ad 2 und 3
Es ist unstrittig, dass leistungs-
sportliches Training und Wett-
kämpfe einen Mehrbedarf an Ener-
gieträgern hervorrufen. Wenn
eine bedarfsgerecht erhöhte Nah-
rungsaufnahme in hoher Qualität
erfolgt, ist es durchaus wahr-
scheinlich, dass eine entsprechen-
de Menge begleitender Mikronähr-
stoffe aufgenommen wird. Deshalb
müssen diese Wirkstoffe nicht
zwangsläufig zusätzlich zugeführt
werden. Die Kalkulation eines
sportartspezifischen Energiebe-
darfs ist äußerst schwierig, und
Untersuchungen zu diesem Thema
dokumentierten häufig sehr große
Streuungen zwischen verschie-
denen Sportlern. Hier sind selbst-
verständlich unterschiedliches
Körpergewicht und Trainingsge-
pflogenheiten zu beachten.
ad 4
Für eindeutig wirksame Substanzen
ist es nicht schwierig, den wissen-
schaftlichen Nachweis ihrer Effi-
zienz zu führen. Allerdings sind sie
dann auch schnell „Kandidaten“
für die Aufnahme in die Dopingliste.
Bei der Bewertung von Studien zur
Effizienz von Nahrungsergänzung
sind einige methodische Fallstricke
zu bedenken, deren Überprüfung
auch dem wissenschaftlich inakti-
ven Arzt zugemutet werden kann:
Anzahl der existierenden Unter-
suchungen, Effizienzkriterium
nachvollziehbar, ausreichende
Probandenzahl (nicht unter 15),
Kontrollgruppe vorhanden, Placebo-
gabe geblindet, Probanden rando-
misiert zugewiesen oder im Cross-
over-Verfahren mit ausreichender
Wash-out-Phase, begleitende nor-
male Ernährung protokolliert
und auf artefizielle Zufuhr der zu
testenden Substanz überprüft?
Es sollte stets bedacht werden,
dass auch bei Vorhandensein ein-
zelner „positiver“ Publikationen
ein sog. „Publikationbias“ bestehen
kann. Ein solcher liegt vor, wenn
eine Anzahl von Studien mit abwei-
chendem Resultat nicht publiziert
wird. Für dieses Phänomen sind
NEM-Studien besonders anfällig,
weil sie meist firmenunterstützt
durchgeführt werden und die Auf-
traggeber sich das Recht über die
Veröffentlichung der Ergebnisse
vorbehalten.
ad 5
Es ist zu bedenken, dass vom
Sportler u. U. nicht nur mit üblichen
Dosierungen vorgegangen wird.
Deutliche Erhöhungen der Ein-
nahmemenge in Eigenregie unter
dem Motto „Viel hilft viel“ müssen
zumindest in Betracht gezogen
werden.
ad 6
Über Interaktionen zwischen NEM
und normalen Nahrungsmitteln
sowie NEM untereinander ist wenig
gesichert. So behindern sich zwei-
fach positiv geladene Metallionen
in ihrer Aufnahme (Ca++, Mg++,
Fe++), Vitamin C ist für die Auf-
nahme verschiedener Substanzen
förderlich, Kaffee hingegen nach-
teilig. Proteinreiche Speisen ver-
binden sich u. U. mit vielen Ionen
zu nicht oder verlangsamt resor-
bierbaren Komplexen. Generell
ist der konkurrierende Gebrauch
von Carriersystemen in der Darm-
schleimhaut ungünstig für eine
schnelle Aufnahme.
ad 7
Sowohl eine Studie des Biochemi-
schen Instituts der Sporthochschule
Köln als auch eine ähnlich ange-
legte Untersuchung aus Österreich
kamen zu dem Ergebnis, dass NEM
zu einem erheblichen Prozentsatz
(
zwischen 10 und 20%) mit ver-
botenen Substanzen kontaminiert
sind. Diese Verunreinigungen kön-
nen aus den Rohstoffen stammen
oder im Produktionsprozess ent-
standen sein. Firmen, die neben
den NEM auch Hormonprodukte
vertreiben, sind besonders anfällig.
Über das Internet bezogene sowie
amerikanische und chinesische
Produkte (andere Rechtslage bzw.
fehlende Kontrolle) erscheinen
bedenklicher als andere. Als „für den
Muskelaufbau förderlich“ bewor-
bene Mittel könnten ein erhöhtes
Potenzial für (beabsichtigte?) Ver-
unreinigungen mit anabolen Sub-
stanzen besitzen. Der beste erreich-
bare Schutz vor Verunreinigungen
besteht in der Testung der benutz-
ten Charge in einem qualifizierten
Labor. Eine Auflistung analysierter
NEM unter Angabe der Chargen-
nummer bietet die sog. „Kölner
Liste“ (
).
Präparate von der „Roten Liste“
sind offensichtlich ebenfalls sicher.
In einem von der Sepp-Herberger-
Stiftung unterstützten Forschungs-
projekt wurden solche Produkte
auf Dopingsubstanzen überprüft.
Keines der Präparate wies Ver-
unreinigungen auf.
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