13
S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 2 / 2 0 1 3
als auch „Rot“ als Persönliche
Strafe zu vertreten. „Natürlich hat
ein Schiedsrichter bei der Diszipli-
nar-Kontrolle Freiräume – aber es
gibt auch Grenzen. Und genau
diese Grenzen müssen wir
gemeinsam besprechen“, betonte
Fröhlich.
Herbert Fandel verlangt von den
Vierten Offiziellen in der Rückrunde
einen „sachlichen, moderaten und
professionellen Umgang“ mit den
Trainern. Da „ganz Fußball-Deutsch-
land“ die Bundesliga-Spiele verfol-
ge, müssten dort klare Verhal-
tens-Grenzen eingehalten werden:
Ein Trainer hat nicht das Recht,
sich vor einen Unparteiischen zu
stellen und diesen anzuschreien –
nicht mal bei einer Fehlentschei-
dung des Schiedsrichters.“
Ein Kriterium, um die Absicht
eines Handspiels zu erkennen, sei
die Bewertung, ob bei dem jeweili-
gen Spieler Spannung im Arm
erkennbar sei. „Wenn die Handflä-
che des Spielers nach oben geöff-
net ist, kann dies ein Indiz dafür
sein, dass bei dem Handspiel eine
Absicht vorliegt“, sagte Fandel.
Für den Umgang mit den Spielern
gab der Schiedsrichter-Chef sei-
nen Unparteiischen auf den Weg,
sich während des Spiels „nicht
emotionalisieren zu lassen“. Spie-
ler-Ansprachen müssten ruhig,
aber trotzdem mit entsprechen-
der Körperspannung erfolgen.
Zudem müsse man seine Gesten
bei einer Ermahnung variieren, da
diese sich „sonst abnutzen und
keine Wirkung mehr haben“.
***
Als Gastredner hatte die Schieds-
richter-Kommission Dr. Werner
Krutsch eingeladen. Er arbeitet
am medizinischen Zentrum der
FIFA in Regensburg und sprach
über die Verletzungs-Prävention
bei Fußball-Schiedsrichtern. Ein
Thema mit aktuellem Bezug: „Ob
an der Achillessehne oder den
Kreuzbändern – so viele Verlet-
zungen wie im vergangenen Jahr
gab es unter den Schiedsrichtern
selten“, sagte Fandel.
Grundlage für eine effektive Prä-
vention sind Kenntnisse über Ver-
letzungen und Risiken“, betonte
Krutsch. Eine Studie mit 923
Schiedsrichtern, von der Spitze bis
zur Basis, habe ergeben, dass rund
zwei Drittel aller Unparteiischen
im Laufe einer Saison körperliche
Beschwerden hätten. Diese fokus-
sieren sich vor allem auf Knie
(30 %),
Rücken (20 %), Fuß (18 %)
und Kopf (15 %).
Krutsch ging auf die unterschied-
lichen Verletzungs-Zeitpunkte bei
Spitzen-Schiedsrichtern (meist
während der Vorbereitungsphase)
und Schiedsrichtern an der Basis
(
meist während der zweiten Sai-
sonhälfte) ein und stellte das Auf-
wärmprogramm „11+“ vor, das zur
Verletzungsprävention eine Kombi-
nation von Übungen bietet, mit
denen man sich vor typischen Fuß-
ball-Verletzungen schützen kann.
Es ist wissenschaftlich bewiesen,
dass bei regelmäßiger Anwendung
die Zahl der Verletzungen mehr als
halbiert werden kann“, sagte der
Experte.
Bei Schiedsrichtern seien insbe-
sondere abrupte Richtungswech-
sel, schnelles Umdrehen sowie
plötzliches Abbremsen Spiel-
Situationen, die Verletzungen her-
vorrufen könnten. „Da davon meist
Sprunggelenk und Knie betroffen
sind, sollten verstärkt Balancie-
rungs-Übungen ins Aufwärm-Pro-
gramm eines Schiedsrichters ein-
gebaut werden“, rät Krutsch.
Damit könne die Propriozeption im
Gelenk – das ist das eigene Empfin-
den für die Gelenkstellung – ver-
bessert werden, sodass man selte-
ner „umknicke“.
Die Studie habe aber auch gezeigt,
dass für die allermeisten Schieds-
richter ein gründliches Aufwärm-
Programm für Spiel und Training
selbstverständlich sei. Darüber
hinaus seien Wille und Offenheit
für neue Präventions-Konzepte
vorhanden. Gute Voraussetzungen
also, damit die Bundesliga-
Schiedsrichter nicht nur regeltech-
nisch, sondern auch körperlich fit
die zweite Hälfte dieser Saison
bestreiten können.
Dr. Werner Krutsch vom medi-
zinischen Zentrum der FIFA in
Regensburg.
Bei einer Abendveran-
staltung in offiziellem
Rahmen überreichte
Herbert Fandel die
Medaillen an die inter-
nationalen Schiedsrich-
ter für ihre geleiteten
Länderspiele. Tobias
Welz (links) und Chris-
tian Dingert nahmen
erstmals das FIFA-
Emblem entgegen.
Mit einem ausgeklügelten Aufwärm-Programm lässt sich die
Zahl der Verletzungen reduzieren. Im Bild: Thorsten Kinhöfer
(
rechts) und Sascha Stegemann.