannten Redensart:
Der Weg ist das Ziel. Denn eine
völlig einheitliche Regelanwen-
dung in allen Spielklassen hinzube-
kommen, ist schlicht ausgeschlos-
sen. Die Gründe dafür sind nahelie-
gend: Zum Beispiel variiert das
Niveau der Spiele stark. Was am
Samstag in der Bundesliga an Kör-
pereinsatz „durchgeht“, muss am
Sonntag in der Bezirksliga gepfif-
fen werden. Vieles hängt von den
Fähigkeiten und der Fitness der
Spieler ab. Und vor allem sind die
Schiedsrichter keine Computer, die
man mit Fakten füttert, deren Aus-
wertung immer dasselbe Ergebnis
hat.
Am
29.
Spieltag
der abgelaufenen
Saison gab es dafür ein schönes
Beispiel, wie die
Fotos 1
und
2
zei-
gen.
Im Spiel
FC Schalke 04 gegen
Bayer 04 Leverkusen
gelangt der
Ball von einem Leverkusener Spie-
ler zurück in den eigenen Straf-
raum zum Schalker Pukki. Der
Angreifer hat kurz vor dem Tor-
raumeck nur noch den gegneri-
schen Torwart vor sich und den
Ball direkt vor seinen Füßen, als
der Leverkusener Toprak ihn durch
einen Fußangriff von hinten zu Fall
bringt
(
Foto 1)
.
Der Ball rollt zu
Bayer-Torwart Leno. Durch das Foul
verhindert der Leverkusener
Pukkis Torschuss, der im nächsten
Moment erfolgt wäre. Damit hat er
eine klare Torchance zunichtege-
macht.
Schiedsrichter Manuel Gräfe, der
von der Strafraumlinie aus einen
sehr guten Einblick auf die Szene
hat, entscheidet sofort auf Straf-
stoß. Ebenso prompt zieht er die
Rote Karte aus seiner Brusttasche
(
nicht jeder Schiedsrichter trägt
sie in der Gesäßtasche) und stellt
Toprak regelgerecht vom Platz. So
weit, so richtig.
Bei der Partie
FC Augsburg gegen
Eintracht Frankfurt
kommt der
Ball durch ein kurzes Zuspiel zum
Augsburger Verhaeg. Der Angreifer
hat am Torraumeck des Frankfur-
ter Strafraums nur noch den geg-
nerischen Torwart vor sich und
den Ball direkt vor seinen Füßen,
als der Frankfurter Inui ihn durch
ein Beinstellen von der Seite zu
Fall bringt
(
Foto 2)
.
Der Ball prallt
ins Aus. Durch das Foul verhindert
Die Parallelen sind unübersehbar: In beiden Situationen hätte im nächsten Moment ein Tor
erzielt werden können.
Foto 1
Foto 2