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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 2
Regel-Test Antworten
So werden die auf Seite 15 beschriebenen Situationen richtig gelöst.
Situation 1
Nein.
Situation 2
Nein. Der Pfiff ist beim Schiedsrich-
ter-Ball nicht nötig, da hier die Ein-
willigung zur Spielfortsetzung durch
den Schiedsrichter offensichtlich ist.
Situation 3
Indirekter Freistoß auf der Torraum-
linie und Feldverweis mittels Roter
Karte. In diesem Fall ist es egal, ob
es sich um einen bereits ausge-
wechselten oder einen noch einzu-
wechselnden Spieler handelt. Spiel-
fortsetzung ist immer ein indirekter
Freistoß. „Rot“ deshalb, weil er mit
einem Vergehen nach Regel 12 das
Tor verhindert. Stoppt er den Ball
mit dem Körper oder einem Fuß,
gibt es nur eine Verwarnung (siehe
auch Text „Analyse“, Spieltag 33).
Situation 4
Rote Karte, Meldung im Spielbericht.
Situation 5
Eckstoß.
Situation 6
Nein. Es ist ausschließlich dem
Schiedsrichter vorbehalten, Spielern
das Betreten des Spielfelds zu
gestatten.
Situation 7
Fahnenzeichen; Hinweis an den
Schiedsrichter, dass der Pfiff nach
der eigenmächtigen Spielfortset-
zung durch den ausführenden Spie-
ler erfolgt ist. Der Zeitpunkt der
Spielfortsetzung war nicht regelkon-
form, da sie ohne Zustimmung des
Schiedsrichters erfolgte. Der
Eckstoß muss wiederholt werden.
Situation 8
Nein. Der Gewinner der Seitenwahl
darf lediglich die Spielfeldhälfte
wählen. Den Anstoß hat immer der
„
Verlierer“ der Seitenwahl.
Situation 9
Hierbei handelt es sich um ein Wurf-
vergehen eines spielberechtigten
Spielers. Deshalb ist der direkte Frei-
stoß am Ort, wo der Spieler getrof-
fen wurde, zu verhängen. Der
„
Täter“ ist mit „Rot“ des Feldes zu
verweisen. Ob er trifft oder nicht, ist
übrigens zweitrangig, denn auch ein
durchgeführter Versuch ist strafbar.
Zweitrangig ist auch, dass hier ein
zweiter Ball auf das Spielfeld
gelangte, da immer das schwerere
Vergehen ausschlaggebend ist.
Situation 10
Beliebig viele. Eine Begrenzung der
Schritte des Torwarts, wie es früher
üblich war, sieht das Regelwerk
nicht mehr vor.
Situation 11
Ja. Vor einigen Jahren wurde die
Regel 13 dahingehend geändert,
dass der Ball nicht mehr den Weg
seines Umfangs zurücklegen, son-
dern nur berührt werden muss und
sich dabei zwangsläufig auch
bewegt. Damit ist der Ball regelge-
recht im Spiel.
Situation 12
Der Schiedsrichter verwarnt den
Spieler wegen unsportlichen Verhal-
tens und entscheidet auf indirekten
Freistoß für die gegnerische Mann-
schaft am Ort des Vergehens.
Situation 13
Der Schiedsrichter verweist den
Gegenspieler wegen Schlagens des
Feldes und verwarnt den Auswech-
selspieler, weil er das Spielfeld uner-
laubt betreten hat. Das Spiel wird
mit einem indirekten Freistoß an der
Stelle fortgesetzt, an der sich der
Ball bei der Unterbrechung befand.
Bei zwei Vergehen zweier verschie-
dener Parteien zählt für die Spiel-
fortsetzung immer das erste.
Situation 14
Der Schiedsrichter entscheidet auf
indirekten Freistoß wegen Abseits.
Jede Berührung des Balles durch
einen Angreifer eröffnet eine neue
Abseitsbewertung.
Situation 15
Der Schiedsrichter verwarnt den
Spieler und setzt das Spiel mit
einem indirekten Freistoß auf der
Torraumlinie fort. Es liegt zwar das
Vereiteln einer offensichtlichen Tor-
chance durch ein Vergehen vor, das
mit Freistoß oder Strafstoß zu ahn-
den ist. Dennoch wird der Spieler
nicht des Feldes verwiesen, weil das
Wegköpfen des Balles kein strafba-
res Vergehen nach Regel 12 darstellt.
Schrittfehler des Torwarts?
„
Gelb/Rot“ fürs Trikotausziehen
Eine Gelb/Rote Karte für das Ausziehen eines Trikots hat in diversen Inter-
netforen für große Diskussionen gesorgt.
Was war passiert? Im Spiel der höchsten ukrainischen Liga zwischen Kar-
paty Lwiw und Dnipro Dnipropetrovsk wurde der Gästespieler Samuel
Inkoom, ein Nationalspieler aus Ghana, ausgewechselt. Obwohl seine Mann-
schaft zu diesem Zeitpunkt bereits führte, verzögerte er nicht, wie oft in
solchen Fällen üblich, den Auswechselvorgang, sondern lief in Richtung
Seitenlinie. Auf dem Weg dorthin zog er sich im Laufen das Trikot aus.
Kurz bevor er die Seitenlinie erreichte, ertönte ein Pfiff des Schiedsrich-
ters, und Inkoom blieb erstaunt stehen. Noch erstaunter war er, als der
Schiedsrichter zu ihm lief und ihm die Gelb/Rote Karte zeigte. Weil er wäh-
rend des Spiels bereits „Gelb“ gesehen hatte, wurde er jetzt wegen des
laut Schiedsrichter unerlaubten Trikotausziehens des Feldes verwiesen.
Inkoom verstand in diesem Moment die Welt nicht mehr, denn von dieser
Regel hatte er noch nichts gehört.
Liegt hier also mal wieder ein Fall vor, in dem ein Spieler für seine man-
gelnde Regelkenntnis „büßen“ muss? Oder wurde hier eine Anweisung in
den Fußballregeln falsch vom Schiedsrichter interpretiert?
Wir versuchen also, mit dem Regelwerk der Sache auf den Grund zu gehen.
In Regel 12 („Verbotenes Spiel und unsportliches Betragen“) ist genau fest-
gelegt, in welchem Fall ein Spieler zwingend verwarnt werden muss. Im
eigentlichen Regeltext selbst ist der Fall „Trikotausziehen“ nicht vermerkt.
Zusätzlich zu diesem Text gibt es ja noch die „Auslegung der Spielregeln
und Richtlinien der FIFA für Schiedsrichter“. Und hier werden wir fündig.
Unter „Torjubel“ steht dort, dass es dem Spieler nach einem Treffer erlaubt
sei, seiner Freude Ausdruck zu verleihen, aber die Schiedsrichter angewie-
sen sind, Zeitverzögerungen beim Torjubel zu unterbinden. Deshalb ist ein
Spieler zu verwarnen, wenn er sein Hemd auszieht oder es über den Kopf
stülpt.
Diese Anweisung ist ziemlich eindeutig. Allerdings trifft sie auf unseren Fall
nicht zu, weil sie sich explizit auf den „Torjubel“ bezieht. Die Gelb/Rote
Karte mit dem Trikotausziehen zu begründen, ist also definitiv falsch.
Bleibt ein Spieler allerdings während des Auswechselvorgangs stehen, um
sich noch auf dem Spielfeld das Trikot auszuziehen, verzögert er die
Wiederaufnahme des Spiels, weil sich ja dadurch der Vorgang verlängert.
Und dieses Delikt ist wiederum in Regel 12 als verwarnungspflichtiges Ver-
gehen aufgeführt. Wenn der Schiedsrichter also dieses Stehenbleiben als
Spielverzögerung wertet, ist eine Gelbe Karte Pflicht.
Weil in unserem Fall aber Samuel Inkoom das Spiel nicht verzögert, ist er
zu Unrecht des Feldes verwiesen worden. Trotzdem tun Spieler gut daran,
wenn sie sich das Trikot erst nach dem erfolgten Wechsel ausziehen.
Stefan Weber
Der besondere Fall