INTEGRATION A–Z
STIGMATISIERUNG
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Bedeutung für den Fußball:
Der Fußball kann Stigmatisierungen und Stereotype überwinden, indem er einen gemeinsamen Ort für
Begegnungen schafft, Menschen verschiedener sozialer und kultureller Herkunft zusammenbringt
und wechselseitige Toleranz und Anerkennung ermöglicht. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass der
Wettkampfcharakter und das Spiel „gegeneinander“, eher ein Verharren in einfachen Denkmustern
fördert. Stigmatisierungen von Gegenspieler/innen und diskriminierendes Verhalten zur Vor-
teilserlangung sind mit den Regeln des Spiels nicht vereinbar und werden von den Schieds-
richter/innen sowie vom DFB und seinen Landesverbänden geahndet.
Trainer/innen, Betreuer/innen und Vereinsfunktionär/innen sollten als Vorbilder und ihres Einflusses
auf ihre Mannschaften Offenheit gegenüber kulturellen und anderen Unterschieden vorleben. Daher
ist ein Schwerpunkt der Maßnahmen zur Integrationsförderung des DFB und seiner Landesverbände
die interkulturelle Sensibilisierung dieser Schlüsselrollenträger, was über gezielte Qualifizierungs- und
Informationsangebote im Rahmen der Ausbildungsordnung umgesetzt wird.
INTEGRATION A–Z
STIGMATISIERUNG
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STIGMATISIERUNG
Definition:
Ein Stigma bezeichnete in der griechischen Antike ein Malzeichen, das in die Haut von Personen
gestochen oder gebrannt wurde. Durch das sichtbare körperliche Zeichen, zum Beispiel auf der Stirn
oder in der Hand, wurden kriminelle oder „moralisch verwerfliche“ Personen gekennzeichnet. Ob
Verbrecher/innen, Sklaven/innen oder Ketzer/innen – durch die Stigmatisierung sollten gefährliche
Personen schnell erkennbar sein. Stigmata führten zu sozialer Ausgrenzung, denn stigmatisierten
Personen wurde die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben langfristig erschwert oder verwehrt.
Körperliche Schandmale als Strafen für Kriminelle waren noch bis in die Neuzeit üblich. Ein noch heute
bekanntes Stigma war das „Schlitzohr“. Handwerker/innen, die aufgrund von Vergehen aus den
mittelalterlichen Zünften ausgestoßen waren, wurde der obligatorische Ohrring ausgerissen, um sie
an der weiteren Ausübung ihres Berufes zu hindern.
Gesellschaftliche Bedeutung:
Heute wird ein Stigma im übertragenen Sinne verstanden. Soziale Stigmatisierung bedeutet eine
negative Charakterisierung oder Abwertung einer Person oder Gruppe anhand pauschalisierter
Merkmale. Diese Merkmale sind zumeist äußerlicher Art, zum Beispiel eine körperliche Behinderung,
die Hautfarbe oder das Geschlecht. Sie können sich aber auch auf weniger offensichtliche
Eigenschaften wie Nationalität, sexuelle Orientierung, Bildung oder soziale Zugehörigkeit beziehen.
Von Stigmatisierung sind insbesondere Menschen betroffen, die vom „Normalen“ abweichen. Diese
Normalität ist jedoch relativ. Was in einer Gruppe oder Gesellschaft als normal gilt, kann anderswo zu
sozialer Stigmatisierung führen.
Von Stigmatisierung spricht man insbesondere dann, wenn ein Merkmal die Darstellung und
Beurteilung einer Person oder Gruppe, zum Beispiel durch die Medien, dominiert. Eine soziale
Stigmatisierung ist mit einer Verengung der Wahrnehmung einer Person oder Gruppe, zum Beispiel
als „die Schwarzen“, „die Homosexuellen“ oder „die Frauen“ verbunden. Andere soziale Eigenschaften
können diese Stigmatisierung zumeist nicht aufwiegen.
Stigmatisierung führt zu sozialer Diskriminierung. Durch „ihr Stigma“ finden sich Menschen zumeist
unfreiwillig in Randgruppenpositionen wieder. Möglicherweise bestehende Segregation wird durch
Stigmatisierung verstärkt. Da von Stigmatisierungen zumeist sozial Benachteiligte betroffen sind,
sehen sich viele in einem schwer zu durchbrechenden Kreislauf: Randständigkeit wird stigmatisiert,
Stigmatisierung reproduziert Randständigkeit.
Von Stigmatisierung Betroffene sind diesem Ausgrenzungsprozess zumeist relativ hilflos ausgeliefert.
Um Diskriminierung zu entgehen, reagieren Menschen teilweise mit einem Rückzug aus bestimmten
Bereichen der Gesellschaft, was sich zum Beispiel in räumlicher Segregation ausdrückt. Die
Verinnerlichung der unfreiwilligen Randgruppenposition hat Auswirkungen auf soziale Identität und
fördert negative Erwartungshaltungen gegenüber der Gesellschaft. Andere versuchen vermeintlichen
Stigmatisierungen, zum Beispiel aufgrund einer Homosexualität, durch Geheimhaltung zu entgehen.