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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 1 / 2 0 1 3
aktiven Spieler und Schiedsrichter.
Das finde ich persönlich sehr scha-
de.
Futsal-Schiedsrichter sind ja quasi
Saisonarbeiter“. Wie gestalten Sie
die futsalfreie Zeit zwischen April
und Oktober?
Eichler:
Neben dem Futsal bin ich
auch noch als Schiedsrichter auf
dem Feld aktiv. Dann habe ich noch
einige Ehrenämter im Schiedsrich-
ter-Wesen, mit denen ich sehr
stark ausgelastet bin. Langweilig
wird es mir auch im Sommer nicht.
Kammerer:
Ich habe in den ver-
gangenen Jahren zwei Europameis-
terschaften bei den Herren und
eine bei den U 21-Junioren gepfif-
fen. Diese Turniere haben zwischen
zwölf und 17 Tagen gedauert. Das
heißt, dass ich auch viel Urlaub in
den Futsal investiert habe. Ich per-
sönlich pfeife nur noch Spiele in
der Halle und genieße die andere
Jahreshälfte mit den schönen Din-
gen des Lebens abseits des Fuß-
balls.
Was unterscheidet Ihrer Meinung
nach die Gruppe der Futsal-
Schiedsrichter von den anderen
Schiedsrichtern?
Eichler:
Viele sind Pioniere – die
einen größere, die anderen kleinere.
Jeder ist da reingewachsen. Und
wir sind auch diejenigen, die das
Thema vorantreiben. Wir bringen
uns aktiv ein, um die Sportart
Futsal weiterzubringen. Das eint
uns.
Kammerer:
Vor wenigen Jahren
hatten wir auch in der Schiedsrich-
ter-Gruppe auf DFB-Ebene manch-
mal noch Probleme mit den
Regeln. Heute ist der Regeltest
eher ein notwendiges Übel, das mit
einer vollkommenen Leichtigkeit
bewältigt wird. Die wirklichen Pio-
niere, da bin ich auch ganz selbst-
kritisch, sind aber die Futsal-
Schiedsrichter an der Basis, ob im
Saarland, in Baden, in Berlin oder
in Sachsen. Die halten ihren Kopf
hin und dienen als Multiplikatoren,
engagieren sich für die Sache und
für ihr Hobby.
Das ist auch kein leichtes Unter-
fangen, wenn man bedenkt, dass
Futsal von vielen belächelt wird...
Kammerer:
Belächelt werden –
damit habe ich ein Problem. Das
machen nur Leute, die keine fun-
dierten Informationen haben. Wer
sich mit Futsal beschäftigt, ver-
sucht das Thema einzuordnen, zu
bewerten und zu strukturieren.
Wenn ich anderen Menschen Futsal
erkläre, schätzen sie den Sport.
Deutschland ist keine Nation, in
der man jeder neuen Tendenz
gleich nachjagt – das ist auch beim
Futsal so. Es wird ein langer Pro-
zess, bis die Vorteile dieser moder-
nen Hallensportart allen bewusst
werden.
Eichler:
Die meisten Zweifler und
Nörgler haben ja meist noch kein
Futsal-Spiel gesehen. Es gibt viele
Vorurteile. Wenn man einmal
selbst beim Futsal dabei war, denkt
man ganz anders darüber.
Abschließend zu den erfreulichen
Dingen: Herr Eichler, Sie sind eine
UEFA-Kategorie aufgestiegen.
Eichler:
Ja, ich pfeife nun in der
zweiten von vier Klassen. In der
obersten Kategorie, der Elite
Group, gibt es 17 Schiedsrichter.
Um dorthin zu kommen, muss erst-
mal ein Platz frei werden. Und
dann gehört neben der entspre-
chenden Leistung natürlich auch
noch ein wenig Glück dazu, um
ganz nach oben zu kommen.
Höhepunkt des Spieljahres ist der DFB-Futsal-Cup – hier mit
Michael Ackermann, Torsten Günther und Stephan Kammerer
(
von links).
Auch beim Futsal sind Videoanalysen ein sehr wichtiger Teil der
Lehrarbeit.
Während in manchen Ländern, wie
zum Beispiel Russland oder Spa-
nien, eine Profiliga mit ganzjähri-
gem Spielbetrieb existiert, lohnt es
sich für Schiedsrichter in Deutsch-
land kaum, sich nur auf Futsal zu
konzentrieren. Fast alle Unpartei-
ischen sind den Rest des Jahres
weiterhin auf dem großen Feld im
Einsatz. „Es ist eigentlich gar nicht
so schlecht, beides nebeneinander
zu betreiben. Denn wenn ich mich
nicht permanent mit den Fußball-
regeln beschäftige, fehlen mir
auch Grundlagen für meine Futsal-
Einsätze“, sagt Stefan Weber.
Dass Futsal noch Entwicklungs-
potenzial hat, darüber ist man sich
unter den Experten einig. Das
Schiedsrichter-Wesen hat die Vor-
arbeit geleistet, jetzt zieht der
Spielbetrieb nach: Futsal soll ab
der nächsten Saison im Junioren-
Bereich in allen Hallen-Wettbewer-
ben gespielt werden. „Wenn Jugend-
liche regelmäßig Futsal spielen,
werden sie diese Variante auch
später im Herren-Bereich betrei-
ben“, glaubt Stefan Weber. Auch
für Lutz Wagner ist dies der rich-
tige Weg, der zu einer breiten
Akzeptanz von Futsal führen
werde.
Wenn man also so will, sind die
deutschen Futsal-Schiedsrichter
ihrer Zeit schon ein Stück voraus:
Zu viele Schiedsrichter – zu wenige
Spiele. Manch‘ Schiedsrichter-
Ansetzer im „normalen“ Fußball
würde sich eine solche Situation
auch mal wünschen.