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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 1 / 2 0 1 3
ballduell hochspringt, trifft er mit
dem leicht angewinkelten rechten
Arm Sebastian Kehl im Gesicht
(
Foto 14)
.
Der Schiedsrichter hat
freien Blick auf das Geschehen
und entscheidet sich schnell, wohl
zu schnell, lediglich die „Gelbe
Karte“ zu zeigen.
Klar ist: Die Folge des Schlags
(
Kehls Nasenbein wurde so
lädiert, dass er die nächsten
Spiele mit einer Schutzmaske
bestreiten musste) darf für die
Persönliche Strafe keine Rolle
spielen, sondern nur die Aktion
selbst. Die von allen am Fußball
Beteiligten akzeptierte Maßgabe
allerdings, gerade solche „Taten“
hart zu bestrafen, lässt der
Schiedsrichter hier außer Acht
und verpasst damit die Gelegen-
heit, ein Zeichen zu setzen.
CHAMPIONS LEAGUE
■
FC Schalke 04 – FC Arsenal
Nochmal ein Blick in die Cham-
pions League. Beim 2:2 der Schal-
ker gegen den FC Arsenal gibt es
eine interessante Abseitsszene
vor dem 1:0 des Teams aus Lon-
don. Stürmer Giroud steht in der
Spielfeldmitte im Abseits, als ein
langer Ball aus der Abwehr der
Londoner in die Angriffshälfte
geschlagen wird
(
Foto 15)
.
In die-
sem Moment beeinflusst Giroud
weder die Abwehrspieler, noch
greift er ins Spiel ein.
Als nun der Schalker Neustädter
den heranfliegenden Ball mit
dem Kopf nach hinten verlängert
(
Foto 16)
,
sprintet Giroud los
und erreicht den Ball auch. Und
die Fahne des Assistenten? Sie
bleibt unten, und zwar zu Recht.
Denn bei dem Kopfball des
Schalkers handelt es sich nicht
um ein Abprallen, sondern um
ein eindeutiges, wenn auch
verunglücktes, aber doch gewoll-
tes Spielen des Balles. Genau
diese bewusste Aktion erfordert
eine neue Bewertung der Abseits-
position des Arsenal-Spielers und
macht sie „straffrei“, sodass das
folgende Tor korrekt erzielt wor-
den ist. Der weit verbreitete Aus-
spruch: „Der Ball kommt doch
vom Gegner“ hat schon seine
Richtigkeit, allerdings muss der
„
Gegner“ den Ball dann bewusst
gespielt haben.
11.
SPIELTAG
■
Greuther Fürth – Borussia
Mönchengladbach
Ein außerordentlich kniffliges
Spiel für Peter Gagelmann und
sein Team. In den entscheidenden
Szenen des Spiels liegen die
Schiedsrichter aus Norddeutsch-
land richtig, auch wenn viele
mediale Beobachter ihren „Kun-
den“ eine andere Meinung zu ver-
mitteln versuchen.
Vor allem die Rote Karte in der
12.
Minute gegen den Fürther
Abwehrspieler Kleine wegen einer
„
Notbremse“ vereint die Bericht-
erstatter (und wohl auch alle
Fürther) in ihrer Auffassung, dass
der Schiedsrichter hier falsch ent-
schieden hat, weil noch ein ande-
rer Fürther Spieler hätte eingrei-
fen können. Ihre Meinung beruht
aber auf einem Irrtum, denn sie
verweisen als Beleg auf ein fal-
sches Bild
(
Foto 17)
.
Entscheidend für die Beurteilung,
ob eine eindeutige Torchance
zunichtegemacht wird, ist nämlich
nicht der Moment, in welchem der
Spieler zu Fall kommt, sondern der
Augenblick, in dem das Foulspiel
beginnt und so der Lauf und die
Position des Angreifers zum Ball
von seinem Gegenspieler irregulär
beeinflusst werden. Diesen
Moment muss der Schiedsrichter
für seine Beurteilung „fotografie-
ren“.
Foto 18
zeigt, dass der
Angreifer Herrmann hier noch
freie Bahn und deshalb eine ein-
deutige Torchance hat. Anders-
herum gesagt: Um sicher beurtei-
len zu können, ob eine eindeutige
Torchance – und damit die Voraus-
setzung für eine Rote Karte – vor-
liegt, muss man davon ausgehen,
dass der Angreifer seine Aktion
abschließen kann, ohne dabei
unfair behindert zu werden.
Kompliment also an Peter Gagel-
mann und seinen Assistenten
Sascha Thielert, die letztlich hier
eine korrekte Entscheidung tref-
fen, weil sie die Situation zum
richtigen Zeitpunkt „fotografiert“
haben.
■
Ein „langer Schlag“ nach vorn, der Angreifer steht im
Abseits,…
…
das durch den bewussten Kopfball des Schalkers aufgeho-
ben wird.
Der schnellere Angreifer hat eine klare Torchance, als die
unfaire Attacke beginnt.
Ohne das Foul hätte der zweite Abwehrspieler keine Chance
gehabt, noch einzugreifen.
Foto 15
Foto 16
Foto 18
Foto 17