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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 2
Besonderer Einsatz:
Eric Müller.
Stein setzen“
Lüttig und David Bittner am Rande des DFB-Pokal-
ion.
Denn nur wer fundiert im Leben
steht, ist in der Lage, eine Füh-
rungsaufgabe im Profifußball aus-
zuführen. Unausgereifte Persön-
lichkeiten an der Spitze einzuset-
zen, wäre für unseren Fußball nicht
gut.
Man hat den Eindruck, als ob die
Bedeutung der Assistenten und
der Vierten Offiziellen weiter
zunimmt. Sind Sie inzwischen
gleichberechtigte Partner des
Schiedsrichters?
Fandel:
Sie sind gleichberechtigt,
aber es gibt auch eine Hierarchie,
an der man nicht rütteln darf. Der
Alleinverantwortliche für die Spiel-
leitung ist und bleibt der Schieds-
richter. Diese Hierarchie darf man
auch nicht untergraben, indem
man immer mehr „Helfer“ ums
Feld herum stellt. Deshalb bin ich
auch nicht unbedingt ein Befür-
worter der zusätzlichen Schieds-
richter-Assistenten. Wir brauchen
eine Unterstützung der starken
Persönlichkeit des Haupt-Schieds-
richters, und zwar in Person von
zwei intelligent und kompetent
arbeitenden Assistenten. Dann
ergibt sich daraus von selbst ein
funktionierendes Team, in dem der
Schiedsrichter das Sagen hat, und
die Assistenten ihm helfen, die
richtige Entscheidung zu treffen.
Sie haben einmal gesagt, man
wolle mit der Schiedsrichter-
Arbeit in Deutschland eine euro-
paweite Vorbildfunktion errei-
chen. Nun sind Sie ja seit einem
Jahr auch Mitglied der UEFA-
Schiedsrichter-Kommission. Wel-
che Erfahrungen haben Sie dort
bisher gemacht?
Fandel:
Unsere Vorbildfunktion ist
aus meiner Sicht bereits gegeben.
Wir sind in der Spitze Europas mit
international erfahrenen Schieds-
richtern vertreten, haben eine
freundschaftliche und zugleich
verbindliche Zusammenarbeit mit
der DFL, und die Führung des
Schiedsrichter-Wesens liegt in den
Händen des DFB – es ist alles so,
wie es sein muss. Dass es in ande-
ren Ländern auch anders funktio-
niert, darf uns nicht darin beirren,
den für uns idealen Weg weiter zu
verfolgen. Dabei müssen wir her-
ausstellen, dass es eine vorbildli-
che Lösung ist, gemeinsam mit der
Liga die Schiedsrichter zu führen
und dennoch unabhängig zu blei-
ben, auch im Interesse der Vereine.
Die internationalen Ansetzungen
der deutschen Schiedsrichter in
der vergangenen Saison zeugen
schon von einem sehr hohen
Ansehen bei den zuständigen
Gremien von FIFA und UEFA. Man
denke nur an die Berufung von
Wolfgang Stark und seinem Team
zum Europa-League-Finale.
Fandel:
Diese Nominierung war
völlig verdient und – mit Verlaub
gesagt – eigentlich auch höchste
Zeit. Zuletzt hatte ein deutscher
Schiedsrichter 2007 ein europä-
isches Endspiel gepfiffen. Auch die
Nominierung von Felix Brych für
das großartige Halbfinale in der
Champions League zwischen Chel-
sea und Barcelona zeigt, dass in
den entscheidenden Momenten –
also dann, wenn die schwierigsten
Spiele kommen – auch die stärks-
ten Persönlichkeiten gefragt sind.
Unsere Philosophie wird damit aus
meiner Sicht unterstrichen.
Mit Felix Zwayer und Marco Fritz
sind zwei jüngere Schiedsrichter
Anfang 2012 auf die FIFA-Liste
gerückt. Was erwarten Sie sich
von den beiden?
Fandel:
Selbst wer sich nicht so
intensiv mit der Schiedsrichterei
beschäftigt, erkennt sehr schnell,
dass beide ausgezeichnete
Schiedsrichter sind. Dass sie in
ihrer Art, ein Spiel zu leiten, recht
Jedes Spiel wird mit
dem Coach intensiv
besprochen.“
Alleinverantwortlich ist
und bleibt der Schieds-
richter.“
Die Schnittstelle
muss sehr gut
funktionieren.“
unterschiedlich sind, zeigt zudem,
dass es keine Schablone gibt, an
die sich unsere Schiedsrichter
anpassen müssen. Sie sollen statt-
dessen mit ihren individuellen
Fähigkeiten und Kompetenzen zum
Erfolg kommen. Felix Zwayer ver-
körpert für mich das Moderne im
Schiedsrichter-Wesen. Auf der
anderen Seite haben wir mit Marco
Fritz einen Manager-Typen, der das
Spiel auf seine eher zurückhaltende
Art leitet und geräuschlos über die
Bühne bringt. Es ist schön zu
sehen, dass so unterschiedliche
Charaktere in die Schiedsrichter-
Spitze kommen können.
Nun findet der Fußball ja längst
nicht nur im Profibereich statt: In
diesem Sommer steht eine Spiel-
klassenreform unterhalb der
3.
Liga an. Welche Auswirkungen
hat diese Reform auf den
Schiedsrichter-Bereich? Und wel-
che Entscheidungs-Befugnisse
gibt die DFB-Schiedsrichter-Kom-
mission an die Regionalverbände
ab?
Fandel:
Die Schnittstelle zu den
Verbänden befindet sich künftig
schon unterhalb der 3. Liga. Das
heißt, die Liste der Regionalliga-
Schiedsrichter ist völlig autonom
und wird von den Landes- und
Regionalverbänden festgelegt.
Daraus folgt, dass die Aufsteiger
aus der Regionalliga in die 3. Liga
eng mit den Verbänden bespro-
chen werden. Um wirklich die
besten Schiedsrichter dorthin zu
bekommen, muss diese neue
Schnittstelle sehr gut funktionieren.
Zwischen welchen Spielklassen
werden die Junioren-Bundesligen
ab Sommer angesiedelt sein, und
welche Bedeutung haben diese
Ligen künftig für den Werdegang
eines jungen Schiedsrichters?
Fandel:
Sie bleiben unser Talente-
Becken, in dem junge Schiedsrich-
ter eingesetzt werden. Aber die
Qualifizierung muss über den
Seniorenfußball kommen. Wir wol-
len wissen: Wie leitet ein Schieds-
richter seine Spiele in der Regio-
nalliga? Das ist viel wichtiger als
die Leistungen in den Junioren-
Bundesligen. Daher würde ich
diese Junioren-Klassen weiterhin
unterhalb der Regionalligen ansie-
deln.
Während in den meisten Landes-
verbänden die neu ausgebildeten
Schiedsrichter stetig jünger wer-
den, klaffen im Bereich der 30-
bis 50-Jährigen immer größere
Lücken. Wie können die Schieds-
richter in dieser Altersklasse
künftig besser motiviert werden,
so dass sie der Schiedsrichterei
erhalten bleiben?
Fandel:
Natürlich verlieren
Schiedsrichter ab einem bestimm-