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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 2
chkeit
iligten. Was vielen aber auf
en scheinen. Der Lehrbrief
regelwidrige Verhalten.
Gegen alles und jedes beim Schiedsrichter protestieren: Vie-
len Spielern ist das Unsportliche dieses Verhaltens gar nicht
mehr bewusst.
Gelb“ bekommt auch, wer übertrieben jubelt, indem er sein
Trikot auszieht. Laut Regelwerk ist das unsportlich – ohne
Ermessenspielraum.
cherweise Fehler begeht, mit
denen er die eine oder andere
Mannschaft benachteiligt. Kommt
es zu Beleidigungen gegen andere
Spieler oder sogar gegen das
Schiedsrichter-Team, so hat der
Unparteiische sofort die Rote
Karte zu ziehen und den fehlbaren
Spieler des Feldes zu verweisen,
um damit deutlich zu zeigen, dass
er dieses auf keinen Fall duldet.
Die Mitglieder des 1886 in England
gegründeten International Board
(
IFAB), zuständig für Regeländerun-
gen im Fußball, erkannten schon
sehr früh, dass jedes unsportliche
Verhalten den Ablauf eines Spiels
und die Idee des Fair Play erheblich
stört. Sie ordneten deshalb solche
Vergehen in den Jahren 1904 bis
1913
als strafbare Handlung ein und
sahen dafür neben dem indirekten
Freistoß als Spielstrafe zugleich
eine Persönliche Strafe vor. Bei der
Bewertung, ob das Verhalten eines
Spielers als unsportlich anzusehen
ist, räumten sie dem Unpartei-
ischen in Regel 5 aber einen Ermes-
sensspielraum ein, so dass es allein
in seiner Entscheidungs-Kompe-
tenz liegt, ob er eine Ermahnung,
eine Verwarnung oder bei groben
Unsportlichkeiten den Feldverweis
ausspricht.
Im konkreten Geschehen auf dem
grünen Rasen wird die Notwendig-
keit eines solchen Ermessensspiel-
raums deutlich. Zwar schreibt die
FIFA in ihren Auslegungen der
Spielregeln unter der Überschrift
Verzögerung der Spielfortset-
zung“, dass der Unparteiische
einen Spieler zu verwarnen hat,
wenn der Spieler „…nach einer
Spielunterbrechung durch den
Schiedsrichter den Ball weg-
spielt…“ Aber selbst wenn diese Art
der Zeitverzögerung eindeutig
wahrnehmbar ist, so wird sie häu-
fig unterschiedlich auslegbar sein.
Es ist im Grundsatz gleich, ob ein
Ball in dieser Situation leicht mit
dem Fuß angetippt wird und dann
einen Meter rollt oder ob er
aggressiv mehrere Meter in Rich-
tung Zuschauer weggeschossen
wird. In beiden Fällen handelt es
sich um ein „Wegspielen des Bal-
les“. Doch während beim ersten
Beispiel nach dem Ermessen des
Schiedsrichters noch eine Ermah-
nung ausreichen kann, wird im
zweiten Fall sicher eine Gelbe Karte
zwingend notwendig sein, denn da
wird der weitere Spielablauf deut-
lich sichtbar gestört.
Im „Schiedsrichter-Handbuch“
spricht Günter Linn einen Fall an,
bei dem ein Spieler innerhalb kur-
zer Zeit mehrere Regelwidrigkeiten
begeht, die für sich allein nicht
schwerwiegend sind, die aber den
Spielfluss eindeutig stören, weil das
Spiel jedes Mal unterbrochen wer-
den muss. Auch hier kann der
Schiedsrichter unter Beachtung des
Spielcharakters den fehlbaren Spie-
ler zunächst eindringlich ermah-
nen, um ihn dann im Wiederho-
lungsfall zu verwarnen. Deutlich
wird im Text des ehemaligen FIFA-
Referees, dass eine Ermahnung der
Vorbeugung dient, jedoch niemals
als „weicher“ Ersatz für eine Per-
sönliche Strafe gelten darf!
Im Lehrbrief 43 weisen die Verfas-
ser darauf hin, dass solche Beispiele
an den Lehrabenden der rund 500
Schiedsrichter-Gruppen in Deutsch-
land bearbeitet und diskutiert wer-
den müssen. Dabei gliedern sie die
Unsportlichkeiten in Vergehen
gegen Spieler der gegnerischen
Mannschaft, gegen Mitspieler,
gegen das Schiedsrichter-Team und
gegen die Idee des Fair Play bezie-
hungsweise der Spielidee, die ja
darin besteht, Tore zu erzielen. Bei
der Lehrarbeit an diesem Thema ist
den Schiedsrichtern immer wieder
zu vermitteln, dass ein unsportli-
ches Handeln in jedem Spiel, in
jeder Spielsituation vorkommen
kann, so dass die Unparteiischen
darauf immer vorbereitet sein müs-
sen.
Als Lernspiel bietet der aktuelle
Lehrbrief zusätzlich zur eher theo-
retischen Arbeit ein handlungs-
orientiertes „Schiedsrichter-Quiz“
an. Es wurde von Axel Martin, dem
Schiedsrichter-Lehrwart des Fuß-
ballkreises Cuxhaven, entwickelt. Er
hat dabei speziell zum Thema
Unsportlichkeiten“ dieses Quiz mit
Fragen aus dem aktuellen Fußball-
geschehen versehen.
Darüber hinaus haben die Unpartei-
ischen am Beispiel konkreter Situa-
tionen unterschiedliche Verhaltens-
Strategien im Rollenspiel einzu-
üben. Sie sollen lernen, wie sie mit
Hilfe ihrer Persönlichkeit und ihres
kommunikativen Vorgehens das
unsportliche Verhalten der Spieler
reduzieren oder sogar ganz verhin-
dern können.
Damit die Spaßbremse Unsport-
lichkeit so wenig wie möglich in
Aktion tritt.