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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 2
Titelthema
900
Millionen bei Facebook
Insbesondere in den vergangenen zehn Jahren hat das
Internet als das moderne Medium schlechthin weltweit sei-
nen Siegeszug angetreten. Mehr als zwei Milliarden Men-
schen nutzen das weltweite Netz – Tendenz: massiv stei-
gend. Soziale Netzwerke haben von diesem Siegeszug pro-
fitiert – und ihn auch gefördert.
Sie sind virtuelle Gemeinschaften, die via Internet gepflegt
werden. Es gibt sie unter den verschiedensten Themen und
Fragestellungen: Business, Aus- und Fortbildung (zum Bei-
spiel Schüler- und Studenten-Netzwerke), Freizeit, Sport –
und eben auch Schiedsrichter. Die größte Online-Gemein-
schaft ist Facebook mit mehr als 900 Millionen Mitgliedern
überall auf der Welt in über 70 Sprachen. Das durchschnitt-
liche Facebook-Mitglied hat etwa 130 „Freunde“. Insgesamt
werden weltweit gut 125 Milliarden „Freundschafts-Bezie-
hungen“ gepflegt und täglich mehr als 300 Millionen Fotos
hochgeladen.
Die deutsche Facebook-Zentrale befindet sich in Hamburg.
Mit rund 23 Millionen Facebook-Nutzern liegt Deutschland
weltweit auf Platz 10 (Nr. 1 sind die USA mit 157 Millionen
Facebook-Usern). Soziale Netzwerke werden vor allem von
jüngeren Menschen genutzt; das Durchschnittsalter bei
Facebook liegt weltweit bei noch nicht einmal 30 Jahren.
Heruntergebrochen auf die Nachwuchs-Schiedsrichter im
Alter von 14 bis 25 Jahren kann man nach den bisher vor-
liegenden Gesamtzahlen und Studien davon ausgehen, dass
sich die überwiegende Mehrheit nicht nur im Internet, son-
dern auch in sozialen Netzwerken bewegt; dass die meisten
einen Facebook-Account besitzen (oft auch noch weitere in
anderen sozialen Netzwerken); und dass sie regelmäßig
über diesen Weg kommunizieren.
Und noch eine letzte bemerkenswerte Zahl: Wenn man
aktuelle Untersuchungen zur Nutzung von Medien durch
Jugendliche und Erwachsene in Deutschland auswertet,
kommt man zu dem Ergebnis, dass – je nach Wochentag –
jeder Mensch zwischen zweieinhalb und viereinhalb Stun-
den das Internet nutzt, und zwar täglich. Tendenz: steigend.
Fakten über soziale Netzwerke
Bernd Klingebiel ist seit 27 Jahren
Journalist und derzeit leitender
Sportredakteur im Ippen-Verlag,
der fünftgrößten Zeitungsgruppe
in Deutschland. Zum täglichen
Geschäft des 47-Jährigen gehört
die redaktionelle Pflege des Online-
Sportauftritts. Aus seiner jahrelan-
gen praktischen Erfahrung mit
Internet-Blogs und -Kommentaren
hat Klingebiel auch für Schieds-
richter wichtige Tipps rund um das
Auftreten und Verhalten im Netz.
SRZ: Internet und soziale Netz-
werke werden immer mehr zu den
Leitmedien, insbesondere der
jüngeren Generation. Wie sehen
Sie die Chancen und Risiken spe-
ziell für Fußball-Schiedsrichter?
Bernd Klingebiel:
Meines Erach-
tens kommen auch die Schieds-
richter an den neuen Medien und
den sozialen Netzwerken nicht
vorbei. Ohne Facebook, Twitter und
Co. geht es heute nicht mehr. Es
bieten sich vielfältige Chancen in
der Kommunikation, in der Aus-
und Fortbildung und auch in der
Werbung neuer Schiedsrichter.
Wenn ich mir das Netz anschaue,
wird hier bundesweit ja auch
schon eine Menge Positives
gemacht.
Es gibt leider auch Schattensei-
ten – Stichwort „Cybermobbing“.
Das ist leider richtig. Im Internet,
in Blogs, in Netzwerken fehlt die
Hemmschwelle, die wir haben,
wenn wir persönlich Auge in Auge
mit jemandem reden, diskutieren
oder streiten. Mimik, Gestik, Kör-
persprache, Betonung der Worte –
nahezu alle normalen Merkmale
der zwischenmenschlichen Kom-
munikation fehlen im Netz. Da
kann es Missverständnisse bei der
Kommunikation geben – wenn
etwas falsch rüberkommt. Außer-
dem ist in der vermeintlichen
Anonymität der Blogs auch schnell
mal ein hartes Wort aufgeschrie-
ben. Es gibt ja keine Instanz, die
mich, um im Bild zu bleiben, zurück-
pfeift.
Insbesondere Fußball-Schieds-
richter müssen im Netz manch-
mal unschöne Dinge über sich
lesen.
Wenn es um strittige Entscheidun-
gen geht, seien sie noch so richtig
oder auch falsch, dann fällt bei
In Netzwerken
fällt die Hemmschwelle“
Regel-Test online: Bibiana Steinhaus nutzt ihren FIFA-Account.
Natürlich sind auch Spieler wie Cacau vernetzt: Medien-Profis
ihrer Klubs beraten sie dabei.
solch unbedachter Text – und wenn
er noch so kurz ist – Beschwerden
oder sogar Proteste betroffener
Vereine gegen die Spielwertung
auslösen. Das hat es nämlich
schon gegeben.
Oberliga-Schiedsrichter Moritz
Borchardt aus Diepholz bringt
es mit einer altdeutschen Redens-
art auf den Punkt: „Immer
bedenken: Wer schreibt, der
bleibt!“