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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 2
Ein ganz besonderer Pate
Peter Werner, ein Kreisliga-Schiedsrichter aus Mittelfranken, unterstützt seit acht Jahren einen
inzwischen 20-jährigen jungen Mann aus Gambia. Dafür wendet er seine Schiedsrichter-Spesen
auf. Heinz Wraneschitz berichtet über ein Beispiel, das Schule machen könnte.
Report
H
aruna Sanneh aus Brikana in
Gambia (Westafrika) ist ein ganz
normaler junger Mann. Dass der 20-
Jährige kürzlich die staatliche
Schule „mit Bravour und Diplom“
abgeschlossen hat, daran hat Peter
Werner maßgeblichen Anteil.
Dieser Peter Werner aus Langen-
feld in Mittelfranken ist ein ganz
normaler Hobby-Schiedsrichter.
Neun Jahre lang leitete er Bezirks-
ligaspiele. Derzeit ist der 46-Jährige
regelmäßig in der Kreisliga im Ein-
satz. Und als Assistent an der Linie
unterstützt er junge Kollegen bis
in die Landesliga bei ihren Spiellei-
tungen in Bayern.
„
Mein 2.000. Schiri-Einsatz steht
bald an“, erzählt er. Je öfter Wer-
ner pfeift oder winkt, umso besser
geht es Haruna. Denn seit acht
Jahren überweist Peter Werner
seine Schiedsrichter- und Fahrt-
Spesen nach Gambia: „Im Durch-
schnitt sind das über 100 Euro pro
Monat.“
Wichtiges Geld für Haruna, denn
allein der Besuch einer staatlichen
Schule inklusive Verpflegung kostet
in Gambia jedes Jahr gut 1.200
Euro. Privatschulen sind noch teu-
rer. Ohne die Finanz-Spritzen seines
deutschen Paten hätte der Junge
keine Aussicht auf Bildung gehabt.
„
Die Familie mit acht Kindern hätte
sich das nicht leisten können“, weiß
Peter Werner.
Sogar eine kleine Hütte hat sich
Haruna Sanneh inzwischen bauen
können: „Zwei Zimmer, Dusche und
Spül-WC.“ Dort verbrachte Peter
Werner eine Nacht, als er sein
Patenkind im September 2011 zum
ersten Mal besuchte. „Vorher hat-
ten wir acht Jahre lang nur über
Skype, Briefe oder Internet-Chat
Kontakt.“
Kennengelernt haben sich die bei-
den durch eine Bekannte des
Schiedsrichters. Saba, die Ehefrau
des seit zwei Jahren bei Besiktas
Istanbul spielenden fränkischen
Fußballprofis Roberto Hilbert,
stammt selber aus Westafrika. Sie
weiß um die Nöte der Kinder in
Gambia. Sie knüpfte für den Lan-
genfelder den ersten Kontakt zu
Haruna Sanneh – via Internet.
Peter und Haruna verstanden sich
im Chat auf Anhieb, weshalb der
Deutsche beschloss, den Jungen
finanziell per Patenschaft zu unter-
stützen. Und zwar direkt, also ohne
eine Hilfsorganisation dazwischen:
„
Bei der wäre ein erklecklicher Teil
des Geldes für die Verwaltung hän-
gengeblieben“, sagt Peter Werner.
In Brikana gibt es kaum Arbeit. Des-
halb würde er Haruna gerne nach
Deutschland holen: „Zum Studie-
ren, aber wegen der Bürokratie ist
das nicht so einfach. Und es ist
nicht billig, allein wenn man an Flug
und Versicherung denkt.“ Seine
bayerischen Schiedsrichter-Spesen
wären dafür wohl zu knapp.
In Gambia dagegen „reichen 50
Euro für einen Sack Reis. Davon
kann eine Familie einen Monat
leben. Das Essen dort schmeckt
klasse, es ist aber sehr scharf“,
erzählt Peter Werner von seinem
Besuch in Westafrika.
In der Zwischenzeit arbeitet Haruna
Sanneh weiter beharrlich an seinem
größtem Wunsch: Er will Fußballprofi
in Deutschland werden. Mit anderen
Jungen trainiert er täglich auf stau-
bigen Feldern, die allerdings in der
Regenzeit von Juni bis November
Peter Werner mit Haruna und dessen Geschwistern vor der
Hütte in Brikana.
Warm ist es in Gambia immer, das Fußballspielen während der
Regenzeit aber besonders beschwerlich.
Die Spesen seiner Einsätze
als Schiedsrichter schickt
Peter Werner nach Afrika.
häufig überschwemmt werden. Sie
spielen Stadtmeisterschaften aus
und hoffen, dass ein Talentsucher
zusieht. „Aber von 50 Jungs darf
gerade einer mal zum Probetrai-
ning“, berichtet der Schiedsrichter.
Auch wenn die Hoffnung nicht allzu
groß ist, dass dieser Traum Harunas
in Erfüllung geht: Peter Werner wird
ihn weiter unterstützen.
Besser kann man seine Schiedsrich-
ter-Spesen eigentlich nicht anle-
gen…
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