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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 2
Report
Fußball ist auch eine Sprache
Einmal im Ausland ein wichtiges Spiel zu pfeifen – davon träumen viele. David Bittner berichtet
darüber, wie Zweitliga-Schiedsrichterin Andrea Knauer in Mosambik ein Endspiel leitete.
W
ährend mancher Leser der
Schiedsrichter-Zeitung viel-
leicht erst einmal nachschlagen
muss, wo das Land Mosambik
liegt, weiß Andrea Knauer das ganz
genau – in Südost-Afrika. Denn die
Schiedsrichterin leitete in Maputo
das Frauen-Endspiel der Stadtmeis-
terschaft. Die Millionenstadt ist die
Hauptstadt Mosambiks, und dort
leistet der Deutsche Fußball-Bund
seit Jahren fußballerische Aufbau-
arbeit. Torsten Spittler heißt der
Mann, der als Technischer Direktor
des nationalen Verbandes ver-
sucht, Strukturen zu schaffen. Und
er war es auch, der den Kontakt
mit Schiedsrichterin Andrea Knauer
herstellte.
Da es in Mosambik keine offizielle
Frauenliga gibt, war das Spiel das
Highlight im Frauenfußball in
Maputo“, erzählt die 25-Jährige.
Die Schiedsrichterin aus Schwai-
germoos hielt sich im Rahmen
eines Privaturlaubs in Mosambik
auf. Der Kooperation zwischen
bayerischem und mosambikani-
schem Verband verdankt sie, dass
sie dieses Endspiel leiten durfte.
Morgens um 10 Uhr trafen wir uns
an der Rezeption des Hotels und
ich erfuhr die Einzelheiten zum
Spiel, und dass es bereits um 13
Uhr in der Mittagssonne losgehen
würde“, erzählt die Oberbayerin.
Nach einer landestypischen 45-
minütigen Verspätung ging es
dann zusammen mit einer Betreu-
erin in Richtung Stadion.“
Rund 45 Minuten vor der geplan-
ten Anstoßzeit kam Andrea Knauer
im Stadion an – für ihr persönli-
ches Verständnis eigentlich etwas
spät. „Für mosambikanische Ver-
hältnisse lagen wir allerdings sehr
gut in der Zeit, und ich lernte
meine beiden Assistentinnen Olinda
und Elisa sowie Angela, die Vierte
Offizielle, kennen.“ Und wie klappte
es mit der Verständigung? „Zu
unser aller Glück sprach Olga einige
Worte Englisch, und so konnte eine
Team-Absprache im weitesten
Sinne stattfinden“, erzählt die
deutsche Unparteiische. „Funkfah-
nen hatten meine Assistentinnen
zwar noch nie benutzt, die Funk-
tionsweise war aber auch ohne
Portugiesisch-Kenntnisse einfach
zu erklären.“
Und dann ging es für Andrea Knauer
und ihr Team auch schon sofort
los: Weil im Anschluss noch ein
Spiel der Männer stattfand, teilte
die Organisatorin des Turniers mit,
dass in fünf Minuten Anstoß sein
sollte. „Was die Kommunikation
mit den Assistentinnen betrifft, ist
zu sagen, dass diese auf dem
Spielfeld besser klappte als die
mündliche in der Kabine. Auch
wenn es ebenso unmöglich war,
mit den Spielerinnen auf dem Platz
ein Wort zu wechseln, so war es
super zu sehen, dass man auf der
Ebene des Fußballs doch die glei-
che Sprache spricht. So konnten
die Spielfortsetzungen, aber auch
Ermahnungen meinerseits sowie
Beschwerden der Spielerinnen
andererseits zweifelsfrei verstan-
den und geklärt werden.“
Trotz einer Temperatur von 45
Grad wurde es auf dem Platz nur
ein einziges Mal kurz hitzig: Eine
Spielerin der unterlegenen Mann-
schaft verhinderte eine klare Tor-
chance, was einen Platzverweis
und das 6:0 für die Mannschaft
namens „Matola Servitrade“ nach
sich zog. „Während des Spiels
hatte ich, mal abgesehen von den
Temperaturen, eigentlich verges-
sen, wo ich war. Da zählte nur das
Spiel.“
So wie es eben überall auf der Welt
ist. Dass die Schiedsrichterinnen
den einzigen Raum mit Wasseran-
schluss benutzen durften, zählte
dann eher zu den Ungewöhnlich-
keiten, die Andrea Knauer mit
einem Augenzwinkern erzählt:
Das Spiel, das ganze Drum und
Dran – das war einfach ein tolles
Erlebnis!“
Am Abend lief im mosambikani-
schen Fernsehen dann auch noch
ein Bericht über dieses Finale –
ein Beleg für die Bedeutung des
Spiels, das die junge Schiedsrich-
terin aus Bayern 8.500 Kilometer
von zu Hause entfernt leiten durfte.
Mit ihren Assistentinnen
führte Andrea Knauer die
Mannschaften auf das Spiel-
feld in Maputo. Über das
Finale wurde im Fernsehen
und in der Presse ausführlich
berichtet.