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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 2
Lehrwesen
Spaßbremse Unsportli
Dass der Körperkontakt zum Fußball gehört und sich daraus auch Fouls ergeben können, akzeptieren alle Bet
die Nerven geht, sind die kleinen und größeren Unsportlichkeiten, ohne die manche Spieler nicht auszukom
Nr. 43, den Günther Thielking hier vorstellt, vermittelt Schiedsrichtern aller Klassen Strategien gegen diese
Den Gegenspieler anspucken: Die widerlichste aller Unsportlichkeiten muss in jedem Fall mit
Rot“ bestraft werden.
U
nter der Überschrift: „Lange
Sperre für einen Spieler und
Geldstrafe für einen Verantwort-
lichen vom SV Blau-Weiß Nieder-
pöllnitz“ berichtete der Thüringer
Fußball-Verband von einer Sport-
gerichtsverhandlung nach einem
Spiel der Landesklasse Staffel Ost.
Anlass dieses Verfahrens war ein
Vorfall beim Spiel SV 1879 Ehren-
hain gegen den SV Blau-Weiß
Niederpöllnitz am 24. März. Ein
Spieler aus Niederpöllnitz war in
der 85. Minute über ein Foul eines
Gegners so erbost, dass er diesen
zweimal in den linken und einmal
in den rechten Oberarm biss. Dies
wurde vom Schiedsrichter-Assis-
tenten 1 deutlich wahrgenommen
und dem Schiedsrichter nach Fah-
nenzeichen geschildert. Daraufhin
wurde er vom Schiedsrichter des
Feldes verwiesen.“ Diese Strafe
zeigte jedoch nur wenig Wirkung,
denn ein Vereins-Verantwortlicher
des SV Blau-Weiß Niederpöllnitz
war damit so unzufrieden, dass er
dem Schiedsrichter-Assistenten 1
wenig später lauthals „Bestech-
lichkeit“ unterstellte und darauf-
hin vom Unparteiischen hinter die
Barriere verwiesen wurde.
Was sich hier wie „Wildwest in
Thüringen“ liest, passiert Wochen-
ende für Wochenende in nicht
weniger gravierender Form auch
in anderen Landesverbänden und
in sämtlichen Spielklassen vom
Jugendfußball bis zur Bundesliga.
Man denke nur an die Spuckattacke
des Spielers Carlos Zambrano
(
FC St. Pauli) im Spiel gegen For-
tuna Düsseldorf, an den Beißan-
griff von Oliver Kahn gegen Heiko
Herrlich und auch an den Faust-
schlag von Emanuel Pogatetz
(
Hannover 96) gegen den Hals
von Philipp Wollscheid (1. FC Nürn-
berg).
Da ist es richtig wohltuend, wenn
in den Medien auch mal von zwei
neuen „Fairness-Helden“ im
bezahlten Fußball berichtet wird.
Die Profis Lukas Podolski vom
1.
FC Köln und Marius Ebbers vom
FC St. Pauli wurden vor wenigen
Wochen mit ihren Aktionen zu Vor-
bildern für den Nachwuchs in
Deutschland. Podolski spielte nach
einem Münzwurf aus dem Mainzer
Fanblock weiter und brach nicht
theatralisch zusammen, obwohl er
schmerzhaft unter dem Auge
getroffen wurde, und Marius
Ebbers gab auf die entsprechende
Frage des Schiedsrichters zu, ein
wichtiges Tor mit der Hand erzielt
zu haben. Beide Spieler unterstütz-
ten damit den Schiedsrichter in
seiner Entscheidungsfindung und
trugen im Sinne des Fair Play zu
einer Beruhigung ihrer Spiele bei.
Gehört zur Fairness von Lukas
Podolski und Marius Ebbers das
Danke“ des Unparteiischen, so
muss er bei jeder Form unsport-
lichen Verhaltens sofort und ener-
gisch eingreifen. Unterlässt er es,
nach einer offensichtlichen
Schwalbe“ den Schauspieler zu
verwarnen, reagiert er nur mit
einem leisen Pfiff auf das absicht-
liche Handspiel, mit dem ein guter
Angriff regelwidrig unterbunden
wird, oder weist er Spieler nicht
sofort auf den richtigen Abstand
der „Mauer“ hin, so hat er damit
zu rechnen, dass sich die benach-
teiligte Mannschaft früher oder
später revanchieren wird. Eine
Eskalation der Unsportlichkeiten
und auch der Aggressionen wird
dann die Folge sein. Erschwerend
kommt hinzu, dass solche Verge-
hen allen am Spiel Beteiligten
zugleich den Spaß am Fußballspiel
nehmen.
Konsequent und mit der notwendi-
gen Außenwirkung muss ein
Schiedsrichter zudem eingreifen,
wenn es zu unsachlicher, lautstar-
ker Kritik an seiner Person kommt.
Er darf es nicht dulden, dass jede
seiner Entscheidungen in Frage
gestellt wird, untergraben die
Spieler damit doch zugleich seine
Autorität. Dies wird dazu führen,
dass der Unparteiische in der
Folge keine konzentrierte Arbeit
mehr leisten kann und dann mögli-