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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 3 / 2 0 1 2
s verletzen
r auch nicht ganz richtig. Günther Thielking nimmt
rhalten des Unparteiischen und der Vermeidung
Gegenspieler zu schützen. Denn
beim Fußball ist das Verletzungsri-
siko hoch.
Aus einer Untersuchung, die von
Focus online“ veröffentlicht
wurde, geht hervor, dass rund
500.000
der pro Jahr in Deutsch-
land registrierten Sportverletzun-
gen auf das Konto von Fußballspie-
lern gehen. Bei dieser absoluten
Zahl muss man natürlich berück-
sichtigen, dass Fußball in Deutsch-
land die am häufigsten ausgeübte
Sportart ist. DFB-Vizepräsident
Hermann Korfmacher erklärte
hierzu beim DFB-Amateurkongress
im Februar in Kassel: „Der Freizeit-
fußball in Deutschland hat gewaltige
Dimensionen. Es gibt weit über
80.000
organisierte Spiele pro
Wochenende und damit 160.000
Mannschaften, die regelmäßig Fuß-
ball spielen. Eingebunden darin
sind drei Millionen Spieler und
Betreuer.“
Dazu kommt natürlich, dass Fuß-
ball als Kontaktsport wesentlich
vom Zweikampfverhalten und der
körperlichen Auseinandersetzung
zweier Kontrahenten geprägt ist.
Erlaubte Härte und Unfairness sind
oft nah beieinander, so dass das
Verletzungsrisiko in jedem Spiel
gegeben ist. Dass dieses Risiko im
Wettkampf deutlich höher liegt als
beim Training, kann man nachvoll-
ziehen.
Wichtig für Schiedsrichter, die ihr
Spiel nicht nur einfach runter pfei-
fen, sondern auch in einem präven-
tiven Sinn leiten wollen, ist diese
Erkenntnis: Zwischen der 31. und der
45.
sowie der 76. und 90. Spielminute
ereignen sich laut Statistik die meis-
ten Verletzungen. Die Ursache dafür
ist eine physische wie auch eine
psychische Überlastung in der
jeweiligen Schlussphase der Spiel-
hälften. Vor allem in den unteren
Amateurklassen reicht zu diesem
Zeitpunkt häufig die Kraft nicht
mehr, es kommt zu unkontrolliertem
Zweikampfverhalten, das die Verlet-
zungsgefahr ansteigen lässt.
Der Schiedsrichter muss also
schon, bevor es in die „kritischen“
Phasen eines Spiels geht, deutli-
che Zeichen für eine Spielweise
gesetzt haben, bei der die Gesund-
heit der Gegenspieler im Kampf
um den Ball geachtet wird.
Dabei wird diese Aufgabe für den
Schiedsrichter immer schwieriger,
weil die Hemmschwelle, den
Gegenspieler zu verletzen, erkenn-
bar sinkt: Fahrlässiger bis gezielter
Einsatz des Ellenbogens; die Unsitte,
nicht mehr über den am Boden lie-
genden Torwart hinwegzuspringen;
der kurze absichtliche Tritt gegen
die Achillessehne oder auf den Fuß
und der verdeckte Faustschlag in
den Rücken – damit glauben Profi-
spieler, sich Vorteile verschaffen
zu können. Und animieren so Spie-
ler in unteren Klassen, sich ähnlich
zu verhalten.
Dass man da mit Ermahnungen
kaum noch etwas ausrichten kann,
berichten die Verfasser im Lehr-
brief 42 anhand einer Umfrage
unter 184 Schiedsrichtern. Sie soll-
ten die Wirkung von Ermahnungen
und Persönlichen Strafen auf das
weitere Fairness-Verhalten des
betroffenen Spielers sowie seiner
Mannschaft, wie auch der gegneri-
schen Mannschaft einschätzen.
Deutlich wurde dabei, dass eine
einfache Ermahnung die weitere
Spielweise wenig beeinflusst. Eine
Erläuterung gibt dazu Axel Martin,
der Schiedsrichter-Lehrwart im
Kreis Cuxhaven: „Leider verstehen
manche Spieler oft nur Klartext.
Sie fordern durch ihre aggressive
Spielweise und ihr Verhalten gera-
dezu die Gelbe Karte ein und spie-
len erst danach rücksichtsvoller.“
Ein weiterer Aspekt zur Bedeutung
der Persönlichen Strafen kommt
von Schleswig-Holsteins Schieds-
richter-Obmann Holger Wohlers:
Eine Disziplinarmaßnahme muss
für den fehlbaren Spieler und für
die übrigen Aktiven auch in der
Außenwirkung als Strafe erkenn-
bar sein, sie darf nicht zum bloßen
Verwaltungsakt werden. Nur dann
hat sie als Sanktion zugleich eine
präventive Wirkung.“
Die Verfasser des Lehrbriefs geben
für die Gruppen-Lehrabende eine
Reihe von didaktischen und
methodischen Hinweisen, aus
denen deutlich wird, wie man sich
die „Sieben Leitlinien“ (siehe Gra-
fik) erarbeiten kann. Dazu gehören
Rollenspiele, in denen die Akteure
mögliche Konflikt-Situationen simu-
lieren, ebenso wie die Analyse von
Videoszenen, das Lösen von Fall-
beispielen und der Erfahrungsaus-
tausch im Gruppengespräch mit
erfahrenen Unparteiischen.
Ziel muss es bei diesen Übungen
sein, den Schiedsrichtern immer
wieder deutlich zu machen, dass
sie durch gezielte präventive Maß-
nahmen wesentlich zu einem fai-
ren Spielverlauf und damit zum
Schutz der Gesundheit der Spieler
beitragen.