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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 2
Das macht er im Spiel gegen den
SC Paderborn dann auch. Mit dem
linken Fuß lupft er die Kugel hoch
(
Foto 9a)
und köpft sie dann zu Tor-
wart Lukas Kruse
(
Foto 9b)
.
Der
nimmt den Ball mit der Hand auf –
und hört kurz darauf den Pfiff von
Christian Bandurski. Der Schieds-
richter hat sicher nicht nur einen
guten Lehrwart, sondern ist selbst
sehr fit in der Theorie: Ein Spieler
wird verwarnt, heißt es nämlich in
Regel 12 („Verbotenes Spiel und
unsportliches Betragen“), wenn er
„…
bei einem Rückpass zum eigenen
Torhüter den Ball absichtlich auf
unkonventionelle Art mit dem Kopf,
der Brust oder dem Knie spielt, um
die Rückpassregel zu umgehen“.
(
Es wäre übrigens angebracht, in
diesem offiziellen FIFA-Regeltext
den Begriff „Rückpass“ durch das
Wort „Zuspiel“ zu ersetzen.)
So haarklein kennt Daniel Brück-
ner die Regeln offensichtlich
nicht, so dass er völlig verblüfft
ist, als er die Gelbe Karte gezeigt
bekommt. Auch die korrekte Spiel-
fortsetzung wendet Christian Ban-
durski an, indem er auf indirekten
Freistoß an der Stelle entscheidet,
an der Brückner den Ball hochge-
lupft hat.
Es sei hier noch erwähnt, dass der
indirekte Freistoß und die Verwar-
nung auch notwendig sind, wenn
der Torwart den Ball bei einer sol-
chen Aktion seines Mitspielers
nicht
in die Hand nimmt: „Die Aktion wird
als Vergehen geahndet, weil der
Spieler damit Sinn und Geist der
Regel 12 untergräbt.“ Und das ist
nicht nur reine Theorie…
Real Madrid – FC Bayern
München
An dieser Stelle sei ein kleiner Aus-
flug in die Champions League
gestattet, womit wir dann auch
gleich wieder beim Handspiel sind.
Im Halbfinal-Rückspiel gerät der
FC Bayern früh in Rückstand, weil
Schiedsrichter Kassai einen Straf-
stoß wegen absichtlichen Hand-
spiels verhängt.
David Alaba läuft parallel zum Tor
durch den Strafraum auf den Real-
Spieler Angel Di Maria zu, der von
halbrechts gefährlich aufs Tor
schießen kann. Dabei rutscht er in
dem Moment, als Di Maria schießt,
mit dem linken Fuß nach innen weg
(
Foto 10a)
.
Eine halbe Sekunde spä-
ter prallt der scharf geschossene
Ball aus nicht einmal drei Metern
Entfernung an Alabas Unterarm
(
Foto 10b)
.
Allerdings hat der Bayern-Spieler
weder seinen Arm abgespreizt,
noch ist er mit der Hand zum Ball
gegangen. Er hat lediglich das
gemacht, was die „Natur“ ihm
abverlangt, wenn er nach rechts
wegrutscht – er versucht den Sturz
abzumildern, indem er sich mit
dem linken Arm abstützt. Eine
natürliche, automatische Bewe-
gung, die jeder nachvollziehen
kann, dem so ein Ausrutscher
schon mal auf dem Fußballplatz
oder auch im alltäglichen Leben
passiert ist.
Also eine äußerst zweifelhafte Ent-
scheidung, die vom Assistenten 2
oder vom Torrichter gefällt worden
sein dürfte, denn Viktor Kassai kann
aus seiner Position das Handspiel
sicher nicht erkennen. Dass Alaba
dafür auch noch „Gelb“ sieht, ist
besonders bitter für ihn, weil er
deswegen für das Champions-
League-Finale gesperrt ist. Aus
der Sicht des Schiedsrichters ist
die Karte allerdings konsequent.
Denn er muss jedes Handspiel, das
nach seiner Ansicht absichtlich ist,
dann als unsportlich und damit
gelbwürdig werten, wenn dadurch
ein gefährlicher Schuss auf das Tor
abgewehrt wird.
33.
SPIELTAG
Schalke 04 – Hertha BSC Berlin
Immer wieder einmal muss man
sich fragen, was in den Köpfen von
Spielern in bestimmten Momenten
vorgeht. In der 56. Minute führt
Schalke 04 zwar nur mit 1:0, ist
aber haushoch überlegen. Knapp
in der Hälfte der Schalker ist der
Berliner Ben-Hatira nahe der Sei-
tenline am Ball. Da kommt Jermaine
Jones mit hohem Tempo, großer
Vehemenz und einem schwer steu-
erbaren Sprung „herangeflogen“
und grätscht seinen Gegenspieler
um
(
Foto 11)
.
Keine Frage, dass er
dabei eine schwere Verletzung
Ben-Hatiras in Kauf nimmt.
Foto 9a
Geschickt lupft der Paderborner Brückner den Ball hoch …
und köpft ihn dann zu seinem Torwart. Verboten!
Als Di Maria schießt, rutscht Alaba mit dem linken Bein weg …
und bekommt den Ball Sekundenbruchteile später an den Arm.
Foto 9b
Foto 10a
Foto 10b
Analyse