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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 1 / 2 0 1 2
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amstag früh in der Sportschule
Hennef. Das kleine Hightech-
Wunder, durch das Kim-Marcel
Schwarzschultz da gerade schaut,
sieht aus wie eine Art Mikroskop
auf einem Kamera-Stativ. Seine
Funktionsweise hat damit aber rein
gar nichts zu tun: Denn es misst,
wohin der 20-jährige Landesliga-
Schiedsrichter aus Köln schaut.
Und vor allem, wie genau und wie
schnell er das tut.
Gleichzeitig schaut Stefanie Hen-
nigfeld vom „Institut für Sports-
vision“ an einer anderen Station
Sven Körfer tief in die Augen. Der
Verbandsliga-Mann aus Heinsberg
wird „vermessen“ – streng wissen-
schaftlich natürlich. Für ihn wie für
die anderen 16 hoffnungsvollen
Nachwuchs-Unparteiischen des
Fußball-Verbandes Mittelrhein geht
es hier um die Verbesserung ihrer
Leistungsfähigkeit im Spiel.
„
Dynamic Eye“-Training heißt das
Programm, das Stefanie Hennig-
feld und ihre Kollegin Sabine
Nebendahl in Hennef durchführten.
„
Wir haben uns auf die visuelle
Leistungsfähigkeit im Sport spezi-
alisiert und arbeiten mit verschie-
denen Profisportlern zusammen“,
erklärten die beiden den jungen
Unparteiischen zu Beginn. „Wenn
man einen sportbegeisterten Men-
schen fragt, welche Sehqualitäten
seiner Meinung nach ein Leis-
tungssportler benötigt, wird er
antworten: eine gute Sehschärfe“,
erklärt Stefanie Hennigfeld. „Ein
Trainer wird hinzufügen: und ein
schnelles Auge.“
Wenn das für Sportler im Allgemei-
nen schon zutrifft, dann gilt es für
Schiedsrichter erst recht. „Für
Schiedsrichter ist dynamisches,
peripheres und ausdauerndes
Sehen besonders wichtig – aber
zumeist bleibt dieser Anforderungs-
bereich untrainiert“, erklärt Markus
Müller, der Leiter des Perspektivka-
ders im Fußball-Verband Mittelrhein.
Deshalb lud er die beiden Sportwis-
senschaftlerinnen in die Sportschule
Hennef ein.
An verschiedenen Stationen führen
sie ein intensives „Screening“ bei
jedem Kadermitglied durch. Mit
diversen Tests werden die indivi-
duellen visuellen Fähigkeiten
erfasst. Nach der Auswertung der
gewonnenen Daten bekommen die
Schiedsrichter sie unter Zugabe von
Trainings-Hinweisen zugeschickt.
Kader-Schiedsrichter und Sport-
student Robert Czapla freut sich
darüber. „Das sind neue Erkennt-
nisse, die mir beim Training helfen
werden und die ich selbst an der
Uni so zielgerichtet nicht ver-
mittelt bekomme“, sagt der 22-jäh-
rige Kölner. Weil das Augentraining
auf die Notwendigkeiten der
Schiedsrichter abgestellt wird.
Czapla: „Zweikampfbewertung, das
Beurteilen von Abseits in Sekun-
denschnelle oder auch die richtige
Einschätzung von Mimik und Gestik
von potenziell aggressiven Spie-
lern sind ja ganz spezielle Anforde-
rungen für unser Sehvermögen.“
Das Dynamic-Eye-Prinzip nutzen
übrigens auch Profifußball-Teams
wie die TSG Hoffenheim. Deren
Spielklasse ist natürlich auch das
Ziel des Mittelrhein-Nachwuchses.
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Service
Dynamische Augen
Bei einem zweitägigen Lehrgang schufen die Perspektivkader-Schieds-
richter des Fußball-Verbandes Mittelrhein (FVM) die Voraussetzungen,
ihre „visuelle Leistungsfähigkeit“ zu verbessern. SRZ-Mitarbeiter
Bernd Peters war dabei.
Wie viel kann ein Schiedsrichter in kurzer Zeit mit den Augen
erfassen? Mitja Stegemann probiert es aus.
Das Sehspektrum von Wolf-
ram Uerlich wird vermessen.
Sven Körfer testet seine
Reaktionen.
Richard Geyer mit Stefanie Hennigfeld vom Institut für
Sportsvision.