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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 2 / 2 0 1 3
Schiedsrichter in den Verbänden befragt
Den Ursachen des Schiedsrichter-Rückgangs auf den Grund zu gehen –
das ist das Ziel einer Umfrage, die sich an alle Schiedsrichter im
Bayerischen Fußball-Verband (BFV) richtet. In einem von BFV-Präsident
Dr. Rainer Koch und Schiedsrichter-Obmann Rudolf Stark verschick-
ten Schreiben zum Jahreswechsel werden die Unparteiischen unter
anderem gefragt: „Habt ihr noch Spaß an der Schiedsrichter-Tätig-
keit? Worin liegen aktuell die größten Probleme für die Schiedsrich-
ter? Habt ihr Sorgen oder Ängste? Was sollte sich ändern?“ Zudem
werden die Schiedsrichter bei der Umfrage um Vorschläge gebeten,
wie man das Amt des Schiedsrichters attraktiver machen könnte.
Im Fußball-Verband Mittelrhein ist man bereits einen Schritt weiter:
Dort hat im Jahr 2012 eine Befragung stattgefunden, an der 1.059
aktive Schiedsrichter teilnahmen. Ziel der Untersuchung war es her-
auszufinden, wie man die Schiedsrichter langfristig an ihr Hobby bin-
den kann. Der Ergebnisbericht zu dieser Befragung ist im November
2012
erschienen. Am Ende zeigt dieser vier Handlungsfelder auf. Es
werden Anregungen gegeben, die zur langfristigen Motivation von
Schiedsrichtern hilfreich sein können:
Positive Erfahrungen teilen:
Den befragten Schiedsrichtern gefällt
viel am Schiedsrichter-Wesen. Die vielen positiven Erfahrungen soll-
ten in der Debatte noch stärker beleuchtet und konkret in die Lehrar-
beit einbezogen werden.
Aufstiegschancen transparent gestalten:
Die eigene Leistung
unter Beweis zu stellen, ist für viele Schiedsrichter von Bedeutung.
Diese wollen sie auch anerkannt bekommen. Daher sollten Aufstiegs-
chancen realistisch dargelegt werden, Kriterien für Klasseneinteilun-
gen vor allem offen kommuniziert werden. Auch älteren Schiedsrich-
tern sollte die Chance gegeben werden, bei entsprechender Leistung
weiterzukommen, und keine Gruppen sollten beim Aufstieg katego-
risch ausgeschlossen werden.
Wertschätzung fördern:
Die fehlende Wertschätzung wird von den
meisten Befragten als Störfaktor wahrgenommen. Da sich das Ver-
halten von Spielern und Zuschauern aber nur schwer ändern lässt,
sollten Schiedsrichter zumindest aus den eigenen Reihen mehr Wert-
schätzung erfahren. Als Maßnahme wird in dem Bericht zum Beispiel
das Feedback für Schiedsrichter in unteren Klassen genannt (zum
Beispiel durch Beobachtung), aber auch die Einführung von Vereins-
Schiedsrichter-Betreuern in unteren Ligen wird angeregt.
Betreuung sicherstellen:
Insbesondere neue Schiedsrichter müs-
sen betreut und die dafür notwendigen finanziellen Ressourcen zur
Verfügung gestellt werden. Daneben könnten Formate wie zum Bei-
spiel Reflexionsveranstaltungen, bei denen neue Schiedsrichter ihre
Erfahrungen bewerten und mit anderen Schiedsrichtern besprechen,
im Rahmen von regulären Weiterbildungen integriert werden.
Untersuchungen in Bayern und am Mittelrhein
Da haben sie dann das Gefühl: Ich
bin nicht allein!“
Feith weiß aber auch: „Bei im
Schnitt 40 neuen Schiedsrichtern
pro Lehrgang werden wir nie alle
Neulinge mit Paten versorgen
können.“ Der Jungschiedsrichter-
Beauftragte sieht aus diesem
Grund auch die Vereine in der
Pflicht. Von ihnen wünscht er sich
manchmal mehr Verständnis für
Anfänger: „Es kann doch keiner
erwarten, dass ein Schiedsrichter,
der gerade ein paar Wochen oder
auch ein paar Monate seinen
Schein hat, eine perfekte Partie
abliefert.“ Einige Vereinsvertreter
schienen aber gerade das zu tun.
Pascal Kaspar wurde das irgend-
wann zu viel. „Es ist und bleibt
ja ein Hobby, und eigentlich sollte
man sich auf seine Einsätze freuen.
Das war am Ende dann aber nicht
mehr der Fall.“
Fest steht: Ein Schiedsrichter
braucht ein dickes Fell, und ob er
das wirklich besitzt, zeigt sich
meist erst nach dem Lehrgang. In
Köln-Nippes ist der Anwärter-
Lehrgang inzwischen vorbei. Von
den 46 Teilnehmern haben 43 die
Prüfung geschafft und gehen
glücklich und als frischgebackene
Schiedsrichter nach Hause. Wie
viele davon auch in einem Jahr
noch dabei sind – Marco Feith will
sich nicht festlegen, hat aber
immerhin ein gutes Gefühl: „In
den vergangenen Jahren machen
wir immer mehr die Erfahrung,
dass sich die Schiedsrichter
untereinander helfen. Wer über
einen Freund neu zu dem Hobby
dazugekommen ist, hat damit
auch immer direkt einen
Ansprechpartner, wenn Probleme
auftauchen. Das hilft natürlich
schon gewaltig.“ Es gibt also
einen Lichtblick.
Pascal Kaspar hat ein Jahr
nach der Prüfung die Pfeife
wieder beiseitegelegt – und
ist damit kein Einzelfall.
Artur Warketin (links) und Julian Knobelspies arbeiten an
ihrer „Ermahnung“ - für ihre Einsätze kann das später nur
nützlich sein.
Auf dem roten Aschenplatz vor
dem Vereinsheim von Nippes 12
wird nächste Woche jedenfalls wie-
der Fußball gespielt, wie überall in
Köln. Dann heißt es auch für Julian,
Artur und Binnur: Raus auf den
Platz, sich dem Druck stellen und
Entscheidungen treffen. Schieds-
richter sein, eben.