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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 3 / 2 0 1 3
Ein Freistoß wird aus dem rechten
Mittelfeld hoch in den Freiburger
Strafraum geschlagen. Der Freibur-
ger Makiadi versucht, mit dem Kopf
den Ball zu erreichen, verfehlt ihn
aber. Dabei hat er, um das Gleichge-
wicht halten zu können, seine Arme
ausgebreitet. Sein hinter ihm ste-
hender Mitspieler Rosenthal köpft
den Ball nun Sekundenbruchteile
später aus kurzer Entfernung von
hinten an Makiadis rechten Arm
(
Foto 3)
.
Der Freiburger befindet
sich noch in der „Landephase“, wes-
halb seine erhobenen Arme zu
einem normalen Bewegungsablauf
gehören.
Der Schiedsrichter erkannte hier
allerdings auf strafbares Handspiel,
weil er in der Haltung der Arme eine
Mutwilligkeit zu erkennen meinte,
den Ball auf diese Weise abwehren
zu können. Aber: Während im ersten
Beispiel der Wolfsburger Vierinha
zumindest damit rechnen konnte,
dass Pospech den Ball nach innen
spielen würde, wusste Makiadi in
diesem Fall gar nicht, was hinter
ihm passieren würde. Aus den
genannten Gründen wäre es richtig
gewesen, hier nicht zu pfeifen.
***
Im Spiel des VfB Stuttgart gegen
den 1. FC Nürnberg am 23. Spieltag
gab es dagegen ein Beispiel für eine
unnatürliche Armhaltung, die zu
einem Strafstoß hätte führen müs-
sen: Der Nürnberger Alexander Ess-
wein dribbelt von links in den Straf-
raum und schießt dann aufs Tor
(
Foto 4a)
.
Abwehrspieler William
Kvist wirft sich in den Schuss – fast
schon in Torwart-Manier. Er wehrt
den Ball durch den weit vom Körper
weggestreckten linken Arm ab
(
Foto 4b)
.
Der Schiedsrichter entscheidet sich
blitzschnell und winkt ab: Kein straf-
bares Handspiel, meint er. Dabei
wäre es richtig gewesen, hier auf
Handspiel und somit Strafstoß zu
entscheiden, auch wenn dieser Vor-
gang in der normalen Geschwindig-
keit im Spiel schwierig einzuschät-
zen war. Der Schiedsrichter hatte
freie Sicht, er hat das Handspiel also
nicht übersehen, sondern einfach
falsch eingeschätzt.
***
Und auch am
25.
Spieltag
ging es in
der Partie
FSV Mainz 05 gegen
Bayer 04 Leverkusen
um eine kniff-
lige Handspiel-Situation.
80.
Minute, es steht 0:0. Im Leverku-
sener Strafraum schießt der Main-
zer Bo Svensson den am Strafstoß-
punkt aufspringenden Ball aus der
Luft auf das Tor der Leverkusener.
Manuel Friedrich geht, mit dem
rechten Bein voraus, gestreckt in
die Schusslinie des Balles
(
Foto 5a)
.
Dabei dreht sich der Spieler seitlich
ab. Der rechte Arm geht bei diesem
Einsatz zunächst leicht abgewinkelt
nach oben, bleibt aber im Bereich
vor dem Körper und dem Kopf. Der
Ball berührt zunächst Friedrichs
Bein und prallt – dadurch abge-
fälscht – an seinen rechten Arm, den
der Abwehrspieler aber nicht Rich-
tung Ball geführt hat
(
Foto 5b)
.
Eine Situation, in der im Normal-
tempo des Spiels ein Strafstoß mög-
lich erscheint. Allerdings wird diese
Entscheidung durch die detaillierte
Bildanalyse nicht gestützt. Daher
wäre es richtig gewesen, das Spiel
hier weiterlaufen zu lassen und
nicht auf Strafstoß zu entscheiden.
Denn es ist bei diesem Handspiel
einfach keine Absicht – auch keine
versteckte“ – von Manuel Friedrich
zu erkennen.
Dennoch sollte man versuchen her-
auszufinden, warum der sehr erfah-
rene Schiedsrichter hier auf Straf-
stoß entschieden hat. Dabei hilft
vielleicht ein Blick auf das
Foto 5c
:
So wie wir hier hat auch der Unpar-
teiische auf die Situation geschaut.
Allerdings nicht so lange, wie wir
das tun können, sondern nur für
einen Sekundenbruchteil. Und wenn
ihm nun aus dieser vertikalen Sicht
der Arm zu weit vom Körper ent-
fernt schien (man betrachte unter
diesem Aspekt auch nochmal das
Foto 5a
),
dann mag Verständnis auf-
kommen für seine Entscheidung.
Richtig war sie dennoch nicht.
***
Auch der zweite Schwerpunkt unse-
rer Analyse führt uns in einen Teil
der Regelauslegung und -anwen-
Foto 5a
Foto 5b
Foto 5c
Foto 6
Foto 4b
Von der Tribüne aus gesehen: Kvist stoppt den Ball mit der
linken Hand.
Svensson schießt aufs Tor, Friedrich springt dazwischen. Der
Ball prallt, abgefälscht von Friedrichs Bein,...
...
gegen dessen Arm.
Die Situation aus der
Sicht des Schieds-
richters.
Eindeutig: Der Aalener Hofmann verwandelt sich in eine
Schwalbe“.