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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 3 / 2 0 1 3
Analyse
dung, der mit dem Begriff „Absicht“
zu tun hat. Das Thema „Simulation“
beschäftigte die Schiedsrichter in
der Rückrunde bisher stärker als es
in der Vergangenheit der Fall war.
Nun ist das Vortäuschen von Fouls
ja keine Erfindung unserer Zeit,
allerdings ist die Verfeinerung die-
ser Unsportlichkeit weit fortge-
schritten. Was früher oft plump aus-
sah und deshalb ganz gut zu erken-
nen war, läuft heute viel geschickter
ab. Vielleicht hat es damit zu tun,
dass schon längere Zeit Jugendfuß-
baller bei ihren großen „Vorbildern“
abschauen können, wie man ein
Foul echt erscheinen lassen kann.
Inzwischen sind sie selbst im
Erwachsenenalter, beherrschen
diese Täuschungen fast perfekt und
sind vor allem im Profibereich nun
selbst das schlechte Vorbild.
So wie Andreas Hofmann, der sich
im Zweitligaspiel
VfR Aalen gegen
den FC St. Pauli (24. Spieltag)
in
der 41. Minute beim Stand von 0:0
im Strafraum von St. Pauli den Ball
parallel zur seitlichen Strafraumbe-
grenzung vorlegt. Sein Gegenspie-
ler Markus Thorandt läuft innerhalb
des Strafraums neben ihm, geht
aber erkennbar nicht in einen Zwei-
kampf mit Hofmann. Es kommt zu
keinem Kontakt zwischen diesen
Spielern.
Plötzlich drückt sich der Aalener
kurz vom Boden ab, um sich dann
neben Thorandt fallen zu lassen,
begleitet von einem dem „schweren
Foul“ entsprechenden Schmerzens-
schrei
(
Foto 6 vorige Seite)
.
Schieds-
richter Christian Leicher hat die
Simulation aber erkannt und zeigt
Hofmann die Gelbe Karte.
Das war ein klarer Fall von klassi-
scher „Schwalbe“. Von der spre-
chen wir immer dann, wenn ein
Spieler ohne jegliche Berührung
durch die Luft segelt, um ein Foul
vorzutäuschen.
***
Schwieriger wird es da schon, wenn
man es mit einem Ablauf wie am
20.
Spieltag
im Spiel
1.
FC Nürnberg
gegen Borussia Mönchengladbach
zu tun hat.
Der Nürnberger Mike Frantz läuft
parallel zum Tor durch den Gladba-
cher Strafraum. Sein Gegenspieler
Thorben Marx will zunächst mit
dem Fuß zum Ball. Als er merkt,
dass er das nicht schaffen wird,
zieht er seinen Fuß zurück und
stellt ihn auf den Boden
(
Foto 7a)
.
Frantz spielt den Ball an Marx vor-
bei. Dann macht er einen weiteren
Schritt, um schließlich mit dem lin-
ken Fuß in die Ferse des am Boden
befindlichen Fußes von Marx „ein-
zufädeln“
(
Foto 7b)
.
Der Nürnber-
ger beendet die Aktion mit einem
spektakulären Sturz
(
Foto 7c)
.
Der Kontakt ist hier nach der Bild-
analyse absichtlich durch den Nürn-
berger Spieler verursacht und
genutzt worden, um den Schieds-
richter zu einem Strafstoßpfiff zu
verleiten, was leider auch gelang.
Richtig wäre es gewesen, hier auf
indirekten Freistoß für Mönchen-
gladbach zu entscheiden und den
Nürnberger wegen seiner unsport-
lichen Simulation eines Fouls zu
verwarnen.
Auch wenn es sich wegen des Kon-
takts mit dem Gegenspieler nicht
um eine „reine Schwalbe“ handelt,
ist der Versuch, hier ein Vergehen
des Gegners vorzutäuschen, zu
offensichtlich. Diese Erkenntnis ist –
und das müssen wir immer wieder
betonen – das Ergebnis einer detail-
lierten Bild-Analyse.
Um solchen in hohem Maße
unsportlichen Spielern aber auch
schon während des Spiels auf die
Schliche zu kommen, muss ein
Schiedsrichter sich wieder und wie-
der derartige Bewegungsabläufe
als Videosequenz anschauen und
einprägen. Allerdings: Die Geschick-
lichkeit mancher Spieler im Vortäu-
schen von Fouls ist inzwischen so
ausgeprägt, dass die Simulation
manches Mal nicht mehr von einem
wirklichen Foul zu unterscheiden
ist. Die Gefahr für den Schiedsrich-
ter: Er sieht ein tatsächliches Foul
als Simulation an und lässt das
Spiel laufen oder bestraft gar den
vermeintlichen „Schauspieler“ mit
„
Gelb“.
Im folgenden Fall ist es sogar noch
schwieriger.
Foto 7a
Foto 7b
Foto 7c
Foto 8a
Während Frantz den Ball führt, setzt Marx seinen rechten Fuß
auf dem Boden auf.
Der Nürnberger fädelt mit links hinter dem Bein des Gladba-
chers ein…
…
und legt einen gekonnten Sturzflug hin (samt Schmerzens-
schrei).
Der Mainzer Parker will sich durch die Lücke spielen,…