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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 3
Gespräch
Am Ende der kommenden Saison
steht die Weltmeisterschaft
bevor, bei der Wolfgang Stark
und Felix Brych zum Kandidaten-
Kreis der Schiedsrichter gehören.
Wer von den beiden hat derzeit
die besseren Chancen, in Brasi-
lien dabei zu sein?
Fandel:
Wolfgang Stark und Felix
Brych stehen derzeit auf einer
Stufe. Beide zählen zur Spitze in
Europa, obwohl sie eine völlig
unterschiedliche Art haben, Spiele
zu leiten. Die Nominierung des
WM-Schiedsrichters liegt aller-
dings nicht in meiner Hand, son-
dern in der von Massimo Busacca,
dem Vorsitzenden der FIFA-
Schiedsrichter-Kommission.
Sie dagegen sind verantwortlich
für die personellen Entscheidun-
gen in der Bundesliga. Welche
Veränderungen wird es zur kom-
menden Saison in diesem Bereich
geben?
Fandel:
In den vergangenen Jah-
ren wurde viel verändert, und wir
haben viele neue Schiedsrichter
in die höchsten Spielklassen
gebracht. So sind wir nun gut
beraten, mit den gleichen
Schiedsrichtern in die neue Sai-
son zu gehen. Das sorgt für Kon-
tinuität und gibt den jungen
Schiedsrichtern in der Bundesliga
die Möglichkeit, weitere Erfahrun-
gen zu sammeln. Außerdem ver-
meidet es eine unnötige Unruhe
innerhalb der Schiedsrichter-
Gruppe, die naturgemäß entsteht,
wenn man zu viele Personen
wechselt. Aber in den kommenden
drei bis vier Jahren werden neun
Schiedsrichter altersbedingt aus
der Bundesliga ausscheiden, das
heißt, wir müssen bereits jetzt
sehr genau planen, wer das
Potenzial mitbringt, diese frei
werdenden Plätze einzunehmen.
Und wie sieht es in der 2. Bundes-
liga aus?
Fandel:
Wir haben für die kom-
mende Saison zwei Schiedsrichter
getauscht: Florian Steuer
bekommt die Möglichkeit, über
die Assistenten-Schiene in der
Bundesliga dabei zu bleiben, weil
er an der Linie hohe Qualitäten
mitbringt. Marcel Unger ist noch
sehr jung, und wir glauben, dass
er in der 3. Liga neu durchstarten
kann, um dann mit guten Leistun-
gen den Wiederaufstieg zu schaf-
fen. Stattdessen kommen René
Rohde und Martin Thomsen neu
in die 2. Bundesliga. Beide sind
sehr talentiert und haben mit
hervorragenden Leistungen in der
3.
Liga auf sich aufmerksam
gemacht.
Im Amateur-Bereich war in der
abgelaufenen Saison vor allem
die Gewalt gegen Schiedsrichter
ein Thema, das in der tödlichen
Attacke gegen einen niederländi-
schen Schiedsrichter-Assistenten
seinen traurigen Höhepunkt
hatte. Hat dieser Zwischenfall die
am Fußball Beteiligten wach-
gerüttelt?
Fandel:
Allen Aktiven und
Zuschauern muss klar sein, dass
der Schiedsrichter ein Mensch ist,
der mitten im Fußball steht, und
der in hohem Maße dazu beiträgt,
dass andere Menschen dieses
wunderbare Spiel überhaupt
genießen können. Er ist kein Feind
des Fußballs, sondern er ermög-
licht diesen, das sollten alle
begreifen.
Die Gesamtzahl der Schiedsrich-
ter in Deutschland war auch in
den vergangenen zwölf Monaten
weiter rückläufig. Wer müsste
hier in welcher Form aktiv wer-
den, um diesem Trend entgegen-
zuwirken?
Fandel:
Wir alle, und damit meine
ich den gesamten Fußball, müssen
hier mithelfen. Im „Schaufenster
Bundesliga“ tragen wir eine hohe
Verantwortung, weil wir sehr
genau beobachtet werden. Alles,
was in der Bundesliga passiert,
hat unmittelbare Auswirkung auf
die Basis. Auf der anderen Seite
müssen wir zusammen mit den
Verbänden dafür sorgen, dass die
Schiedsrichter-Tätigkeit attraktiv
bleibt, um neue Unparteiische zu
gewinnen.
Wenn im Herbst der DFB-Bundes-
tag stattfindet, ist Ihre erste
Amtszeit abgeschlossen. Konnten
Sie bisher die Ziele umsetzen, die
Sie sich vorgenommen hatten?
Fandel:
Nach einer natürlichen
Anlaufzeit, die auch die Umstel-
lung vom internationalen Schieds-
richter zum Schiedsrichter-Chef
beinhaltete, fühle ich mich nun in
Die Unterscheidung zwischen absichtlichem und unabsichtlichem Handspiel bleibt weiterhin
eine Herausforderung für die Unparteiischen.
Wir sind gut beraten, mit den gleichen Schiedsrichtern in die
neue Saison zu gehen.“