INTEGRATION A–Z
SPRACHE
145
können auch Vereine für ihre Mitglieder über Deutsch als Fremdsprache-Kurse der Volkshochschulen
(
VHS) fördern. Im Rahmen eines Integrationskurses und als Vorbereitung auf eine Einbürgerung sind
diese Sprachkurse besonders kostengünstig.
Sprachlosigkeit führt zu gefühlter Hilflosigkeit und in schlimmeren Fällen zu Ablehnung und
Aggression. Gewalt dient teilweise dazu, sprachlich nicht vermittelbare Meinungen und Gefühle
zu kompensieren. Sprachbeherrschung ermöglicht das verbale Aushandeln von Rechten und
Interessensausgleichen, wobei eine respektvolle Sprache im Umgang miteinander Grundvoraus-
setzung ist. Diskriminierungen gegenüber Mitspieler/innen, Gegner/innen, Schiedsrichter/innen und
Zuschauer/innen sind deutlich zu widersprechen.
Auch verschiedene Körpersprachen auf und neben dem Platz können Gefühle der Fremdheit erzeu-
gen. Durch Unterschiede in Bewegungsabläufen, Mimik, Gestik oder dem Auftreten gegenüber
Mitspieler/innen, Gegnern/innen, Schiedsrichter/innen und Zuschauer/innen können Missver-
ständnisse entstehen. Was für manche wie „wildes Gestikulieren“ aussieht, ist für andere bloß Teil
einer Diskussion. Die sinnliche Wahrnehmung der Körpersprache bestimmt die Meinung vom
Gegenüber mit. Häufig lassen sich alltägliche Konflikte auf den Fußballplätzen als solche Körper-
Konflikte deuten.
Körpersprachen sind verinnerlichte Verhaltsregeln, die den Umgang mit eigenen und fremden
Körpern bestimmen. Sie sind zu einem großen Teil abhängig von Faktoren wie sozialem Umfeld,
Geschlecht, Schicht oder Kultur. Ein gutes Beispiel dafür, wie verschieden Körperverständnisse sein
können, ist die Verknüpfung von Fußball und Geschlecht. Während mancherorts der Fußball undiffe-
renziert als männliche Sportart angesehen wird, ist dies beispielsweise in den USA nicht der Fall. Dort
erscheint der Soccer gegenüber dem American Football als feminine Variante des Spiels. Andererseits
reflektiert Köpersprache nicht einfach eine fremde Kultur. Körpersprache dient auch dazu, einen
Unterschied zwischen Gruppen erst herzustellen, z.B. wenn Spieler/innen durch ein besonders domi-
nantes Auftreten gegenüber den Gegner/innen die Überlegenheit des eigenen Teams betonen wollen.
Die verschiedenen Körpersprachen beweisen, dass Sport an sich nicht kulturneutral ist.
Verschiedenen Körpersprachen sollten beachtet werden, wenn von Integration und Sport die Rede ist.
Sie stellen einen möglichen Konflikt dar, sind aber auch eine große Bereicherung für das Spiel.
Schließlich lebt die Attraktivität des internationalen Fußballs auch von der fairen Begegnung der ver-
schiedenen Stile.
Links:
Durch ihre Sprache werden Menschen innerhalb einer Gesellschaft soziale Positionen zugewiesen,
z.B. durch Jugendsprache oder Wissenschaftssprache. Sprachliche Kompetenz bedeutet nicht nur
Sprechen, sondern die Fähigkeit zum situationsbedingten Einsatz der Sprache, beispielsweise im
Fachgespräch oder im Gespräch im Freundeskreis. Sprachliche Nuancen bestimmen die feinen
Unterschiede in einer Gesellschaft mit. Ausdruck und Wortwahl sind mit einem bestimmten Habitus
verbunden und gelten als Ausweis von Klasse, Bildung oder Status.
86
Gute Kenntnisse der Sprache sind ein wichtiger Schlüssel zu sozialer und kultureller Integration. Eine
gemeinsame Sprache stärkt Identifikation und Zusammengehörigkeit. Wissenschaftliche Studien
haben belegt, dass die Beherrschung der Landessprache für Bildungsabschlüsse und Berufschancen
von herausragender Bedeutung ist.
87
Der erfolgreiche Spracherwerb von Menschen mit
Migrationshintergrund ist allerdings von bestimmten sozialen Bedingungen abhängig, zu denen eine
hohe Eigenmotivation, gute Lernfähigkeit, einfacher Zugang, geringe Kosten und ein erkennbarer
Nutzen des Spracherwerbs gehören. Eine hohe ethnische Konzentration am Wohnort und in der
Schule oder eine geringe Bildung der Eltern wirken sich hingegen negativ aus. In der Politik setzt sich
zunehmend die Erkenntnis durch, dass gezielte Sprachförderung bereits im Vorschulalter die besten
Ergebnisse verspricht.
Integration bedeutet nicht zwangsläufig den Verlust der Muttersprache oder des Dialekts.
Mehrsprachigkeit kann sogar ein großer Vorteil sein. Die sichere Beherrschung der Landessprache ist
jedoch in jedem Fall entscheidend.
Bedeutung für den Fußball:
Fußball hat eine globale Sprache“ formulierten UNO-Generalsekretär Kofi Annan und FIFA-Präsident
Joseph Blatter vor der Weltmeisterschaft 2006. Die Sprache des Fußballs eigne sich ideal für die
Integration, da sie die überall auf der Welt verstanden werde. Jede/r könne mitmachen, auch wenn
er/sie die Sprache der Mitspieler/innen nicht verstehe.
So verlockend die Vorstellung eines Spiels ohne Sprachbarrieren ist, für die Integration in und durch
den Fußball sind langfristig auch sprachliche Fähigkeiten gefragt. Die Regeln des Spiels sind universell
und den meisten vertraut, aber auch Regeln müssen ausgelegt und Entscheidungen verbal vermittelt
werden. Durch sprachliche Missverständnisse kann das Gefühl einer Ungleichbehandlung entstehen.
Auch engagierte Teilhabe am Vereinsleben erfordert nicht kurzfristig, aber doch im Laufe der Zeit
angemessene deutsche Sprachkenntnisse, die es ermöglichen, Ansprechpartner/in für Anfragen von
innerhalb und außerhalb des Vereins zu sein.
Verständigung funktioniert nur in der Sprache, die alle Beteiligten verstehen, daher sollte sich auf dem
Sportplatz auf eine gemeinsame Sprache geeinigt werden. Das ist bei ethnisch gemischten
Mannschaften in der Regel Deutsch. Allerdings darf niemand aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse
ausgeschlossen werden, denn Vereine bieten ein gutes Umfeld, den Spracherwerb von Menschen mit
Migrationshintergrund zu fördern, weil sie Sprachkontakte ermöglichen. Zusätzliche Sprachförderung
INTEGRATION A–Z
SPRACHE
144
86
Bourdieu, Pierre (1982): Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftli-
chen Urteilskraft. Frankfurt.
87
Esser, Hartmut (2006): Sprache und Integration. Die sozialen Bedin-
gungen und Folgen des Spracherwerbs von Migranten. Frankfurt.